Der Pate von Florenz
Leben noch schwerer machen, als es jetzt schon war. Die Angst vor Entlarvung und schwerer Strafe durch die Gilde lastete ohnehin schon schwer auf ihr. »Aber mir würde gefallen, wenn du mich gelegentlich zuschauen ließest, während du an einem Schmuckstück arbeitest. Das interessiert mich sehr.«
Fiora brachte sogar ein Lächeln zustande, in dem sich Freude, aber auch Stolz zeigten. »Das möchtest du wirklich?«
»Wenn ich es doch sage! Es würde mich brennend interessieren. Man kann ja nicht alle Tage einer Goldschmied in bei der Arbeit zusehen, nicht wahr?«, sagte er und zwinkerte ihr zu.
»Dann soll es so sein, Marcello.« Jetzt strahlte sie ihn an.
»Nun will ich dir aber die Brosche bezahlen, so wie wir es ausgemacht haben, damit du endlich das Essen für euch zubereiten kannst«, sagte er und zog seine Geldbörse hervor.
»Gott segne dich für dein Schweigen und für deinen Beistand, Marcello!«, sagte Fiora zum Abschied. Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen.
Er lächelte ihr noch einmal zu und trat dann beschwingt hinaus in die frostige Winternacht, die ihm auf einmal gar nicht mehr so kalt, dunkel und unfreundlich vorkam.
11
Ü ber Nacht war Schnee in zarten Flocken auf Mailand herabgerieselt und am Morgen sahen die Dächer und Turmspitzen der Stadt aus, als wären sie mit feinstem Puderzucker bestreut worden. Man schrieb den 6. Januar, den Festtag der Heiligen Drei Könige.
Oben im Schloss rekelte sich Cicco Simonetta wohlig im prunkvollen Himmelbett, in dem Galeazzo Maria Sforza so manch stürmische Liebesnacht verbracht hatte. Es kam ihm noch immer unwirklich vor, dass sein Herr tot war, niedergestochen wie ein tollwütiger Hund, und dann auch noch an einem ähnlich hohen Feiertag wie dem heutigen.
Eine seiner ersten Handlungen nach der Ermordung des Herzogs war gewesen, von seiner Kanzlerresidenz in die nahe Zitadelle umzuziehen und sich dort in den herzoglichen Gemächern einzurichten. Auch wenn es seiner ausgeprägten Eitelkeit schmeichelte, nun selbst hier zu residieren, entsprach sein Handeln allerdings mehr politischer Notwendigkeit als persönlicher Geltungssucht. Für all diejenigen, die sich mit dem Gedanken trugen, nach der Macht im Herzogtum zu greifen, sollte es ein unmissverständliches Zeichen sein, dass dieser Weg nur über ihn und niemals ohne ihn zu beschreiten war. Die Witwe Bona von Savoyen hatte diesen Schritt sogleich gutgeheißen, wobei ihre Zustimmung von vornherein außer Frage gestanden hatte. Diese einfältige Person, die von Politik keinen blassen Schimmer hatte, dachte nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes voller Angst daran, welche Gefahren und Schicksalsschläge ihr und ihren unmündigen Kindern drohten. Schließlich war noch nicht abzusehen, wer in dem Ringen um die Macht im Herzogtum die Oberhand behalten würde. In der Hoffnung, dass es ihm, Cicco Simonetta, dank seines jahrzehntelangen politischen Geschicks und seinen intimen Kenntnissen der heimlichen Machtspiele gelingen würde, die Nachfolge für ihre Söhne zu sichern, hatte sie sich ihm willig in die Hand gegeben und setzte ihre Unterschrift unter jedes Papier, das er ihr vorlegte. Das Einzige, was sie sonst noch zu interessieren schien, war die männliche Kraft und Ausdauer ihres Dieners Antonio Tassino, mit dem sie neuerdings unverhohlen das Bett teilte.
Während der Kammerdiener Bernardino und seine Gehilfen im Gemach schon emsig beschäftigt waren, dachte Cicco Simonetta über die schwierige Lage nach, die er zu meistern hatte, wenn er die Macht für sich sichern und seinen Kopf retten wollte.
Was die Köpfe der drei Attentäter betraf, so steckte in denen gottlob schon längst kein Leben mehr. Die beiden flüchtigen Meuchelmörder, die im Tumult der Menge hatten entkommen können, waren rasch gefasst worden. Auf deren Spur hatte sie der Diener Franzone gebracht. Der Dummkopf hatte sich durch seine Beinkleider verraten, die die Farben der Lampugnani trugen. Auf der Folter hatte er im Handumdrehen verraten, wo die Gesuchten sich versteckt hielten. Alle drei waren im Morgengrauen des 2. Januar vor dem Castello aufs Rad gebunden worden. Dann waren sie auf grausamste Weise quälend langsam in Stücke gerissen worden. Teile ihrer Körper hatte man später an die sieben Stadttore genagelt oder tagelang durch die Straßen von Mailand geschleift, bevor man sie den Schweinen zum Fraß vorgeworfen hatte. Die Bluthände der Mörder waren an eine Säule genagelt und verbrannt worden, während man die
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