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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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verstummte.
    »Wozu wäre Ricky fähig?«
    Er lächelte sie an. »Ricky ist einmal gestorben, und jetzt hat er vielleicht nichts mehr, wofür sich noch zu leben lohnt. Weshalb es weitaus weniger beängstigend sein könnte, ein zweites Mal zu sterben, vielleicht sogar viel weniger schmerzhaft, meinen Sie nicht?«
    Er sah Virgil mit einem eindringlichen, forschenden Blick an. »Ich könnte ganz einfach zu allem fähig sein.«
    Virgil wechselte unbehaglich die Stellung. Rickys Ton warscharf. Kompromisslos. Er erinnerte sich daran, dass die entscheidende Stärke seiner Vorstellung an diesem Tag darin lag, dass ihn mit dem so leicht zu manipulierenden, verängstigten Mann, den sie vor einem Jahr in den Selbstmord getrieben hatten, nichts mehr verband. Und das kam, wurde ihm klar, der Wahrheit recht nahe.
    »Unberechenbar. Labil. Ein gewisser manischer Zug vielleicht. Gefährliche Mischung, oder? Eine möglicherweise explosive Mischung.«
    Sie nickte. »Ja, stimmt.« Sie fasste sich und fiel bei den ersten Worten, die sie sprach, in ihr schillerndes Verhalten zurück, wie er erwartet hatte. Virgil war, wie er wusste, eine sehr ausgeglichene junge Frau. »Aber Sie werden mich nicht hier in diesem Restaurant vor all diesen Leuten erschießen. Wohl kaum.«
    Ricky zuckte die Achseln. »Al Pacino tut genau das. In
Der Pate.
Haben Sie bestimmt gesehen. Jeder, der sich seine Brötchen mit Schauspielerei verdienen will, hat den Streifen gesehen. Er kommt, den Revolver in der Tasche, aus der Herrentoilette und schießt dem anderen Gangster und dem korrupten Polizisten mitten in die Stirn, wirft den Revolver weg und marschiert raus. Sie erinnern sich?«
    »Ja«, sagte sie unsicher. »Ich erinnere mich.«
    »Aber ich mag dieses Restaurant. Als ich noch Ricky war, bin ich mit jemandem, den ich liebte, dessen Gegenwart ich aber nie so richtig gewürdigt habe, hierher gekommen. Und wieso sollte ich diesen anderen Herrschaften hier wohl das gute Essen verderben? Vor allem aber habe ich es nicht nötig, Sie hier zu erschießen, Virgil. Ich kann Sie an jedem x-beliebigen Ort erschießen, weil ich jetzt weiß, wer Sie sind. Ich kenne Ihren Namen, Ihre Agentur. Ihre Adresse. Aber was noch wichtiger ist, ich weiß, was Sie werden wollen. Ich kenne Ihre Ambitionen.Davon auf Ihre Bedürfnisse zu schließen, ist nicht schwer. Oder meinen Sie vielleicht, jetzt, wo ich weiß, wer, was und wo Sie sind, könnte ich künftig nicht alles wissen, was ich wissen muss? Sie können meinetwegen Ihre Adresse ändern. Sogar Ihren Namen. Aber Sie können nicht ändern, wer Sie sind und wer Sie werden wollen. Und das ist der entscheidende Punkt, nicht wahr? Sie sitzen genauso in der Falle wie Ricky seinerzeit. Dasselbe gilt für Ihren Bruder Merlin, eine Kleinigkeit, die er heute Morgen auf recht unerfreuliche Weise erfahren hat. Sie haben einmal Ihr Spiel mit mir getrieben und jeden meiner Schritte und die Beweggründe dafür vorausgesehen. Und jetzt werde ich mit Ihnen ein neues Spiel spielen.«
    »Und wie sieht das aus?«
    »Es ist ein Spiel, das nennt sich ›Wie bleibe ich am Leben?‹ Bei dem Spiel geht es um Rache. Ich denke, ein paar der Regeln kennen Sie schon.«
    Virgil war blass geworden. Sie griff nach einem Glas Eiswasser und nahm einen ausgiebigen Schluck, während sie Ricky anstarrte.
    »Er wird Sie finden, Ricky«, flüsterte sie. »Er wird Sie finden und töten und mich beschützen – so, wie er es immer getan hat.«
    Ricky beugte sich vor wie ein Priester, dem im Beichtstuhl ein dunkles Geheimnis zu Ohren kommt. »So wie jeder ältere Bruder? Nun denn, er mag es versuchen. Sie werden allerdings begreifen, dass er jetzt so gut wie nichts mehr darüber weiß, was für ein Mensch ich geworden bin. Sie alle drei sind auf der Jagd nach Mr. Lazarus und schon – wie oft? Einmal? Zweimal? Vielleicht dreimal? – dachten Sie, er könnte Ihnen nicht mehr entwischen. Was haben Sie in der Nacht im Haus eines gewissen Mannes gedacht, der unser beider Weg gekreuzthat? Dass Sie ihn um Sekunden verfehlt haben? Und soll ich Ihnen was verraten? Schwupp, gleich ist er verschwunden. Jeden Moment, denn er hat gerade so ziemlich jedes bisschen Nutzen aus diesem Leben gezogen. Aber bevor er geht, wird er vielleicht demjenigen, in dessen Haut er als Nächstes schlüpft, alles erzählen, was er über Sie und Merlin und jetzt auch Mr. R. wissen muss. Und wenn man all das zusammennimmt, Virgil, macht mich das, glaube ich, zu einem sehr gefährlichen Gegner.«
    Er

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