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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Stille, dann meldete sich die vielleicht nicht gerade vertraute, aber doch wiedererkennbare Stimme des Depotbevollmächtigten in der Leitung. Rickys Wertpapiere waren allesamt konservativ, unspektakulär, sichere Rentenpapiere und Fonds. Kein Schnickschnack, keine trendigen Spekulationen, sondern einfach nur bescheidene, stetige Gewinne. Auch handelte es sich um keine großen Beträge.Unter allen Sparten ärztlicher Tätigkeit waren Psychoanalytiker in der Höhe ihrer Honorarforderungen wie auch der Zahl ihrer Patienten am stärksten eingeschränkt. Anders als ein Radiologe konnten sie nicht im gleichen Zeitraum drei Patienten in verschiedenen Untersuchungszimmern abfertigen oder wie der Anästhesist – am Fließband – von einem Fall zum nächsten eilen. Psychoanalytiker wurden selten reich, und Ricky bildete keine Ausnahme von der Regel. Er besaß das Haus auf Cape Cod und die Wohnung, und das war’s dann auch schon. Kein Mercedes. Keine zweimotorige Piper. Keine vierzehn Meter lange Jolle namens
Icutknees
, die im Long Island Sound vor Anker lag. Nur ein paar umsichtig getätigte Aktienkäufe zur Alterssicherung, für den Fall, dass er irgendwann einmal beschließen sollte, seine Patientenzahl zu verringern. Ricky sprach vielleicht ein-, zweimal im Jahr mit seinem Börsenmakler, mehr nicht. Er hatte sich in den Gewässern dieses Mannes stets zu den kleinen Fischen gezählt.
    »Dr. Starks?« Der Angestellte meldete sich in schroffem, hastigem Ton. »Tut mir leid, dass Sie warten mussten, aber wir versuchen gerade, einem Problem auf den Grund zu gehen …«
    Rickys Magen schien leer und angespannt. »Was für ein Problem?«
    »Also«, sagte der Makler, »haben Sie ein eigenes Portfolio für Privatanleger bei einem dieser neuen Online-Makler eröffnet? Weil …«
    »Nein. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Das ist ja gerade das Verwirrende. Wie’s aussieht, hat es beträchtliche Tagesspekulationen von Ihrem Konto aus gegeben.«
    »Was sind Tagesspekulationen?«, erkundigte sich Ricky.
    »Es handelt sich dabei um den schnellen Handel mit Aktien, mit dem Ziel, den Marktbewegungen eine Nasenlänge voraus zu sein.«
    »Okay, das habe ich verstanden. Aber so was mache ich nicht.«
    »Hat noch jemand Zugang zu Ihren Konten? Vielleicht Ihre Frau …«
    »Meine Frau ist vor drei Jahren verstorben«, sagte Ricky kalt.
    »Natürlich«, beeilte sich der Makler. »Ich erinnere mich. Ich bitte um Entschuldigung. Aber vielleicht jemand anders. Haben Sie Kinder?«
    »Nein. Wir hatten keine Kinder. Wo ist mein Geld?«
    Ricky sprach in scharfem, forderndem Ton.
    »Nun ja, wir suchen danach. Das könnte ein Fall für die Polizei sein, Dr. Starks. Genauer gesagt, gehe ich, wenn ich darüber nachdenke, tatsächlich davon aus. Das heißt, falls es jemandem gelungen ist, sich widerrechtlich Zugang zu Ihrem Konto zu verschaffen …«
    »Wo ist das Geld?«, beharrte Ricky.
    Der Makler zögerte. »Das kann ich im Moment noch nicht sagen. Ich weiß nur, dass es beträchtliche Bewegungen auf Ihrem Konto gegeben hat …«
    »Was meinen Sie mit Bewegungen? Das Geld hat doch einfach nur da gelegen …«
    »Na ja, nicht so ganz. Es hat buchstäblich Dutzende, vielleicht sogar hunderte Geschäfte, Überweisungen, Verkäufe, Investitionen gegeben …«
    »Und wo ist es jetzt?«
    Der Makler fuhr ungerührt fort. »Eine wirklich außergewöhnliche Spur extrem komplizierter und aggressiver Transaktionen …«
    »Sie beantworten meine Frage nicht«, sagte Ricky in kaum noch verhaltenem Ärger. »Meine Ersparnisse. Meine Alterssicherung, meine Bargeldreserven …«
    »Wir gehen der Sache auf den Grund. Ich habe meine besten Leute auf den Fall angesetzt. Ich werde unseren Leiter der Wertpapierabteilung bitten, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, sobald sie ein bisschen vorangekommen sind. Bei all den Aktivitäten kann ich mir nicht erklären, wieso hier niemand gemerkt hat, dass da was faul ist …«
    »Aber mein ganzes Geld …«
    »Im Moment«, sagte der Angestellte gedehnt, »ist keins da. Jedenfalls, so weit wir es überblicken.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Ich wünschte, es wäre so«, fuhr der Mann fort, »aber keine Sorge, Dr. Starks. Unsere Ermittler werden den Transak tionen auf den Grund gehen. Wir werden hinter die Sache kommen. Und Ihre Konten sind versichert, teilweise jedenfalls. Früher oder später klären wir die ganze Angelegenheit. Es wird nur eine Weile brauchen, und wie gesagt müssen wir wohl die Polizei oder die

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