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Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Titel: Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. med. Hans Bankl
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Schmerzlinderung bei Sterbenden als eine ärztliche Aufgabe an - „Euthanasia medica“. Aber mit diesem Wort Euthanasie beginnen die Schwierigkeiten. Kaum jemand denkt an die originale Bedeutung „guter Tod“. Die Mehrzahl wird - zu Recht - an die verbrecherische Organisierung der Massenvernichtung menschlichen Lebens zur Zeit des Nationalsozialismus erinnert. Hitler, Himmler, Eichmann und viele andere waren die Befehlshaber des Massenmordes, der zum Teil unter dem Decknamen Euthanasie verübt wurde. Mehr als 50 Jahre nach dem Ende der Gewaltherrschaft bemühen wir uns, den Begriff Euthanasie auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückzuführen.
    Denn:
Eine Minderheit fürchtet sich vor dem Tod und dem Totsein. Die Mehrheit hat Angst vor qualvollem Sterben.
Um das zu ändern, müssen wir allerdings Gesetze ändern, und dies wird schwierig. Aber brauchen wir die Gesetze? Das Gewissen eines wahren Arztes, eines Kenners von Leben und Sterben, müßte genügen, um zu entscheiden, was zu tun ist.
Ich bekenne mich zu folgenden Grundsätzen:
Eine Verlängerung des zwangsläufig zu Ende gehenden Lebens durch ärztlich-maschinellen Einsatz ist sinnlos.
Es ist Aufgabe des Arztes zu erkennen, daß jemand stirbt. Jeder Sterbende - mit Ausnahme eines Menschen, der hinterrücks in den Kopf geschossen wird - leidet zu lange.
Dem sterbenden Menschen muß ärztlich geholfen werden. Die Medizin der Gegenwart hat genügend Möglichkeiten, Schmerzen zu stillen und Angst zu lindern: Warum setzt man dies nicht ausreichend ein?
Die hin und wieder aufflackernde Diskussion über Morphin, das zur Sucht führen kann, ist im Angesicht des Todes nicht mehr von Bedeutung.
Epikur, der Philosoph des Diesseits, erklärte den Tod für nicht so wichtig: „Denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da. ist, sind wir nicht mehr.“
Das mag für den Tod gelten.
Aber das Sterben ist völlig anders: lang dauernd oder plötzlich, erwartet oder unerwartet, schmerzhaft oder nicht. Vor allem die Art des Sterbens ist ungerecht, weil willkürlich. Es ist schwer bis unmöglich, an ein steuerndes, eingreifendes, höheres Wesen zu glauben, wenn man mit anschauen muß, wie unterschiedlich die Menschen sterben. Der größte Gauner, ja Verbrecher kann einen leichten Tod haben, der Menschenfreund dagegen muß unsäglich leiden, und der Gläubige stirbt verlassen, einsam und überdies qualvoll.
Wer immer es auch ist, der stirbt - Hilfe beim Sterben sollte zu den Pflichten der (noch) Lebenden gehören.
Kein Sterbender kann sich selbst helfen.
Die Frage, die uns alle beschäftigt, auch wenn wir sie lange von uns weisen, ist die nach unserer eigenen letzten Lebensstunde. Die Situation ist am treffendsten mit Worten Carl Spitzwegs, des Apothekers, Malers und Poeten, zu skizzieren:
    „ Oft denk' ich an den Tod, den herben, Und wie am End' ich's ausmach'?! Ganz sanft im Schlafe möcht' ich sterben - Und tot sein, wenn ich aufwach'„!
    Eine Diskussion über Hilfe beim Sterben wird derzeit leider zu keinem offiziell-akzeptablen Ergebnis fuhren. Die Einmischung der Religionsvertreter ist mangels Kompetenz unpassend. Die Wortmeldungen der Juristen sind überflüssig, denn wir sterben nicht nach den Vorschriften von Paragraphen. Den Politikern fehlt der Mut, als Volksvertreter für Humanität zu sorgen.
Eine Verbesserung der Lebensqualität ist wichtiger als die reine Lebensverlängerung. Hat das Leben keine Qualität mehr, so ist die verbleibende Quantität eine Qual. Und die Alternative „Qualität oder Qual“ müßte doch zu bewältigen sein. Daß dies geht, hat uns der schwerkranke Sigmund Freud gezeigt, als er um Euthanasie bat.

DAS SCHÖNERE WORT
    Die panische Angst und geistige Flucht vor dem Erinnertwerden an das Sterben hat in unserer Sprache zu einer Vielzahl von bildlichen Umschreibungen geführt. Der Tod wird nicht beim Namen genannt, sondern es werden Vergleiche herangezogen, die sich bewußt lebendig anhören. So hat sich, in Anlehnung an Berufe und Lebensweisen, eine bunte Vielfalt von Sterbensbezeichnungen eingebürgert.
Der Gelehrte gab den Geist auf, dem Dichter wurde die Feder aus der Hand genommen.
Der Pfarrer segnete das Zeitliche, der Atheist mußte daran glauben, der Religiöse hat seine Seele ausgehaucht.
Der Koch hat den Löffel weggelegt, dem Glöckner schlug das letzte Stündlein, des Uhrmachers Uhr ist abgelaufen.
Der General wurde zur großen Armee abberufen, der Feldwebel ist zum alten Haufen abgefahren, der

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