Der Pate von Florenz
republikanischen Verfassung. Und Tyrannenmord ist nichts Verwerfliches, sondern eine noble Aufgabe für Männer von Ehre.«
»Vielleicht findet dieser Anschlag ja mutige Nachahmer in Florenz«, sagte der Erzbischof hoffnungsvoll und seine Augen unter den schweren Lidern leuchteten auf, als er sich die Konsequenzen einer solchen Tat ausmalte. »Allmächtiger, was würde alles möglich sein, wenn es dort zu einem Staatsstreich käme, bei dem die Partei der Medici nicht nur die Macht, sondern am besten auch gleich noch das Leben verlöre!«
Franceschino de’ Pazzi legte nachdenklich die Stirn in Falten, zögerte kurz und fragte dann leise: »Warum sollten wir uns mit der vagen Hoffnung begnügen, dass irgendjemand die Zeichen der Zeit erkennt und den Mut aufbringt, Florenz von dem Übel der Medici zu befreien? Sind wir nicht Manns genug, diese notwendige Aufgabe in unsere eigenen Hände zu nehmen?«
Die beiden anderen sahen ihn verblüfft an. Der Erzbischof sog die Luft ein, als er begriff, welch ungeheuerlicher Vorschlag in der Frage ihres Freundes mitschwang.
»Verstehe ich Euch richtig? Spielt Ihr ernsthaft mit dem Gedanken, die Medici aus dem Weg zu räumen, Franceschino?«, fragte Graf Riario auf seine direkte Art und sein Gesicht zeigte einen Ausdruck aus Überraschung und angespannter Erwartung, als wäre ihm etwas zu Ohren gekommen, über das er selbst auch schon mehrmals nachgedacht hatte.
»Wäre das denn so abwegig und so tollkühn, dass Ihr Euch nicht damit anfreunden könntet?«, fragte der Pazzi mit hochgezogenen Brauen zurück.
Die Mundwinkel des Grafen zuckten und ein bösartiges Lächeln legte sich auf seine Züge. »Nein, das Gegenteil trifft zu.«
Nun richtete sich der Blick der beiden gespannt auf den Erzbischof. Die Frage, um die es ging, brauchte nicht noch einmal wiederholt zu werden. Jeder wusste, was gemeint war.
Francesco de’ Salviati biss sich nervös auf die Unterlippe und schwieg. Fieberhaft überlegte er, wie er sich zu dem Vorschlag stellen sollte. Schließlich rang er sich zu einem Entschluss durch, räusperte sich umständlich, als säße ihm ein Frosch im Hals, und antwortete: »Die Sache ist es wert, dass man sich ernsthaft Gedanken darüber macht.« Seine Stimme zitterte leicht, doch schnell festigte sie sich wieder, als er seine Bedingungen für eine Teilnahme an dem Staatstreich stellte. »Aber es darf kein selbstmörderisches Unterfangen sein wie das der drei Tyrannenmörder in Mailand. Es muss nicht nur gut geplant, sondern auch von höchster Stelle gutgeheißen und unbedingt mit einer ausreichenden Zahl einsatzbereiter Truppen militärisch abgesichert sein.«
»Das sehe ich nicht anders«, erwiderte Francesco de’ Pazzi. »So und nicht anders muss es sein.« Die Erleichterung, dass der Erzbischof daran teilnehmen würde, war ihm anzusehen.
»Dann sollten wir aber auch die unsichere Lage am Mailänder Hof zu unseren Gunsten nutzen. Wir dürfen also nicht zu lange zögern«, mahnte Graf Riario seine Mitverschwörer.
Damit war die Saat des Bösen in den dunklen Herzen ausgebracht. Sie sollte Wurzeln schlagen und abstoßende Früchte der Hinterlist heranreifen lassen und sie sollte am Tag der Ernte Florenz in ein Meer von Blut tauchen.
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1 Konklave nennt sich die Versammlung der wahlberechtigten Kardinäle der römisch-katholischen Kirche, in der diese aus ihren Reihen den neuen Papst wählen, der dann zugleich auch das Amt des Bischofs von Rom innehat. Sixtus IV. wurde am 9. August 1471 nach dreitägigem Konklave als Nachfolger für den verstorbenen Papst Paul II. gewählt.
2 Lateinisch: Oberpriester
3 Der weltliche Hof des Papstes
4 Die Mitra ist die traditionelle liturgische Kopfbedeckung von Bischöfen. In früheren Jahrhunderten, etwa zur Zeit der Medici, war die Mitra des Papstes zumeist mit Gold und Edelsteinen reich verziert und stellte somit ein höchst kostbares Schmuckstück dar.
5 Wenn von Florin die Rede ist, ist ab jetzt die Goldmünze gemeint. Es gab auch einen Silberflorin. Wenn dieser im Roman vorkommt, wird er ausdrücklich so benannt.
6 Der römische Politiker und Geschichtsschreiber Gaius Sallustius Crispus lebte im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt. Als Volkstribun gehörte er zu den Anhängern von Gaius Iulius Caesar.
ZWEITER TEIL1477
1
F röhliches Gelächter schallte über die kleine Waldlichtung. Die Jagdgesellschaft der Medici legte auf dem Rückweg zum Landgut Cafaggiolo für eine herzhafte Stärkung und einige Becher Wein
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