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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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verdunstete fast sofort wieder, wenn er ihre Mäntel berührte.
    Jeremy legte ihr den Arm um die Schulter, und sie senkte den Kopf. Er küsste sie auf die Haare. Falls sie Make-up aufgetragen hatte, war es seit langem verblasst. Das Shampoo, das sie morgens benutzt hatte, wies eine Note von OP-Antiseptika auf.
    Innerhalb von Sekunden lehnte sie sich an ihn. Sie war schwer für eine so schmale Frau. Die drei dunklen Häuserblocks bis zu dem Restaurant legten sie langsam und unbeholfen zurück.
    Als Sarnos Neonschild – der dreifarbige Stiefel Italiens – in Sicht kam, sagte Angela: »Jeremy, ich bin
so
müde.«
    Sie brachte ein Drittel ihrer Spaghetti carbonara und ein halbes Glas Eistee hinunter. Jeremys Appetit war wieder so schwach wie zuvor; die gestrige Schlemmerei schien viel länger zurückzuliegen, eine Verirrung. Er pickte in seinen Ravioli herum, schaffte es, ein Glas eines herben Chianti auszutrinken.
    Sie stritten sich spaßeshalber um die Rechnung, bis Angela ihm schließlich erlaubte, sie zu begleichen. Ihr Pieper ging los, und sie ging ans Telefon, um zurückzurufen. Sie lächelte, als sie wieder an den Tisch kam. »Das war Marty Bluestone – auch ein Assistenzarzt. Morgen ist sein Hochzeitstag, und er will abends seine Frau ausführen. Deshalb hat er angeboten, heute Abend meine Schicht zu übernehmen. Ich habe also bis morgen frei.«
    Unter ihrem blauen Mantel trug sie legere Kleidung – Pullover, Jeans und Tennisschuhe. Ohne ihren Arztkittel und ihr Stethoskop sah sie aus wie eine Collegeschülerin.
    »Am Telefon hast du gesagt, es wäre nicht alles in Ordnung.«
    »Ich hab mich wie ein Baby angestellt«, sagte sie. »Es war direkt nach dem Ende meiner Schicht.«
    »Ein harter Tag, hmm?«
    »Einer von den ganz harten. Zwei unerwartete Blutungen, ein paar andere üble Überraschungen.« Sie nahm noch eine Gabel von ihrer Pasta, gab dann aber auf.
    »Heute Morgen hab ich zugesehen, wie Dr. MacIntyre den Brustkorb einer Frau geöffnet hat, die nie in ihrem Leben geraucht hat. Ihr rechter Lungenflügel war kohlrabenschwarz. Er sah aus wie Grillkohlenasche. Der linke ist nicht viel besser. Ich hätte nicht dabei sein müssen, aber ich hatte die Aufnahme gemacht, und die Frau gefiel mir. Und ich wollte sehen, was wirklich mit meinen Patienten geschieht. Jeremy, sie ist eine wirklich liebe, nette Frau, war früher Nonne und hat in der Armenpflege gearbeitet. Und jetzt steht ihr ein Ende voller Qualen bevor.«
    »Die arme Frau.«
    »Als sie im Krankenhaus ankam, dachte sie, sie hätte Bronchitis oder vielleicht eine chronische Erkältung. Ich hab den üblichen Blaseball-Test mit ihr gemacht, und ihre Lungenkapazität war die niedrigste, die ich je gesehen habe; es ist erstaunlich, dass sie sich auf den Beinen halten konnte. Ich hab sie direkt zum Röntgen geschickt. Ich hab mit ihr angefangen, also ist sie schließlich wieder bei mir gelandet. Eigentlich hätte ihr der behandelnde Arzt die Diagnose beibringen müssen, aber er hat es mir überlassen – zu viel zu tun. Ich hab mich zu ihr gesetzt, hab ihr gesagt, sie müsste operiert werden und warum. Sie hat nicht mal geblinzelt. Hat bloß gesagt: ›Vielen Dank, Dr. Rios, dass Sie es mir so nett beigebracht haben.‹«
    »Du musst deine Sache gut gemacht haben.«
    Angelas Augen wurden feucht. Sie rieb sie sich und griff nach Jeremys Chianti. »Darf ich?«
    »Ich bestell dir ein Glas.«
    »Nein, ich möchte aus deinem trinken.« Sie nahm einen Schluck und hielt ihm das Glas hin. Sie verschränkten die Arme, und Jeremy trank. Er hatte das mal bei einer Hochzeit gesehen – vielleicht einer jüdischen Hochzeit. Braut und Bräutigam miteinander verflochten. Aufregender Symbolismus.
    »Sie ist Nichtraucherin«, sagte er. »Hat sie irgendwo passiv mitgeraucht?«
    »Ihr Vater«, erklärte Angela. »Er ist alt, hat Diabetes, sie kümmert sich seit zwanzig Jahren in einer Zweizimmerwohnung um ihn. Er raucht Kette. Man hat letztes Jahr ein Szintigramm bei ihm gemacht. Sein Zucker liegt bei 320, und sein Kreislauf ist am Ende, aber seine Lunge ist einwandfrei.«
    »Die Sünden der Väter«, sagte Jeremy, ohne nachzudenken.
    »Kann sein.« Ihre Stimme war leise und niedergeschlagen. Sie spielte mit ihrer Gabel.
    Jeremy fragte sich, ob er leichtfertig geklungen hatte. »Du hast ein wenig Erholung verdient«, sagte er. »Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich dazu beitragen dürfte.«
    »Das hört sich gut an – gehen wir.«
    Sie hatte den Bus zum

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