Der Perfekte Eroberer
einer üblichen Standarderöffnung übers Wetter. Es ist extrem nebelig und du sagst beiläufig: »Junge, man sieht ja heute die Hand vor Augen nicht.« Die von dir angesprochene
Frau erwidert: »Stimmt, aber ich find’s eigentlich ganz romantisch. Bei dem Wetter kann man es sich gut mit einer Tasse Tee und einem guten Buch zu Hause gemütlich machen.« Du könntest das Gespräch an dieser Stelle beenden. Es kann dir aber auch auffallen, dass deine Gesprächspartnerin spontan auf ihre Freude an guter Literatur zu sprechen kam und nicht etwa auf die Probleme, die der Nebel für den Straßenverkehr bedeutet. Beim Thema »Bücher« könntest du einhaken und nachfragen.
Kommunikationsexperten wie die amerikanische Bestsellerautorin Leil Lowndes gehen so weit zu behaupten, wenn man es nicht allzu offensichtlich anstelle, könne man ein komplettes Gespräch führen, indem man einfach nur Stichworte aufgreift, die der andere liefert. Etwas ironisch wird diese Taktik als »Therapeuten-Technik« bezeichnet. Warum wird vielleicht klar, wenn ich sie etwas überdeutlich parodiere:
»Hab ich dich nicht neulich in einem Germanistikseminar gesehen?«
»Nein, ich studiere Filmwissenschaft.«
»Filmwissenschaft?«
»Ja, bei Stiglegger. Ich schreibe gerade meine Magisterarbeit. «
»Oh, deine Magisterarbeit!«
»Genau. Über narrative Erzählstrategien in der Neo-Moderne. «
»Der Neo-Moderne?«
»Ja, weißt du, es gibt die Theorie, dass die ganzen filmischen Verspieltheiten der Postmoderne in den letzten Jahren durch eine neue Suche nach einem übergreifenden Weltbild abgelöst werden, das dem Publikum wieder etwas zu sagen hat. Was natürlich extrem problematisch ist, und
eben diese Problematik wird thematisiert. Allerdings wird dabei weiterhin auf postmoderne Verfahren zurückgegriffen. Wie mach ich dir das jetzt klar … Na, denk zum Beispiel mal an die ›Matrix‹ …«
»Die Matrix?«
Und so weiter. Beachte bitte, dass der eine der beiden Sprecher überhaupt keine Ahnung von dem zu haben braucht, wovon der andere schwafelt. Mit etwas Glück kann er sich die ganze Zeit über dessen attraktiven Gesichtszügen widmen. Dennoch wird sich der andere zum Schluss sehr wohlfühlen, weil du ihm Gelegenheit gegeben hast, ausführlich sein Lieblingsthema darzustellen und mit seinem Kenntnisstand zu brillieren. Wenn du Pech hast oder es dermaßen plump und übertrieben anstellst wie in meinem Beispiel, fällt deinem Gesprächspartner allerdings früher oder später auf, welche Nummer du da abziehst. Vielleicht fühlt er sich dann veralbert, vielleicht hält er es aber nur für ein eigentümliches Gesprächsverhalten von dir. So oder so wäre es jedenfalls sinnvoll, wenn du diese Methode nicht bis ins Letzte ausreizt, sondern zum Beispiel deine eigene Ansicht äußerst oder mit eigenen Worten zusammenfasst, was du meinst, verstanden zu haben.
Das geschilderte Manöver funktioniert übrigens nicht nur bei Sachthemen, sondern zum Beispiel auch, wenn die betreffende Person von ihrer Jugend, ihren Hobbys, ihrer Lebensphilosophie oder ihrer letzten Beziehung berichtet. Übe dich ruhig ein wenig in der Kunst, ein aufmerksamer Zuhörer zu sein. Du vermittelst der von dir angesprochenen Frau dadurch, dass sie eine interessante und unterhaltende Gesprächspartnerin ist, und dafür wird sie dich mögen.
Höre aktiv zu. Aktives Zuhören bedeutet, nicht alles Gesagte auf sich einströmen zu lassen, als ob man einen Film schauen würde, sondern gegenseitiges Vertrauen im Gespräch aufzubauen. Wirf Worte ein, die Aufmerksamkeit oder emotionale Beteiligung signalisieren, beispielsweise »Echt?« oder »Das ist ja nicht zu fassen!« Frage nach, etwa was den Gefühlszustand des anderen angeht (»Da warst du bestimmt arg genervt, oder?«) beziehungsweise den Sachverhalt (»Hab ich dich jetzt richtig verstanden, dass …?«) Bring deine eigenen Gefühle ein (»Also ich an deiner Stelle wäre da ganz schön sauer!«) oder vergleiche das Geschilderte mit deinen eigenen Erlebnissen (»Gott, so was Ähnliches ist mir auch mal passiert! Damals war ich noch Praktikant und musste …«).
Bereite dich vor, beispielsweise indem du dich über aktuelle Themen informierst. Damit du dich mit unterschiedlichen Menschen gut unterhalten kannst, ist es wichtig zu wissen, worüber man gerade spricht. Wenn du beispielsweise Experte in Sachen Computer bist, hilft dir das leider gar nicht, wenn du auf jemanden triffst, den das nicht die Bohne interessiert. Du
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