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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sie wie zwei Zechbrüder, die sich einen ordentlichen Rausch angetrunken hatten, durch die Straßen.
    »Und ich sage dir, wir sind wie … wie die schönen Krabben, die zeit ihres Leben die Höhlen vertreiben … Nein, warte! … Irgendwie stimmt das nicht … Teufel, ich hab’s doch mal gewusst! Selbst ausgedacht, jawohl! … Nun sag schon, Marcello! Wer hat denn nun wen vertrieben …?«, lallte er.
    Marcello lachte nur.
    »Die Krabben, die hat’s erwischt … Schere hin oder her, immer sind es die Krabben, die dran glauben müssen, verdammt noch mal!«, brüllte Giuliano und hieb Marcello mehrmals mit der Hand vor die Brust. Beinahe hätte er sie beide in einen riesigen Haufen Kot gezogen. Marcello konnte ihn gerade noch rechtzeitig zurückreißen. »Jaja, Trost findet man nur im Kreuz! Lass dir das von einem Mönch gesagt sein, der täglich die Geißel seines brüderlichen Herrn und Gebieters zu schmecken bekommt. Und jetzt erzähl du mir was!«
    »Was soll ich dir denn erzählen?«, fragte Marcello. »Willst du vielleicht hören, wie viele Sorten Ziegel es gibt?«
    Giuliano kicherte. »Genau! Das wollte ich schon immer wissen! Sag doch mal, was du da draußen mit dem armen Hund Silvio so alles treibst. Oder ist das ein Geheimnis? Mir kannst du es verraten! Ich werde schweigen wie eine Krabbe …«
    Marcello lachte. »Also, da gibt zuerst einmal die mattone, das sind die dicksten Ziegel. Die werden am meisten verwendet.«
    »Teufel auch, wer hätte das gedacht! Ist man doch Tag für Tag von diesen dicken Mattone umgegeben und weiß gar nichts davon! Weiter, weiter! Gibt es denn auch was Dünnes für die kleine Münze?«
    »Doch, das ist die mezzana, die ist zwar dünner, dafür aber breiter«, sagte Marcello und zog Giuliano von einer stinkenden Pfütze weg, auf die dieser zielstrebig zusteuerte.
    »Ha, die weiß wohl nicht, was sie will, deine Mezzana! Klingt mir nach einem launischen Weib! Von der lass die Finger, klar? Die bringt nur Ärger. Und? Ist das alles?«
    »Nein, es gibt noch den quadruccio, das ist der schmalste Ziegel. Der ist aber immer noch größer als der flämische Ziegel, der in anderen Ländern gebräuchlich ist, vor allem in England.«
    »So, Quadruccio ist der schmalste! Dann heiße ich von heute an Quadruccio! Das ist beschlossene Sache, hast du verstanden?«, betonte Giuliano mit dem feierlichen Ernst eines Betrunkenen, der seinen Unsinn für tiefe Erkenntnis hält. »Passt doch, findest du nicht auch? Ich bin im Hause Medici der schmale Quadruccio, während mein Bruder natürlich der dicke und prächtige Mattone ist!«
    Endlich hatten sie den Palazzo in der Via Larga erreicht. Marcello klopfte an die schmale Manntür im Portal.
    »Wir müssen bald wieder mal zusammen losziehen«, sagte Giuliano zum Abschied, bevor er sich den hilfreichen Armen eines Bediensteten überließ.
    »Das machen wir«, versicherte Marcello. »Und jetzt sieh zu, dass du schnell in deine Zelle kommst, Mönchlein!«
    Giuliano fuchtelte mit der Hand durch die Luft. Wahrscheinlich versuchte er, ein Kreuzzeichen zu machen. Dann schloss sich auch schon die Tür im Portal.
    Nachdenklich machte Marcello sich auf den Heimweg. Das ebenso zornige wie ohnmächtige Lamento seines Medici-Freundes ging ihm nach. Giuliano hatte sich schon oft darüber beklagt, dass Lorenzo ihm niemals etwas überantwortete, was ihm zur eigenen Ehre gereichen würde, aber er hatte es noch niemals so heftig getan wie heute. Giuliano hatte immer aufgeschaut zu seinem älteren Bruder und ihn ob seiner vielen Talente bewundert und mit Stolz verfolgt, wie selbstständig Lorenzo nach dem frühen Tod ihres Vaters in seine neue Rolle als Oberhaupt der Familie und als führender Mann im Staat geschlüpft war. Doch seine Erwartung, an dieser Macht teilzuhaben, war mittlerweile zerstoben und hatte sich in einen tiefen Groll verwandelt, so sehr er auch an seinem Bruder hängen mochte. Der Stachel saß tief und das vergällte Giuliano die Freude am Leben. Er konnte sich einfach nicht damit abfinden, dass ihm als zweitgeborenem Sohn nur eine unbedeutende Rolle zukam und dass man in ihm bestenfalls einen Nachfolger sah, sollte dem Erstgeborenen ein tödliches Unglück zustoßen.
    Ja, auch als zweitgeborener Medici stand man immer im Schatten. Dabei hatte es doch nur an wenigen Augenblicken gefehlt! Wäre es andersherum gewesen … Nun, darüber wollte er jetzt nicht nachgrübeln, sondern lieber an etwas Erfreuliches denken. Und das hatte ihm der späte

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