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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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ein adliger Geck in Gewändern aus vierundzwanzigerlei Tuch oder im vornehmen, goldbestickten Karmesinrot. Ehefrauen bedeckten ihr Haar nicht mehr auf der Straße, sondern ließen es offen über die Schultern fallen wie die Hübschlerinnen, der Ausschnitt ihrer Gewänder verbarg die Brüste nicht einmal mehr halb. Sogar auf Bauern war Benedikt getroffen, die feine Schnallenschuhe trugen, grünes und rotes Tuch aus Gent, das Wams modisch eng mit weiten Prunkärmeln dran, die Gürtel mit Metall beschlagen, mit Täschchen dran für Geld und Gewürze und dazu schreiend rote Hüte.
    Eines Sonntags, genau eine Woche nachdem seine Mutter krank geworden war, begegnete Benedikt in der Gerberau einem seiner ehemaligen Taglöhner mit riesigen bunten Federn am Hut und silbernen Borten am Rock. Über die Hände hatte er sich statt seiner wollenen Fäustlinge venezianische Lederhandschuhe gezogen. Er hieß Jösli und hatte ihn dazumal zusammen mit Degenhart, dem Koch, verprügelt.
    Zwar war das lange her, und Jösli hatte sich bei ihm als Einziger der Beteiligten hernach entschuldigt, aber jetzt versetzte der Anblick dieses Gecken Benedikt in Wut.
    Mit einem einzigen Fausthieb fegte er ihm den albernen Hut vom Kopf.
    «Kommst dir wohl vor wie der Graf von Freiburg, was?»
    «He, was soll das?»
    Jösli bückte sich nach dem Hut, der in einer schlammigen Pfütze gelandet war. Bevor er ihn aufheben konnte, hatte Benedikt seinen Fuß auf die Krempe gesetzt.
    «Hast dir also auch ein Stück vom Kuchen abgeschnitten? Welcher tote Bürgersmann war es denn, den du bestohlen hast? Den eitlen Münsterschaffner vielleicht? Oder den Apotheker aus der Salzgasse? Den Ratsherrn Pfefferlein? Für solche wie dich muss unsre Stadt ja grad eine wahre Goldgrube sein.»
    «Gib mir den Hut zurück. Ich hab ehrlich gearbeitet dafür.»
    «Ha, dass ich nicht lache! Sag mir, wo man heut noch ehrliche Arbeit findet, und ich such mir augenblicklich auch was. Im Gegensatz zu dir kann ich mich nämlich nicht in Samt und Seide kleiden.»
    Benedikt zog den Hut mit der Ferse durch den Schlamm. Die buschigen Federn wurden zu einem graubraunen Klumpen.
    «Hör auf damit!» Jösli blickte sich hilfesuchend um, aber sie waren allein auf der Gasse. Nur zwei Frauen, die jenseits der Holzbrüstung unten am Stadtbach Ziegenhaut schabten, glotzten neugierig herauf.
    Als Jösli die Hand austreckte, um wenigstens den Hut zu retten, trat Benedikt ihm mit voller Wucht auf den Handrücken. Der Taglöhner jaulte auf.
    «Du Dreckskerl.»
    Benedikt lachte nur. «Schlag mich doch, hau drauf. So wie damals mit Degenhart. Was ist? Hat dich der Mut verlassen, so allein mit mir?»
    Jösli streifte seine Handschuhe ab und rieb sich den schmerzenden Handrücken.
    «Ich hab doch schon gesagt, dass es mir leidtut wegen damals.»
    «Ja, das hast du. Ach herrje – da sind ja jetzt ganz ekelhafte Flecken auf deinen feinen Lederhandschuhen. Zeig her.»
    Er riss ihm die Handschuhe weg und warf sie über die Holzbrüstung, den Frauen genau vor die Füße.
    «Die könnt ihr wohl brauchen für euer raues Handwerk», rief er hinunter. Die Frauen lachten und bückten sich nach der unverhofften Gabe.
    Als Benedikt sich wieder umdrehte, fuhr ihm Jöslis Faust gegen das Kinn. Der Schlag war nicht allzu hart, aber er genügte, um endgültig Benedikts Zorn auf die ganze Welt zu entfesseln. Er schlug zurück, zwei-, dreimal dem andern mitten ins Gesicht, dann in die Magengegend, sodass Jösli zusammenklappte, riss ihn schließlich zu Boden, wälzte sich mit ihm im Dreck und prügelte dabei in rasender Wut auf ihn ein. Er hörte erst auf, als er merkte, dass der Kerl sich nicht mehr wehrte.
    Schwankend kam Benedikt wieder auf die Beine und wischte sich das Blut von der Nase.
    «Ich denke, das reicht für heute», zischte er. Jösli wimmerte nur noch leise vor sich hin. Da bückte sich Benedikt, riss ihm die Schnallen von den Schuhen, die silbernen Zierknöpfe von der Tunika, schleuderte alles in die braune Brühe des Bachs und klaubte zu guter Letzt einen Silberpfennig aus Jöslis Geldkatze. Dafür bestellte er sich, verdreckt, wie er war, wenig später in einerTaverne ein Krüglein Wein. Ein schlechtes Gewissen hatte er nicht, im Gegenteil. Das Ganze hatte unglaublich gutgetan.
     
    Als Benedikt an diesem Nachmittag heimkehrte, überraschte er Mechthild in der Küche, wie sie angespannt auf ein kleines, blitzblankes Messer starrte, das vor ihr auf der Tischplatte lag.
    «Was tust du da?», fragte

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