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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Köpfe zur Abschreckung auf Lanzen gespießt hatte und am Glockenturm des Broletto noch immer zur Schau stellte. Jetzt warteten noch acht Männer, die mit den Verschwörern gemeinsame Sache gemacht hatten, auf ihre Hinrichtung. In zwei Tagen würde man sie hängen.
    So weit, so gut. Nun galt es für ihn, seine Karten verdeckt zu halten, geschickt zu täuschen und seine Trümpfe zur rechten Zeit auszuspielen. Von seinen Spitzeln, die schon seit der Regentschaft von Herzog Francesco in großer Zahl überall im Herzogtum selbst und darüber hinaus für ihn arbeiteten, war ihm unverzüglich zugetragen worden, dass schon bald mit dem Eintreffen von Galeazzos Brüdern Sforza Maria und Ludovico zu rechnen sei. Kaum war ihnen die Nachricht vom Tod ihres missliebigen Bruders zu Ohren gekommen, hatten sie auch schon mit einer Schar bewaffneter Gefolgsleute den Ort ihrer Verbannung in Frankreich verlassen und sich eiligst auf den Weg nach Mailand begeben.
    »Aber die Eile wird euch nicht viel Nutzen bringen, ihr durchtriebene Brut!«, murmelte Cicco Simonetta mit grimmiger Genugtuung vor sich hin. Galeazzo hatte schon recht daran getan, die beiden ins ferne Exil zu schicken. Und auch er war gewappnet. »Wartet nur ab, was euch erwartet, wenn ihr glaubt, ihr könnt mit eurer Waffenbande hier ins Schloss einfallen! Ihr werdet euer blaues Wunder erleben!«
    Er war also vorbereitet und hatte Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Manche davon würden offensichtlich sein, andere blieben besser sein Geheimnis. Nicht von ungefähr nannte man ihn den Fuchs von Mailand. Und wenn sie glaubten, sie könnten ihm das Heft aus der Hand nehmen und sich auf den Thron setzen, dann irrten sie sich gewaltig.
    Aber bevor es zur unvermeidlichen Konfrontation mit ihnen kam, musste er die Zeit nutzen. Es galt, durch fleißige Korrespondenz und Entsendung von Botschaftern die Gunst und die Unterstützung von Lorenzo de’ Medici und damit von Florenz zu sichern. Aber die politische Klugheit gebot es, nicht alles auf diese eine Karte zu setzen, sondern sich auch des militärischen Beistandes von Herzog Federico da Montefeltro zu versichern.
    Der Mann war ein gefürchteter Condottiere, und wenn es ihm, Cicco Simonetta, gelang, ihn für einen Beistandspakt zu gewinnen und zur Entsendung von Söldnern zu bewegen, dann würden Galeazzos Brüder nie und nimmer wagen, offen gegen ihn anzutreten. Doch das war nicht ungefährlich, denn zwischen den Medici und dem Herzog von Urbino gab es seit einiger Zeit böses Blut. Er durfte den Herzog also nicht allzu offen umwerben, weil er damit Florenz vor den Kopf stoßen könnte, und die Medici könnten dann geneigt sein, sich hinter seinem Rücken für Sforza Maria und Ludovico stark zu machen. Das könnte ihn Kopf und Kragen kosten. Mit dem mächtigen Verbündeten Venedig hatte Lorenzo schließlich eine gefährliche Trumpfkarte im Spiel.
    Zudem hatte er erfahren, dass Lorenzo seine beiden Condottieri Giovanni Bentivoglio und Gualterotto da Vernio angewiesen hatte, sich mit ihren Truppen marschbereit zu halten. Er betrieb die Staatsgeschäfte schon lange genug, um zu wissen, was all die blumigen Beteuerungen von tiefer Verbundenheit und Treue in den Schreiben wert waren und dass jeder mit gezinkten Karten spielte, wenn es um seine Machtinteressen ging. Deshalb durfte ihm jetzt kein Fehler unterlaufen!
    Gerade hatte er sich mit Bernardinos Hilfe angekleidet, als sein Leibwächter Corto ihm trotz der frühen Morgenstunde einen Besucher meldete. Und es war eine höchst unerfreuliche Überraschung, als er hörte, wer ihn so dringend zu sprechen wünschte: Galeazzos ältester Cousin Roberto da Sanseverino.
    »Der hat mir gerade noch gefehlt! Wie passend an Epiphanias!«, knurrte Cicco Simonetta. »Er soll warten. Das wird ihn hoffentlich ein wenig abkühlen!«
    Aber daran glaubte er nicht wirklich. Roberto da Sanseverino war ein rechter Rüpel von aufbrausendem Wesen und großspurigem Auftreten. Aber er war auch ein verteufelt fähiger und furchtloser Condottiere, der so manch erbitterte Schlacht geschlagen und unter den Sforza stets eine wichtige Rolle gespielt hatte. Da lag es auf der Hand, dass auch er ein gewichtiges Wort mitreden wollte. Vermutlich hatte er von irgendeinem hohen Magistrat erfahren, dass der Kanzler für diesen Tag die erste Sitzung des Geheimen Senates anberaumt hatte, in dessen Händen seit dem 30. Dezember offiziell die Regierungsgewalt über das Herzogtum lag – natürlich unter seiner, Cicco Simonettas,

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