Der Pate von Florenz
zugesetzt hatte, wollte er ihr lieber nichts erzählen. »Was immer er erdulden musste, er hat es hinter sich und er wird keine neuen Torturen mehr zu befürchten haben. Ich habe mit ihm gesprochen und ich soll dir sagen, dass du nicht bekümmert sein sollst, wo nun alles wieder ins Lot kommen wird.«
Fiora schloss die Augen und atmete erleichtert durch. »Waren das die guten Nachrichten?«, fragte sie vorsichtig.
Er lächelte. »Nein, das waren die weniger guten.«
Fiora sah ihn erleichtert an. »Dem Himmel sei Dank!«
»Ich hatte ein vertrauliches Gespräch mit dem Kerkermeister Badolo und dabei habe ich von einem Steinmetz erfahren, der seinen älteren Bruder vergiftet hat, um an dessen Erbe heranzukommen. Seit gestern Abend sitzt er im Kerker«, berichtete er. »Der Mann hat den Giftmord gestanden. Er wird in den nächsten Tagen hingerichtet.«
Verständnislos sah sie ihn an. »Aber was hat dieser Giftmörder mit meinem Vater zu tun?«
Giuliano erwiderte ihren Blick mit einem Lächeln. »Bis vor wenigen Stunden noch nichts. Aber nach meinem Besuch in seiner Kerkerzelle ist er plötzlich reumütig geworden und aus Sorge, ob seiner schändlichen Tat auf ewig kein Seelenheil zu finden, hat er noch ein zweites Verbrechen gestanden – nämlich das Komplott gegen deinen Vater. Er war es, der sich die gefälschten Siegelflorin beschafft hat. Dann hat er sie bei euch in der Werkstatt versteckt und gestern kurz vor seiner Verhaftung auch die anonyme Denunziation in einen der Zettelkästen geworfen, die überall in der Stadt angebracht sind.«
Fiora verstand immer noch nicht. »Aber welchen Grund hat er denn gehabt? Und wer ist dieser Mann? Kennt er meinen Vater?«
Giuliano nickte. »Ja, er kennt ihn. Und der Grund war eine Demütigung, die er deinem Vater nie verziehen hat. Angeblich hatte dein Vater dich an seinen Sohn versprochen, der in Prato lebt. Alles war schon ausgehandelt, was die Mitgift betraf, und in Prato waren auch schon Hochzeitsvorbereitungen getroffen worden. Aber dann hat sich dein Vater plötzlich anders besonnen. Dafür wollte sich der Steinmetz bitter an ihm rächen, was ihm ja auch fast gelungen wäre, wenn die Sache mit seinem Bruder nicht aufgeflogen wäre. Du siehst, damit ist die Unschuld deines Vaters erwiesen.«
»Aber wie hast du es geschafft, dass der Steinmetz sich darauf eingelassen hat?«, fragte Fiora beklommen. »Du hast ihm doch wohl nicht mit weiterer Folter gedroht, oder?«
Er schüttelte den Kopf. »Das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Auch hätte es dann zu viele Mitwisser gegeben. Nein, er hat das Verbrechen gestanden, weil ich ihm versprochen habe, dass seine Frau und seine beiden kleinsten Kinder versorgt sein werden. Du weißt doch, wir Medici erweisen ständig Gefälligkeiten. Schließlich haben wir große Geldtruhen«, spottete er. »Niemand wird Fragen stellen. Diese unselige Geschichte ist damit beendet. Und was Filippo Sabatelli betrifft, so wird ihm schnell zu Ohren kommen, dass er sich an einer Familie vergriffen hat, die unter unserem Schutz steht. Er wird es niemals wieder wagen, irgendetwas gegen euch zu unternehmen. Sonst hätte er sein Leben verwirkt!«
»Dann wird Vater bald freikommen?«
»Er ist schon frei.«
»Vater ist zu Hause?« Fiora wollte schon aufspringen.
Giuliano hielt sie zurück. »Nein, das … das lässt sein Zustand leider noch nicht zu«, sagte er ihr so schonend, wie es ihm möglich war. »Er braucht jetzt kundige Pflege. Aber du kannst ihn morgen besuchen.«
Sofort kehrte die Angst wieder zurück. »Haben sie ihn so sehr gequält? Mein Gott, wo ist Vater?«
»Ich habe ihn nach Santa Verdina bringen lassen, in den Nonnenkonvent der Vallombrosaner. Dort ist eine Medici Äbtissin, wie du vielleicht weißt.«
Fiora nickte stumm. Santa Verdina war eines der reichsten Klöster von Florenz. Dort lebten die jüngeren Töchter aus vornehmen Familien, deren Verheiratung wegen der enorm hohen Mitgift nicht möglich war. Für deren Aufnahme mussten die Väter jährliche Zuwendungen leisten oder ein mitgiftähnliches Eintrittsgeld bezahlen, was bedeutend billiger kam, als die Töchter zu verheiraten.
»In Santa Verdina gibt es ein sehr gutes Spital«, fuhr Giuliano indessen fort, »und die Schwestern verstehen sich bestens auf die Krankenpflege. Dort gibt es alles, was dein Vater jetzt braucht. Aber mach dir das Herz nicht so schwer. Man hat mir gesagt, dass seine Verletzungen nicht lebensbedrohlich sind und dass er in ein, zwei Wochen
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