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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Widerstand zu stoßen, und dass sie dort auf eine große Schar bewaffneter Medici-Anhänger trafen, die rund um das Grundstück Stellung bezogen hatten. Als die Männer sahen, dass Lorenzo am Leben war und nur eine leichte Wunde am Hals davongetragen hatte, brach großer Jubel aus.
    »Palle! Palle!«, brüllten die Männer und klirrten mit ihren Waffen. Doch schon im nächsten Augenblick wurde der Ruf nach Vergeltung laut. »Tod den Pazzi! Tod allen Verschwörern!«
    Marcello hörte die Rufe nur noch ganz leise, dann schwanden ihm wieder die Sinne. In der Sakristei hatte die Ohnmacht ihn nur wenige Augenblicke gefangen gehalten, diesmal jedoch schien es, als würde er nie wieder zu sich kommen. Der Tod hatte seine eisige Hand nach ihm ausgestreckt und der Tod, der in diesen Tagen in Florenz reiche Ernte einfuhr, war entschlossen, auch über dieses junge Leben zu obsiegen.

13
    L orenzo de’ Medici musste sich an diesem schicksalhaften und blutigen Ostersonntag immer wieder am Fenster seines Palastes zeigen und der versammelten Menge zurufen, dass er wohlauf sei. Ein schier endloser Menschenstrom zog am Palazzo vorbei. Jeder schien sich mit eigenen Augen davon überzeugen zu wollen, dass Il Magnifico tatsächlich am Leben war und beim Attentat keine lebensbedrohlichen Verletzungen erlitten hatte.
    Lorenzo hatte indessen erfahren, dass sein Bruder tot war. Aber so groß seine Erschütterung und sein Kummer über den geliebten und so heimtückisch ermordeten Bruder auch waren, er ließ sich nichts anmerken, wenn er ans Fenster trat und zu den Menschen sprach. Er wusste, wie viel davon abhing, dass er als Oberhaupt des Hauses Medici Haltung bewahrte und keinen Zweifel an seinem Machtanspruch als Herrscher über Florenz aufkommen ließ.
    Auch vergaß er in dieser Stunde der Trauer und der Ungewissheit nicht, welche diplomatischen Schritte er unverzüglich in Angriff nehmen musste. Deshalb griff er schon zur Feder, kaum dass er im Palazzo angekommen war, und schrieb mit fiebriger Hast an die Regierung in Mailand: »Meine allererlauchtesten Herren, soeben hat man meinen Bruder Giuliano getötet und mein eigenes Leben ist in größter Gefahr. Deshalb ist jetzt die Stunde gekommen, meine Herren, dass Ihr Eurem Diener Lorenzo zu Hilfe eilt. Schickt so viele Truppen, wie Ihr könnt, und so schnell wie möglich, mir zum Schild und zum Heil des Stato, wie es immer gewesen ist. In Florenz, am 26. April, Euer Diener Lorenzo de’ Medici.« Er ahnte nicht, dass er gar nicht angewiesen war auf die militärische Unterstützung aus Mailand, weil die in Alarm versetzte Bauernschaft in der Toskana den Vormarsch jeglicher Medici-feindlicher Truppen schon an den Grenzen zur Romagna im Osten und zu Umbrien im Süden verhinderte.
    In der ersten Stunde nach dem Mordanschlag herrschte in der Stadt jedoch noch große Unsicherheit, wer am Ende des Tages als Sieger aus dem Kampf hervorgehen würde. Es gab Stimmen, die behaupteten, beide Medici seien tot, während andere das genaue Gegenteil zu wissen meinten. Deshalb zögerten die meisten Florentiner, offen für eine Seite Partei zu ergreifen. Man wollte Leib und Leben nicht für eine verlorene Sache aufs Spiel setzen, sondern auf der Seite der Sieger stehen.
    Doch als sich die Nachricht von Lorenzos Tod als falsch herausstellte und sich die Nachricht in Florenz verbreitete, dass Il Magnifico sich in der Sicherheit seines festungsartigen Palastes befand und dass eine große Zahl bewaffneter Männer für seinen Schutz sorgte, war der Machtkampf entschieden.
    Waren in der Stadt anfangs fast nur die Schlachtrufe der Pazzi zu hören gewesen, wurden sie nun vom immer lauter werdenden Kampfgebrüll der Medici-Anhänger übertönt und irgendwann verstummten sie ganz.
    Dass ihr Plan gescheitert war, dass das Volk nicht bereit war, gegen die Medici zu revoltieren, und dass damit der Kampf um die Vorherrschaft in Florenz nicht mehr zu gewinnen war, erkannte der Bankherr und Ritter Jacopo de’ Pazzi rechtzeitig genug, um seinen Kopf zu retten. Seine Männer waren im Kampf um den Regierungspalast blutig zurückgeschlagen worden. Auch blieben die versprochenen päpstlichen Truppen aus, die ihnen von Osten her längst hätten zu Hilfe eilen müssen. Dasselbe traf auf die Söldnerheere zu, die aus dem Süden hätten anrücken sollen. Pazzi ahnte, dass das Läuten der Glocken die Bauernschaft zu den Waffen gerufen hatte und dass dadurch der Vormarsch der Truppen vereitelt worden war. Und als er von seinen

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