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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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du Benedikt und meine Schwester um Verzeihung.»
    Aarons Stimme war fest und ruhig. In seinen dunklen Augen und dem bärtigen Gesicht stand nichts als Verachtung.
    «Lass mich los», krächzte Meinwart. «Ich krieg keine Luft.»
    «Sag zu ihnen: Bei der Güte unseres Herrn – es tut mir leid.»
    Inzwischen hatte sich Benedikt aufgerappelt. Jeder Muskel tat ihm weh, die Nase brannte, sein Gesicht war blutverschmiert. Esther, die die ganze Zeit dabeigestanden hatte, wagte er kaum anzusehen. Er schämte sich, weil er seinen Gegner nicht allein bezwungen hatte, mehr aber noch, weil er tatsächlichgeglaubt hatte, sie hätte etwas mit Meinwart zu schaffen. Das allein hatte nämlich verhindert, dass er früher eingegriffen hatte. Es war seine Schuld, dass Esther überhaupt in diese Lage geraten war.
    «Los, sag es!»
    «Niemals.»
    Da schlug ihm Aaron rechts und links ins Gesicht, immer wieder, bis Meinwart keuchte: «Es – tut – mir leid.»
    «Sag: Bei der Güte unseres Herrn.»
    «Bei   – Güte   – Herr   …» Der Rest ging in Schluchzen über.
    Aaron erhob sich.
    «Tut es sehr weh?», fragte er Benedikt.
    «Geht schon.» Benedikt trat zu Esther und nahm ihre Hand. «Es tut mir so leid. Ich wollte, ich hätte   …»
    Er sah, dass sie am ganzen Körper zitterte. Plötzlich schlang sie ihm die Arme um den Hals und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. Lautlos begann sie zu weinen.
    Eine Zeit lang war nichts zu hören als das Geschnatter der Enten. Schweigsam standen sie da, Benedikt, Esther, Aaron und die beiden Kleinen. Die neugierigen Gaffer, die auf der anderen Seite des Stadtgrabens herumlungerten, zerstreuten sich. Meinwart hatten sie fast vergessen.
    «Du musst heim zu deinem Vater», sagte Aaron schließlich zu Benedikt. «Dein Gesicht sieht übel aus.»
    «Danke, dass du mir geholfen hast.»
    Aaron grinste. «War ja nicht das erste Mal, dass ich dir aus der Patsche geholfen hab. Wenn das letzte Mal auch bestimmt zehn Jahre her ist. Weißt du noch, wie du mal auf drei Gassenbuben zugleich losgegangen bist?»
    Jetzt musste auch Benedikt grinsen, was reichlich schmerzhaft war. «Die wollten Esther ihr neues Windrad wegnehmen.»
    Im Stillen dachte er: Wäre Aaron nicht Jude, wären sie wahrscheinlich von Anbeginn die besten Freunde geworden. Eigentlich jammerschade.
    Währenddessen brachte sich Meinwart mühsam wieder auf die Beine. Sein braunes Haar war dreckverklebt, das ohnehin schiefgeschnittene Gesicht mit der kurzen stumpfen Nase war unförmig verschwollen und blutverschmiert, an der rechten Braue klaffte eine Platzwunde. Als er ausspuckte, sah man, dass ihm ein Schneidezahn fehlte. Benedikt fragte sich unwillkürlich, ob er selbst genauso furchtbar aussah.
    Aus sicherem Abstand und mit hasserfülltem Blick auf Aaron zischte Meinwart: «Das wirst du mir büßen, du beschnittene Judensau! Beim nächsten Mal schneid ich dir die Eier ab und werf sie den Hunden zum Fraß vor. Das schwör ich dir bei deinem Judengott!»
    Dann humpelte er davon.
    Aaron nahm Jossele den Ball aus der Hand. «Der gehört uns nicht», sagte er beinahe entschuldigend und schleuderte den Ball Meinwart hinterher.
    «Was machen wir nun?», fragte Benedikt. «Wir können diesen Hundsfott doch nicht einfach laufenlassen. Esther muss ihn beim Schultheißen anzeigen.»
    «Nein.» Esther löste sich von ihm. Sie nahm Jossele und Eli bei der Hand. «Ein Judenmädchen gegen einen Tuchersohn – was soll das geben? Ich will nach Hause.»
    «Meine Schwester hat recht. Wer würde ihr schon Recht sprechen wollen? Aber zumindest wird sich der Kerl nie wieder in ihre Nähe wagen. Gehen wir.»
    «Geht ihr nur schon voraus. Ich möchte noch einen Augenblick verschnaufen.»
    Benedikt sah den Geschwistern nach. Als sich Esther nocheinmal nach ihm umdrehte, glaubte er in ihrem Blick Bewunderung und Zuneigung zu erkennen. Dafür, wie sie ihn eben umarmt hatte, hätte er sich geradewegs noch ein zweites Mal geprügelt.
     
    «Ich glaub es einfach nicht.» Clara war außer sich, als sie die Stube betrat. «Schlägst dich wegen diesem Mädchen halb tot.»
    Benedikt kauerte auf dem Barbierstuhl und ließ sich gerade von seinem Vater das malträtierte Gesicht verarzten. Als der feuchte Lappen seine Nase berührte, schrie er auf.
    «Das Nasenbein ist angebrochen», murmelte der Vater. «Tut mir leid, mein Junge – aber die Nase wird wohl auf ewig krumm bleiben.»
    Er reichte ihm einen Becher, aus dem es nach Branntwein roch. «Trink das, mein Junge. Wir

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