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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gewesen, wenn er das nächste Mal bewaffnet aufgetaucht wäre.
    Als die beiden den Raum verließen, standen drei Männer des nutzlosen Sicherheitsdienstes herum, den das Krankenhaus unter Vertrag hatte, und versuchten, kompetent auszusehen.
    »Alles unter Kontrolle«, sagte Jeremy. »Sie können gehen.«
    Der größte Sicherheitsmann sagte: »Jetzt hören Sie mal, Doc …«
    »Gehen Sie.«
    Die Zeit, die er mit dem armen Mann verbracht hatte, munterte ihn auf. Er war dem Ruf zu den Waffen gefolgt wie der treue Angehörige der geistigen Gesundheitsarmee, der er war. Jeder gute Soldat kannte den Schlüssel zur erfolgreich geführten Schlacht: Tod des Individuums im Dienst des höheren Zwecks.
    Er kam sich nobel und depersonalisiert vor, als er in sein Büro zurückkehrte.
    Angela hatte vor dreißig Minuten angerufen. Er ließ sie ausrufen, wurde zur Brustmedizin weiterverbunden, wo eine Angestellte ihm mitteilte, dass Dr. Rios gerade zu einer Notoperation an der Lunge gerufen worden sei.
    Das verblüffte ihn. Angela war eine Assistenzärztin, keine Chirurgin. Zweifellos würde es eine Erklärung dafür geben.
    Er warf einen Blick auf sein unfertiges Manuskript und zog los, um seine Post abzuholen. Heute war es ein dicker Stapel; er ging die üblichen Memos, Bettelbriefe, Ankündigungen von Konferenzen und Symposien durch und stieß ganz unten auf einen großen braunen Umschlag, wie sie hausintern benutzt wurden.
    Dieser war von der Abteilung für Otolaryngologie geschickt worden. Kein Name in dem freien Raum für den Empfänger. Seine letzte Konsultation bei einem HNO-Patienten lag mehrere Monate zurück – ein Tumor am Innenohr, der sich als tödlich erwies –, und er fragte sich, was sie jetzt von ihm wollten.
    In dem Umschlag waren fotokopierte Seiten, die nichts mit Hals, Nasen oder Ohren zu tun hatten.
    Ein siebzehn Jahre alter Artikel aus einer ophthalmologischen Zeitschrift.
    Ablation von kornealem Gewebe
    mit Hilfe des CO
2
-Vari-Pulsar-4532-Laserskalpells
    der 2. Generation …
    Die Autoren waren Mitglieder eines Chirurgenteams mit Hauptsitz an der Königlichen Medizinischen Hochschule in Oslo. Ein internationales Team – norwegische Namen, russische Namen, englische Namen. Keiner von ihnen hatte auch nur die geringste Bedeutung für Jeremy.
    Offenbar ein Irrtum; er hatte die Post von jemand anderem bekommen, was bei den Päckchen, die durch die Poströhren in den feuchten Krankenhauswänden zischten, nicht gerade selten vorkam. Vielleicht hatte eine Sekretärin etwas verwechselt.
    Er rief in der Otolaryngologie an und sprach mit einem Sekretär, der nicht die leiseste Ahnung hatte, wovon Jeremy redete. Er warf den Artikel in den Papierkorb und hob den Umschlag für eine eventuelle Wiederverwendung auf. Verpflichtung zur Kostensenkung und so. Die Finanzabteilung hatte gerade eine weitere Anordnung zum Thema Sparmaßnahmen erlassen.
    Als er den Umschlag zusammenfaltete, hörte er darin ein Geräusch. Etwas hatte sich unten verkeilt, und er zog es heraus. Eine kleine weiße Karteikarte, eine getippte Nachricht.
    Zu Ihrer Kenntnisnahme
    Er sah sich den Umschlag noch einmal an. Nein, es war kein Empfänger angegeben; das musste ein Irrtum sein. Er behandelte fast nie Patienten mit Augenkrankheiten, konnte sich an keinen innerhalb der letzten Jahre erinnern – der letzte Fall, da war er ziemlich sicher, war vor fünf Jahren gewesen, eine blinde Frau, die beschlossen hatte, sich einfach zusammenzurollen und zu sterben. Nach zwei Monaten Psychotherapie war Jeremy der Ansicht, ihr geholfen zu haben, und niemand hatte ihm etwas anderes berichtet. Warum um alles in der Welt sollte er an Lasern interessiert sein?
    Er holte den Artikel wieder aus dem Papierkorb, las ihn und stellte fest, dass er das typische medizinische Kauderwelsch enthielt, überladen mit Zahlen und Tabellen, kaum verständlich. Er nahm sich die Zusammenfassung vor. Der entscheidende Punkt war, dass man Laserskalpelle vor siebzehn Jahren für gute, saubere Schneidewerkzeuge gehalten hatte.
    Schneidewerkzeuge …
Humpty-Dumpty
… nein, das war albern. Wenn sein Verstand nicht von dem Alkohol des vergangenen Abends und der Verwirrung und dem Vortrag über Kriminalität benebelt gewesen wäre, hätte er diesen Schluss nie gezogen.
    Was für ein seltsamer Abend. Im Rückblick kam er ihm komisch und leicht unwirklich vor. Er lächelte schmerzlich bei der Erinnerung an seinen akuten Anfall von Bedürftigkeit. Warum hatte er sich überhaupt Gedanken

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