Der Pate von Florenz
Bild als unangefochtener Führer und Repräsentant von Florenz kratzten.
»Was immer ich zu unternehmen versuche, etwa um mir als Diplomat einen Namen zu machen, er vereitelt es jedes Mal«, fuhr Giuliano erzürnt vor. »Nur nach Rom hat er mich damals gelassen, als es darum ging, zusammen mit Guglielmo de’ Pazzi und einigen anderen seine Braut abzuholen und mit großem Pomp nach Florenz zu geleiten. Aber diplomatische Missionen nach Mailand und Neapel, die ich übernehmen wollte, hat er beständig zu verhindern gewusst! Und denk doch nur an die Reise, die ich vor einigen Jahren nach Venedig machen wollte und wo er mich auf das Schäbigste vor meinen Freunden bloßgestellt hat!«
»Du meinst die Geschichte vor beinahe fünf Jahren, nicht wahr? Ich erinnere mich.« Marcello konnte nicht mehr zählen, wie oft Giuliano sie ihm schon erzählt hatte.
Der nickte finster. »Alles war vorbereitet und dann hat er mir doch glatt verboten, nach Venedig aufzubrechen! Wie ein begossener Pudel stand ich da!«, zürnte er, griff zu seinem Becher und kippte den schweren Wein hinunter wie Wasser.
»Nun musst du Lorenzo aber zugutehalten, dass die Umstände damals sehr unglücklich waren«, gab Marcello zu bedenken. »Das war ja gleich nach dem Aufstand in Volterra, den Montefeltro für uns blutig niederschlagen musste. Sonst hätten wir nicht nur die Stadt verloren, sondern auch die wichtigen Alaungruben dort. Du weißt ja selbst, wie wichtig Alaun für die Tuchproduktion ist. Ohne diese Beize können die Farben nicht tief in die Stoffe eindringen und deren Leuchtkraft bewahren. Die Lage auf den Straßen war damals sehr unsicher, außerdem haben einige in der Verbannung lebende Familien gemeint, sie müssten die Situation für einen Umsturz in Florenz nutzen.«
Giuliano ließ den Einwand nicht gelten und winkte verärgert ab. »Zum Teufel noch mal, an Waffenknechten hat es uns doch noch nie gemangelt! Ein gut bewaffneter Begleittrupp hätte ausgereicht, um für unsere Sicherheit zu sorgen. Aber davon wollte Lorenzo ja nichts wissen. In Wirklichkeit kamen ihm die Unruhen ganz recht, hatte er doch nun einen Vorwand, um mir die Reise nach Venedig zu verbieten.«
Marcello zuckte mit den Achseln. Er erinnerte sich gut daran, wie aufgebracht Giuliano damals gewesen war. Um sein Gesicht vor den Freunden nicht ganz zu verlieren, von denen er sich schon verabschiedet hatte, war er voller Wut über diese Demütigung nach Cafaggiolo geritten und hatte dort seine Wunden geleckt. Lorenzo hatte ihm ihren alten Lehrer Gentile Becchi, dem er kurz danach das Bistum Arezzo übertragen hatte, hinterherschicken müssen, damit dieser ihn überredete, wieder nach Florenz zurückzukehren, was Giuliano aber erst nach einigen Tagen getan hatte.
»Lorenzo will einfach nicht, dass auch ich in der Welt bekannt werde! Alles reißt er an sich. Und was bleibt für mich? Ich kann es dir sagen! All’ombra del signore! Ein Leben im Schatten des großen Herrn! Und das ist so wahr wie das Vaterunser«, setzte er sein Lamento fort. Seine Zunge war inzwischen schwer geworden. »Und dann gibt er auch noch den großzügigen Patron der Künstler und den feinsinnigen Gelehrten, der nicht genug bekommen kann von der Philosophie der antiken Denker und Dichter! Himmel, wie ich dieses stundenlangen Geredes und Diskutierens seiner Gefährten von der Platonischen Akademie überdrüssig bin! Da schweben sie in den höchsten Sphären der Gelehrsamkeit und tun so, als könnten sie kein Wässerchen trüben!«
»Damit ehrt er das Vorbild eures Vaters und insbesondere das eures Großvaters Cosimo, der diese Platonische Akademie ins Leben gerufen und den Grundstein für die Sammlung alter Schriften gelegt hat«, warf Marcello ein.
Giuliano ging überhaupt nicht darauf ein, sondern fuhr bissig fort: »Und auch als bejubelter Verseschmied, der auf den Spuren von Boccaccio und Petrarca wandelt, muss er jeden anderen übertreffen! Wenn man seine Werke liest, könnte man wahrhaftig glauben, dass er sich keinen Deut schert um Macht und Ehre und am liebsten das Leben eines gelehrten Eremiten führen würde. Hör dir mal an, was ihm da unlängst aus der Feder geflossen ist!« Er machte eine Pause, setzte sich in Pose und begann, mit dick aufgetragener Theatralik zu zitieren:
»Am meisten ersehne ich, was ich am wenigsten wünsche,
Um intensiver zu leben, verlangt es mich nach meinem Ende,
Um dem Tod zu entfliehen, winke ich ihn heran,
Und suche Frieden, wo niemals Ruhe war.
Ich
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