Der Pate von Florenz
Jedenfalls kamen die beiden nun bestens miteinander aus und legten einen Arbeitswillen an den Tag, mit dem der Vater zufrieden sein konnte. Marcello war froh, dass Silvio nun auf dem besten Weg war, seine Verfehlung in Pisa durch größte Anstrengungen so schnell wie möglich vergessen zu machen.
Was Giuliano wohl machte? Er musste sein Reiseziel mittlerweile längst erreicht haben. Angeblich hatte er sich für einige Wochen nach Cafaggiolo begeben. Doch er, Marcello, wusste es besser. Giuliano hatte ihm nämlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, dass er zwar ein, zwei Tage auf dem Landgut verbringen würde, aber dann von dort aus in geheimer Mission für seinen Bruder eine Reise in den Süden antreten wollte.
»Geschäfte mit Eisen sind der Vorwand, damit ich mir in Piombino einen zum Kauf stehenden vornehmen Weiberrock aus der Nähe ansehe«, hatte er spöttisch gesagt und Marcello zugezwinkert. »Ich werde die Katze nämlich nicht im Sack kaufen, so wie mein Bruder es mit Clarice getan hat, weil er die Reise nach Rom gescheut und sich deshalb ganz auf das Urteil unserer Mutter verlassen hat.«
»Du gedenkst, in den Hafen der Ehe zu segeln und in ruhigen Gewässern vor Anker zu gehen?«, hatte Marcello ebenso scherzhaft gefragt.
»Du kennst doch meinen Bruder. Der schmiedet unablässig Pläne, wie er die Macht und den Einfluss unseres Hauses noch weiter ausdehnen kann. Und da er nun endlich davon Abstand genommen hat, mich zu einem Pfaffen mit einem verdammten roten Hut zu machen, sinnt er auf ein Parentado, das seinen Zwecken dient. Ich dagegen gedenke, diese Sache sehr gemächlich anzugehen und mich von ihm nicht an die Kette legen zu lassen! Mal sehen, was mich da unten am Tyrrhenischen Meer an holder Weiblichkeit erwartet …«
Marcello hatte ihm seine besten Wünsche mit auf die Reise gegeben. Und obwohl er es sich nicht offen eingestehen wollte, war er überaus froh, dass Giuliano für eine geraume Weile nicht in der Stadt sein würde. Es hatte ihn nämlich sehr beunruhigt, dass Giuliano in der Karnevalsnacht so großen Gefallen an Fiora gefunden hatte. Und da er Giuliano kannte, war es auch keine allzu große Beruhigung für ihn, dass dieser nicht einmal im Traum daran dachte, eine Verbindung mit der Tochter eines Handwerkers einzugehen. Und er selbst? Würde er solch eine Verbindung eingehen? Ja, das würde er. Aber sein Vater Sandro würde ihm das sicherlich nicht erlauben. Deshalb hatte er sich dazu entschlossen, Fiora die Gefühle, die er inzwischen für sie hegte, nicht allzu deutlich zu zeigen. Dafür war die Zeit noch lange nicht reif.
Mitunter fiel es ihm jedoch unsäglich schwer, den Anschein des guten Freundes zu wahren, wo er doch so viel mehr für sie sein wollte. Und dann ließ er sich scheinbar zufällig zu einer flüchtigen und so doch heiß ersehnten Berührung oder zu einem sehnsüchtigen Blick hinreißen. Wie sehr er sich in diesen kurzen Augenblicken schon verraten hatte, wusste er nicht. Aber manchmal schien es ihm, als könnte er förmlich spüren, wie sehr sie darauf wartete, dass er seine Zurückhaltung aufgab und ihr offen zeigte, was er wirklich für sie empfand.
»Das reicht, Marcello«, holte Fiora ihn aus seinen Gedanken.
Er legte den Eberzahn zurück auf die Werkbank. Als sie ihm das Medaillon aus der Hand nahm, strich sie mit ihren Fingern über seine Haut. Fast hätte er dem Verlangen nachgegeben, Fiora an sich zu ziehen und sie zu küssen.
Aber der magische Augenblick war schon einen Lidschlag später vorbei und Fiora musterte im Licht der mit Wasser gefüllten Glaskugel das kleine Schmuckstück kritisch von allen Seiten. Das Medaillon durfte auch nicht den geringsten Makel aufweisen!
Dann nickte sie mit einem zufriedenen Lächeln. »Ja, so kann ich es abgeben. Und am Besten tue ich es gleich, statt darauf zu warten, dass Costanza es abholen kommt. Dann gibt es für sie auch nicht die Ausrede, sie hätte leider kein Geld dabei!«
»Ich glaube, auch ich muss mal wieder etwas bei dir in Arbeit geben«, sagte er. »Vielleicht einen schönen goldenen Siegelring, der würde mir gefallen.«
Sie schenkte ihm ein verlegenes Lächeln. »Ach, Marcello! Das musst du wirklich nicht. Wir kommen ganz gut zurecht. Gottlob ist es mit Vaters Zittern nicht schlimmer geworden. Wenn es dabei bleibt, haben wir unser gesichertes Auskommen.«
»Trotzdem«, erwiderte Marcello und ließ es sich nicht nehmen, sie noch ein gutes Stück durch die Stadt zu begleiten, weil er
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