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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Blicke auf ihr.
    »Und?«, fragte der Kastellan knapp.
    Die Magd vollführte hastig etwas, das einem Knicks ähnelte, und teilte den Anwesenden stotternd mit, dass die Herrin mit Mutter und Tochter Bomberg auf dem Weg hierher wären. Unauffällig deutete ihr Ignaz, neben ihm Platz zu nehmen.
    Es war jetzt still im Raum. Rudolph schnarchte nicht mehr, weil ihn das Quietschen und Schlagen der Flügeltür aus seinen Träumen gerissen hatte. Niemand sagte etwas. Der Kastellan stand wie angewurzelt da und die Blaufärber hatten damit zu tun, ihre für wenige Minuten verwöhnten und dementsprechend glänzenden Augen zu beruhigen und sie ebenfalls zur Tür zu lenken.
    Als Judith und Sarah eintraten, wurde es mucksmäuschenstill in dem Raum, in dem vor nicht allzu langer Zeit von des Kastellans Gnaden der ehemalige Ortsvorsteher Ruland Berging zum namenlosen Totengräber degradiert worden war. Während Judith ihrer gramgebeugten Tochter beistand, indem sie einen Arm um sie legte, betrat Konstanze allein und erhobenen Hauptes den Raum.
    Mein Gott, wie bist du schön, dachte der Kastellan, als er seine Frau durch die Tür kommen sah. Die dunklen Augenränder und die extreme Blässe in ihrem Gesicht übersah er geflissentlich. Wider Erwarten stand jetzt keine vor Gram gebeugte und vor Trennungsschmerz jammernde Mutter mit einem verweinten Gesicht, sondern eine stolze Frau mit erhobenem Haupt vor ihm. Obwohl ihnen der Benediktinermönch abgeraten hatte, sich an diesem Gespräch zu beteiligen, wollten die tapferen Frauen unbedingt dabei sein, wenn es darum ging, ob man sich angesichts der vielen Toten der letzten Monate überhaupt noch die Mühe machen sollte, weiterhin alles dafür zu tun, um vielleicht doch noch ein einziges Leben – Lodewigs Leben – retten zu können. Wie dies bewerkstelligt werden konnte, wussten die Frauen natürlich nicht. Sie wussten ja nicht einmal, ob dem jungen Familienvater überhaupt etwas zugestoßen war oder ob er es vielleicht doch aus freien Stücken heraus – aus was für Gründen auch immer – vorgezogen hatte, Staufen den Rücken zu kehren.
    »Bitte nehmt Platz«, gebot der Hausherr höflich, während er die Stühle der Damen zurechtrückte, bevor er sich selbst auf das dicke Samtkissen seines mit geschnitzten Löwenköpfen verzierten Stuhles sinken ließ. »Wir sind heute Vormittag zusammengekommen, um uns gegenseitig zu berichten, was wir bei unserer Suche nach Lodewig gesehen oder besser gesagt, nicht gesehen haben. Aus der Summe des Gesagten werden wir die Entscheidung treffen, ob wir heute weitersuchen … «, der Kastellan räusperte sich, »… oder nicht.«
    Dabei blickte er gequält zu seiner Frau, wandte sich aber sogleich Siegbert und Rudolph zu. »Damit einer von euch umgehend wieder seinen Wachdienst aufnehmen kann, beginnen wir mit euch.«
    Nachdem die beiden Schlosswachen alles Nennenswerte über ihre Suche nach Lodewig berichtet und Siegbert ganz nebenbei darüber geklagt hatte, dass der Schießstand augenscheinlich der allgemeinen Brennholzsuche zum Opfer gefallen war, wollte der Kastellan ihre Meinung über den Sinn einer weiteren Suche wissen. Die beiden sahen zuerst sich an, bevor sie in die Runde blickten. Man merkte ihnen an, dass sie Zeit brauchten, um ihre Antwort zu formulieren. Als sich Siegberts Blick mit dem der Kastellanin kreuzte, kam die Antwort: »Rudolph und ich sind der Meinung, dass wir alles daransetzen müssen, um den jungen Herrn zu finden! Wir würden beide gerne weitersuchen, wenn Ihr es gestattet.«
    Diese Antwort war seiner Herrin ein kaum merkliches, aber dankbares Lächeln wert.
    »Gut! Ihr habt eure Meinung bekundet und könnt jetzt wieder auf eure Posten«, gebot der Kastellan. »Ist noch etwas?«
    »Ja, Herr. Rudolph hat Wachdienst. Ich habe frei. Darf ich hierbleiben?«, bat Siegbert den Kastellan, der zustimmend nickte.
    Nachdem die Blaufärber alles über ihre Suche nach Lodewig berichtet hatten, wurden auch sie gefragt, wie sie zu einer weiteren Suche standen. Der Blaufärber nahm seine Frau an der Hand, die ihm aufmunternd zunickte. »Ihr habt es selbst gesehen. Mein Weib ist dafür, weiterzusuchen. Dasselbe gilt auch für mich. Finden wir den jungen Mann!«
    Dieser Meinung schlossen sich auch Melchior und seine Freunde, die – außer der Sache mit Vater und Sohn Vögel, die Melchior natürlich haarklein erzählte – ebenfalls nichts Nennenswertes in Bezug auf ihre Suche nach Lodewig mitzuteilen hatten, vorbehaltlos an.
    Als Sarah ihren

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