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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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seine acht Prioren zu einer gemeinsamen Unterredung zusammenzurufen. Nur so konnten die Umstürzler sie mit einem Schlag in ihre Gewalt bekommen. War das geschehen, würden weder Wachleute noch Dienerschaft Widerstand wagen.
    Salviati scheiterte jedoch kläglich an seiner Aufgabe. Zwar gelang es dem Erzbischof wegen seiner hohen Stellung, zusammen mit seinem Bruder Jacopo und gut zwei Dutzend bewaffneten Begleitern in den Regierungspalast eingelassen und über die große Treppe ins Obergeschoss geführt zu werden, und es glückte ihm auch, den Gonfaloniere Cesare Petrucci, der gerade an der Spitze der florentinischen Regierung stand, zu sich zu einer Unterredung zu bitten, aber die acht Prioren blieben in ihren Privatgemächern. Salviati konnte Petrucci nicht dazu bewegen, die Prioren aufzufordern, zu ihnen zu kommen.
    Salviati, der auf Verstärkung durch Jacopo de’ Pazzi und dessen Waffenknechte wartete und deshalb Zeit gewinnen wollte, erregte vom ersten Augenblick an durch sein nervöses Verhalten und sein Herumstottern beim Gonfaloniere den Verdacht, dass Gefahr im Verzug war.
    Als dieser nach den Wachen rief, trat Salviati überstürzt den Rückzug an, dicht gefolgt von Petrucci, der mit lauter Stimme vom Erzbischof zu wissen verlangte, was sein seltsames Betragen zu bedeuten habe. Auf der Treppe traf Salviati auf einen seiner Mitverschwörer, einen bekannten Schriftsteller und Gelehrten namens Jacopo Bracciolini. Dieser griff sogleich zur Waffe, um den Gonfaloniere niederzustrecken.
    Aber er handelte nicht schnell genug. Petrucci, ein beherzter und kräftiger Mann, packte Bracciolini blitzschnell an den Haaren und riss ihn mit aller Kraft zu Boden, bevor dieser die Klinge aus der Scheide ziehen konnte. Augenblicke später waren auch schon die Wachen zur Stelle, denen der Gonfaloniere die beiden Männer zur sofortigen Einkerkerung hoch oben im Wehrturm übergab.
    Erzbischof Salviatis Versuch, den Regierungspalast mit seinem Gewirr aus Sälen und Gängen im Handstreich zu besetzen, scheiterte auch deshalb, weil er die meisten seiner bewaffneten Begleiter in der Kanzlei auf der Nordseite zurückgelassen hatte – nicht wissend, dass auch dieser große Raum über ein geheimes Verriegelungssystem verfügte. Als die Türen hinter den Männern zugefallen waren, hatten versteckte Federbolzen einen geheimen Verriegelungsmechanismus in Gang gesetzt und die Verschwörer im Saal eingeschlossen.
    »Lasst die Regierungsglocken läuten!«, befahl Cesare Petrucci, kaum dass die Wachen die beiden Verschwörer überwältigt und abgeführt hatten. »Jeder soll sich bewaffnen! Auch die Berater, Diener und Köche! Greift zu allem, was als Waffe taugt, und wenn es Bratspieße aus der Küche sind! Wir verschanzen uns oben auf dem Wehrgang! Ich fürchte, heute wird in Florenz noch viel Blut fließen.«
    Wenige Augenblicke später begannen die großen Glocken des Priorenpalastes zu läuten und riefen die Bürger zu den Waffen. Gleich darauf fielen die schweren Bohlenflügel der zwölf Stadttore krachend zu und die Torwachen legten von innen Ketten und Balken vor. Damit war der geplante überfallartige Einfall der Söldner unter dem Oberkommando von Federico da Montefeltro vereitelt.
    In das dröhnende Geläut fielen rasch die Glocken vieler Kirchen in der Stadt ein, und als ihr immer lauter werdender Klang über die Stadtmauern hinaus ins Contado drang, wurde es von dem Geläut der Dorfkirchen und Klöster aufgenommen und weitergetragen, sodass in kürzester Zeit die ganze Toskana in Alarmbereitschaft versetzt und jede militärische Aktion gegen Florenz, das sich mit verschlossenen Stadttoren und Soldaten auf den Wehrgängen hinter den Zinnen in ein Bollwerk verwandelt hatte, zum Scheitern verurteilt war. Die Bauern griffen sogleich zu den Waffen. Zu Hunderten strömten sie zusammen und sammelten sich zum bewaffneten Widerstand gegen fremde Truppen, die in die Toskana einzudringen versuchten.
    Federico da Montefeltro stieß einen Fluch aus, als anstelle des heimlichen Flaggenzeichens vom hohen Wehrturm des Priorenpalastes die Glocken Alarm schlugen.
    »Elende Stümper! Sie hätten es mich auf meine Art und Weise machen lassen sollen!«, zürnte der Condottiere. Doch obwohl er schon in diesem Augenblick ahnte, dass die Sache verloren war, wartete er noch eine Weile mit dem Abmarschbefehl, für den Fall, dass die Seite der Verschwörer vielleicht doch noch die Oberhand gewann. Nur wenn ein großer Teil der Florentiner Bevölkerung

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