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Der Pfad der Dolche

Der Pfad der Dolche

Titel: Der Pfad der Dolche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Aviendha, ihre Freundin, ihre Nächstschwester, benötigte trotz ihres Lächelns Ermunterung. Aviendha wandte die kleine Elfenbeinfigur in ihren Händen um. Elayne konnte fast sehen, wie sie zu entscheiden versuchte, auf welchem Wege sie die Figur zurückgeben könnte. »Aviendha, du weißt, wie es sich anfühlt, wenn du soviel Saidar festhältst wie möglich? Stell dir vor, doppelt soviel festzuhalten. Stell es dir wirklich vor. Ich möchte, daß du sie benutzt. Einverstanden?«
    Aiel zeigten vielleicht kaum Empfindungen, aber jetzt weiteten sich Aviendhas grüne Augen. Sie hatte bei ihrer Suche über Angreale gesprochen, aber sie hatte zuvor wahrscheinlich niemals daran gedacht, wie es wäre, eines zu benutzen. »Doppelt soviel«, murmelte sie. »Soviel festzuhalten. Das kann ich mir nicht einmal vorstellen. Dies ist ein sehr großes Geschenk, Elayne.« Sie berührte erneut Elaynes Wange und drückte ihre Fingerspitzen daran. Das war die Aiel-Entsprechung eines Kusses und einer Umarmung.
    Was auch immer Nynaeve dem Meervolk zu sagen hatte, es dauerte nicht lange. Sie verließ sie schon bald wieder, wobei sie heftig an ihren Röcken zerrte. Als sie sich Elayne näherte, sah sie Aviendha und den Rand des Abgrunds gleichermaßen grimmig an. Normalerweise leugnete sie, daß sie nicht schwindelfrei war, aber nun achtete sie darauf, daß die beiden anderen Frauen zwischen ihr und dem Abgrund blieben. »Ich muß mit dir reden«, murrte sie und führte Elayne ein kleines Stück auf dem Hügelkamm entlang und weiter vom Rand fort. Nur ein kleines Stück, aber weit genug von allen anderen entfernt, so daß niemand sie belauschen konnte. Sie atmete mehrere Male tief durch, bevor sie leise zu sprechen begann, wobei sie Elayne nicht ansah.
    »Ich ... ich habe mich wie eine Närrin benommen. Daran ist dieser verdammte Mann schuld! Wenn er nicht bei mir ist, kann ich an kaum etwas anderes denken, und wenn er da ist, kann ich überhaupt nicht denken! Du ... du mußt mir sagen, wenn ich ... wenn ich mich töricht verhalte. Ich verlasse mich auf dich, Elayne.« Sie sprach weiterhin leise, aber ihr Tonfall wurde fast klagend. »Ich kann es mir nicht leisten, meinen Verstand wegen eines Mannes zu verlieren, nicht jetzt.«
    Elayne war so erschrocken, daß sie einen Moment nichts sagen konnte. Nynaeve gab zu, töricht gewesen zu sein? Sie hätte beinahe nachgesehen, ob die Sonne grün geworden war! »Es ist nicht Lans Fehler, und das weißt du, Nynaeve«, sagte sie schließlich. Sie verdrängte die Erinnerungen an ihre eigenen, kürzlich gehegten Gedanken an Rand. Dies war nicht dasselbe. Doch die Gelegenheit war ein Geschenk des Lichts. Morgen würde Nynaeve sie wahrscheinlich ohrfeigen, wenn sie behauptete, Nynaeve sei töricht. »Beherrsche dich, Nynaeve. Hör auf, dich wie ein albernes Kind zu verhalten.« Bestimmt keine Gedanken an Rand! Sie hatte Rand nicht so sehr angehimmelt! »Du bist eine Aes Sedai, und du sollst uns anführen. Anführen! Und nachdenken!«
    Nynaeve faltete die Hände über der Taille und ließ den Kopf hängen. »Ich werde es versuchen«, murmelte sie. »Ich werde es wirklich versuchen. Aber du weißt nicht, wie das ist. Ich ... es tut mir leid.«
    Elayne hätte fast ihre Zunge verschluckt. Nynaeve entschuldigte sich noch zusätzlich? Nynaeve war beschämt? Vielleicht war sie krank?
    Es hielt natürlich nicht an. Nynaeve betrachtete plötzlich stirnrunzelnd das Angreal und räusperte sich. »Du hast Aviendha eines gegeben, nicht wahr?« fragte sie mit Nachdruck. »Nun, sie ist gewiß vertrauenswürdig. Schade, daß wir dem Meervolk eines überlassen müssen. Ich wette, daß sie anschließend versuchen werden, es zu behalten! Nun, sollen sie es versuchen! Welches ist meines?«
    Elayne reichte ihr seufzend das Armband mit den damit verbundenen Ringen, und Nynaeve schritt davon, während sie das Schmuckstück an ihre linke Hand anlegte und allen Frauen laut zurief, sie sollten ihre Plätze einnehmen. Manchmal war es schwer, die Anführerin Nynaeve von der Tyrannin Nynaeve zu unterscheiden. Zumindest, solange sie tatsächlich anführte.
    Die Schale der Winde stand inmitten der Felsplatte auf ihrer abgewickelten weißen Umhüllung, eine nahezu flache, schwere Scheibe aus reinem Kristall von zwei Fuß Durchmesser, auf deren Innenseite dicht umherwirbelnde Wolken eingearbeitet waren. Ein reich verziertes Stück und doch schlicht, wenn man bedachte, was sie - hoffentlich - zu bewirken vermochte. Nynaeve nahm ihren

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