Der Pate von Florenz
Fiora zu warnen und dadurch seinen Freund in ein schlechtes Licht zu setzen?
Aber als er am nächsten Morgen, kurz nach Öffnen der Stadttore, mit der Händlergruppe Florenz verließ, wünschte er sich, er hätte es doch getan, denn auf einmal beschlich ihn eine dunkle Vorahnung, dass alles, was ihm lieb und teuer war, bei seiner Rückkehr nicht mehr so sein würde, wie es gewesen war.
28
D ass er sich ausgerechnet an diesem brennend heißen Julitag auf den Weg nach Finochieta machen musste, schmeckte Silvio überhaupt nicht. Viel lieber hätte er sich am Fluss in den Schatten eines Baumes gesetzt. Die Aufsicht über die schweißtreibende Arbeit an den Brennöfen hätte er ebenso gut Saccente überlassen können. Der verstand von dem Gewerbe sowieso mehr als er und der hatte die Männer fest im Griff. Alles lief wie geschmiert, ihr privates Geschäft inbegriffen, auch wenn es nun doch nicht so viel Geld einbrachte, wie er sich erhofft hatte, musste doch jeder Betrag, den sie für sich erwirtschafteten, durch drei geteilt werden.
Aber eine lästige Entscheidung über eine Bestellung von Dachziegeln, die allein sein Ziehvater hatte treffen können, zwang ihn hinaus auf das kleine Landgut. Der hielt sich mit Alessio mal wieder für einige Tage auf Finochieta auf, um sich dort, wie er von seiner Ziehmutter erfahren hatte, seiner Leidenschaft, der Gartenarbeit, zu widmen. Wenigstens hatte die sich seiner erbarmt und ihm erlaubt, sich ein Pferd aus dem Stall zu holen, damit er den Weg in der brütenden Hitze nicht auch noch zu Fuß zurücklegen musste.
»Wenn er etwas zu nörgeln hat, dann richte ihm aus, dass ich darauf bestanden habe, Silvio.« Gegen den Durst hatte sie ihm einen ziegenledernen Trinkbeutel mit kühlem Limonenwasser mitgegeben.
Während sein Pferd über die staubige Landstraße trabte, überlegte er angestrengt, wie er auch weiterhin Geschäfte machen konnte mit Filippo Sabatelli. Für den Einbruch in die Werkstatt und den angerichteten Schaden während des Palio-Rennens hatte ihn der Seidenhändler gut bezahlt. Er hatte allerdings vergebens darauf gehofft, dass er die Beute für sich behalten und bei einem Pfandleiher, der keine Fragen stellte, zu Geld machen konnte, aber Sabatelli hatte darauf bestanden, dass er ihm auch noch das letzte gestohlene Körnchen Gold ablieferte. Nichts sollte von der Diebesbeute in Umlauf kommen. Das hatte er zwar für reichlich übertrieben gehalten, aber mit einem Mann wie Filippo Sabatelli ließ man sich nicht auf Diskussionen ein. Zumal Silvio es sich nicht mit ihm verderben wollte, erhoffte er sich doch weitere gewinnbringende Aufträge von dem Seidenhändler. Denn so gut er seine Sache damals auch gemacht hatte, das gewünschte Ergebnis hatte sich nicht eingestellt. Statt ruiniert zu sein und zum Verkauf des Hauses gezwungen, hatte Meister Emilio sein Gewerbe schon bald wieder aufnehmen können. Und ausgerechnet Marcello hatte ihm das nötige Geld vorgestreckt, damit er die Schäden beheben und neues Werkzeug kaufen konnte! Sabatelli war vor Wut beinahe geplatzt, als er ihm von dem Kredit berichtet hatte.
Was war Marcello doch für ein sentimentaler Dummkopf! Das Geld konnte er schon jetzt in den Wind schreiben. Sabatelli würde nicht eher ruhen, bis er den Alten und dessen Tochter aus dem Haus getrieben hatte. Er, Silvio, solle sich gefälligst Gedanken machen, wie das anzustellen war – und zwar möglichst bald!
Ihm sollte es recht sein. Gewissensbisse plagten ihn nicht. Es war ein Geschäft, nichts weiter, und dazu noch ein sehr einträgliches. Die hohen Signori von Florenz kannten schließlich auch keine Skrupel, wenn es um ihre Interessen ging. Wer ihnen in die Quere kam, wurde durch irgendeine geschickt eingefädelte Intrige aus dem Weg gedrängt. Auch wurde unter dem Deckmantel ausgeklügelter Steuergesetze auf das Übelste geraubt und geplündert. Außerdem würde der alte Goldschmied ja einen guten Preis für sein Haus bekommen und Fiora konnte heiraten. Wie dem auch sei, jeder musste sehen, wo er blieb.
Aber was Sabatellis neuen Auftrag anging, so war ihm bisher noch nichts Passendes eingefallen. Noch ein Einbruch war ausgeschlossen. Fiora und ihr Vater waren gewarnt. Sie hatten neue Schlagläden anbringen und diese zusätzlich von innen mit schweren Eisenriegeln versehen lassen. Zudem schlief jetzt immer einer von ihnen unten in der Werkstatt, damit er sofort Alarm schlagen konnte, wenn es einen zweiten Einbruchsversuch geben sollte.
All das
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