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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Dezember vor meinen Augen und in Anwesenheit seines Hofes niedergestochen! In San Stefano! Von drei Meuchelmördern!«
    Die erwartungsvolle Stille, die sich beim Eintreten des Legaten über die Tafel gelegt hatte, wich augenblicklich einem lauten Stimmengewirr. Der Mailänder Herzog tot! Opfer eines Attentats! Manch einer der Männer zeigte grimmige Genugtuung. Einer lachte sogar unverblümt laut und höhnisch auf, während ein anderer voller Häme ausrief: »Gut so! Der Tyrann hat bekommen, was er schon lange verdient hatte! Wenn das nicht ein prächtiger Tiefschlag für die Medici ist, diese Florentiner Tyrannen im feinen Tuch der Bankherren und Kaufleute!«
    Sogleich folgte von allen Seiten ein zustimmendes Gemurmel und sogar der massige Kopf des Pontifex Maximus nickte. Und nur wer ganz in seiner Nähe saß, hörte ihn grimmig sagen: »Dann ist mit dem heutigen Tag der Frieden in Italien begraben …«
    Auch Graf Riario hörte es. Er war sich jedoch nicht sicher, ob sein Onkel damit eine Feststellung geäußert hatte oder eine Absicht. Eindeutig war jedoch, dass der Tod des Mailänder Herzogs die Karten im politischen Spiel Italiens überraschend neu gemischt hatte.
    Am päpstlichen Hof hatte der Name Galeazzo Maria Sforza einen beinahe ebenso schlechten Klang wie der von Lorenzo de’ Medici. Seit Mailand vor wenigen Jahren den Wünschen der Medici nachgegeben und zusammen mit Venedig ein Beistandsbündnis mit Florenz geschlossen hatte, war Herzog Galeazzo Maria Sforza trotz seines Entgegenkommens in Sachen Imola für den Papst zu einem unangenehmen Hindernis auf dem Weg zu größerer territorialer Macht geworden. Als weltlicher Herrscher über den mächtigen Kirchenstaat gedachte Sixtus, sein Territorium bei der nächsten günstigen Gelegenheit um ein gutes Stück Italien zu vergrößern – am liebsten um die Toskana. Nur stand diese zum größten Teil unter der Herrschaft von Florenz und damit der Medici. Aber das musste ja nicht so bleiben. Die Allianz, die Sixtus mit dem militärisch nicht minder starken Königreich Neapel und dem ebenso berühmten wie berüchtigten Condottiere Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, geschmiedet hatte, würde sich zur rechten Zeit bewähren und die erhofften Früchte bringen. Und der plötzliche Tod von Herzog Galeazzo Sforza nährte diese Hoffnung.
    Matteo Rovantini schilderte seinen aufmerksam lauschenden Zuhörern ausführlich, wie sich die Bluttat in der Kirche ereignet hatte und was im Folgenden geschehen war. Er berichtete, dass der dunkelhäutige Leibwächter des Herzogs einen der Attentäter, einen gewissen Giovanni Andrea Lampugnani, noch in San Stefano auf der Frauenempore gestellt und getötet hatte. Den beiden anderen sei in dem heillosen Durcheinander, das nach dem Mord in der Kirche ausgebrochen war, zwar die Flucht geglückt, aber niemand hege Zweifel, dass man sie bald stellen, auf die Folterbank binden und öffentlich hinrichten werde. Auch erwähnte er, dass einer dieser beiden Meuchelmörder auf der Flucht aus der Kirche seinen Umhang verloren habe. In der Innentasche haben man eine antike Schrift gefunden, nämlich Die Verschwörung des Catilina aus der Feder des Sallust 6 .
    »Die Geschichte eines versuchten Staatsstreiches durch Tyrannenmord – wie passend«, bemerkte Erzbischof Salviati voller Genugtuung.
    Nachdem der Legat seinen ausführlichen Bericht beendet und viele Fragen des Papstes und seiner erlauchten Gäste beantwortet hatte, bat er, sich zurückziehen zu dürfen. Sixtus kam der Bitte umgehend nach und dankte ihm, dass er keine Strapazen gescheut habe, um ihm die Nachricht persönlich zu überbringen.
    Während Matteo Rovantini sich entfernte, beugte sich Sixtus zu seinem Neffen hinüber und raunte ihm zu: »Erinnere mich morgen daran, dass ich meinem Dank noch eine Schatulle mit Goldstücken folgen lasse, Girolamo! In nur fünf Tagen von Mailand nach Rom zu reiten und das bei den vielen Gefahren, die auf den unsicheren Straßen auf einen Reisenden ohne bewaffneten Geleitschutz lauern, das ist eine heroische Leistung, die gebührend belohnt werden muss.«
    Man erging sich noch eine Weile in allerlei Spekulationen, wer nun die Macht über das Herzogtum erringen würde. Galeazzos Sohn war noch im Kindesalter und damit viel zu jung, um die Nachfolge anzutreten, und seine Witwe Bona von Savoyen besaß weder militärische noch politische Macht, um den Thron für ihren Sohn zu sichern. Zurückgelassen hatte Galeazzo jedoch mehrere neidvolle

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