Der Pate von Florenz
den Namen Francesco getauft, aber da er recht klein von Statur war und zudem noch schmächtig, hatten Familie und Freunde den Spitznamen Franceschino aus Kindertagen als seinen Rufnamen beibehalten.
Franceschino de’ Pazzi war eng befreundet mit Erzbischof Salviati und Graf Riario. Zudem gab es auch handfeste geschäftliche Verbindungen zwischen ihnen. Als Bankier des Papstes und der Kurie hatte er dafür gesorgt, dass seine Bank Sixtus die enorme Summe von vierzigtausend Goldflorin geliehen hatte, damit dieser dem Mailänder Herzog Galeazzo Maria Sforza Imola hatte abkaufen und seinem Lieblingsneffen hatte schenken können. Und auch der recht unfromme Erzbischof Salviati stand bei ihnen, den Pazzi, hoch in der Kreide.
Mit einem angedeuteten Lächeln der Bewunderung auf dem schmalen, ein wenig knochig wirkenden Gesicht mit den eng stehenden Augen und der hohen Stirn täuschte Franceschino de’ Pazzi aufmerksames Zuhören an, während er in Wirklichkeit über allerlei finanzielle Geschäfte sinnierte und grübelte, wie der Profit der römischen Pazzi-Niederlassung noch zu steigern und dadurch seine Stellung in der Familie zu befördern wäre. Onkel Jacopo war nicht mehr der Jüngste, er hatte keine Söhne und würde irgendwann den Weg für einen Nachfolger frei machen müssen. Und dann sollte es nur einen geben, der für die Rolle des neuen Oberhauptes des Hauses Pazzi infrage kam, nämlich ihn!
Rom bot ihm dafür einen fruchtbaren Boden, seit Sixtus sich wegen Imola und Salviatis Ernennung zum Erzbischof mit den Medici überworfen und sie, die Pazzi, an deren Stelle als päpstliche Depositare eingesetzt hatte. Welch ein Triumph über die aus tiefster Seele verhassten Medici! Seitdem gingen alle Einnahmen der Kirche aus allen Ländern der Christenheit durch Pazzi-Hände.
Andererseits mussten sie in ihrer neuen Rolle dem Papst und der Kurie beträchtliche Vorschüsse und Kredite einräumen. Sixtus legte einen erschreckenden Geldhunger an den Tag und die Verschwendungssucht seiner Neffen und der vielen anderen Günstlinge stand der seinen kaum nach.
Als der Papst, ohne seinen Redeschwall zu unterbrechen, einem livrierten Bediensteten bedeutete, er solle seinen funkelnden Kristallpokal noch einmal mit Rotwein füllen, überschlug Franceschino de’ Pazzi unwillkürlich, mit welch hoher Summe allein der an diesem Abend kredenzte Wein zu Buche schlagen würde. Es war schwerer und sündhaft teurer Tyros-Wein aus dem griechischen Arkadien, der in Strömen aus den edlen Krügen der Tischdiener in die Pokale floss. Eine Amphore Tyros kostete gut und gern achtundzwanzig Florin 5 . Und wenn er noch dazurechnete, was die vielen köstlichen Speisen kosteten, die Seine Heiligkeit hatte auftragen lassen, dann würde dieses kleine Bankett im kleinen Kreis gut und gern mehr kosten, als er in seinem ersten Jahr als Leiter der römischen Niederlassung von seinem Onkel an Lohn bekommen hatte!
Kaum hatte Pazzi seine Überschlagsrechnung im Kopf beendet, da betrat ein Lakai den Raum, eilte zu Sixtus ans Kopfende der Tafel und meldete ihm, dass der päpstliche Legat Matteo Rovantini aus Mailand eingetroffen sei.
»Er bedauert, Eure Heiligkeit zu dieser Nachtstunde stören zu müssen, er wünscht jedoch, Euch umgehend sprechen zu dürfen. Er bringe Nachrichten von größter Wichtigkeit.«
Sixtus sah verblüfft drein. »Rovantini? Aber er ist doch erst vor zehn Tagen nach Mailand abgereist und wollte bis mindestens Ostern dortbleiben.« Sein Blick wanderte zu seinem gräflichen Neffen, als erhoffte er sich von ihm eine Erklärung, doch er erhielt nur ratloses Achselzucken. »Nun, wie dem auch sei, lass ihn vor. Er wird gewiss gewichtige Gründe haben, warum er so schnell wieder nach Rom zurückgekehrt ist und warum er meint, dass seine Nachrichten aus Mailand nicht bis morgen warten können.«
Augenblicke später führte der Diener den Legaten Matteo Rovantini, einen hochgewachsenen Mann von Anfang vierzig, in das Prunkgemach des päpstlichen Palastes. Sein Gesicht war grau und eingefallen und von Erschöpfung gezeichnet, das verschwitzte Haar klebte ihm am Kopf und Staub und Schmutz hafteten an seiner Kleidung. Der Mann hatte sich seit Tagen kaum Schlaf gegönnt.
Matteo Rovantini ging ehrerbietig vor Sixtus auf die Knie und küsste den ihm huldvoll dargebotenen Ring. Kaum hatte er sich halb wieder aufgerichtet, platzte er auch schon mit der Nachricht heraus: »Herzog Galeazzo Maria Sforza ist tot, Eure Heiligkeit! Er wurde am 26.
Weitere Kostenlose Bücher