Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
dass Sadeas verwundet worden ist.«
»Aber warum sollte er dann die ganze Armee zurückziehen? «, fragte Moasch. »Du glaubst doch nicht etwa, dass er …«
»Sein Banner flattert noch«, sagte Kaladin. »Also ist er vermutlich nicht tot. Es sei denn, sie halten es weiter hoch, damit die Männer keine Panik bekommen.«
Er und Moasch hatten die Seite der Brücke erreicht. Der Rest der Männer stellte sich hastig hinter ihnen auf. Matal befand sich auf der anderen Seite der Kluft und sprach gerade mit dem Kommandanten der Nachhut. Nach einem kurzen Austausch überquerte Matal den Abgrund, rannte dann an der Reihe der Brückenmänner vorbei und schrie ihnen zu, sie sollten sich zum Abtransport der Bücken fertig machen. Er warf Kaladin einen raschen Blick zu, bemerkte, dass er und seine Männer schon bereit waren, und lief weiter.
Rechts von Kaladin zogen sich auf dem angrenzenden Plateau – jenem, von dem aus Dalinar seinen Angriff geführt hatte – auch die acht geliehenen Brückenmannschaften zurück und kamen auf Kaladins Plateau. Ein helläugiger Offizier, den Kaladin nicht kannte, gab ihnen Befehle. Hinter ihnen, tiefer im Südwesten, war eine neue Parschendi-Streitmacht eingetroffen und ergoss sich auf das Gebiet des Turms.
Sadeas ritt auf die Kluft zu. Die Farbe auf seinem Splitterpanzer schimmerte in der Sonne; sie hatte keinen einzigen Kratzer davongetragen. Seine gesamte Ehrengarde war unversehrt geblieben. Sie waren zum Turm hinübergegangen, hatten
den Feind erfolgreich angegriffen und waren vor dem Sieg zurückgekehrt. Warum?
Und dann begriff Kaladin. Dalinar Kholins Armee, die auf dem mittleren Hang des Keils kämpfte, war umzingelt worden. Die neuen Parschendi-Truppen drangen in die Gebiete ein, die Sadeas vorhin noch gehalten hatte, scheinbar um Dalinars Rückzug zu sichern.
»Sie lassen ihn im Stich!«, rief Kaladin. »Das war eine Falle! Sadeas überlässt Großprinz Kholin und all seine Soldaten dem Tod!« Kaladin rannte um das Ende der Brücke herum und drängte sich durch die Soldaten, die sie soeben überquert hatten. Moasch fluchte und folgte ihm.
Kaladin wusste nicht genau, warum er sich mit den Ellbogen einen Weg zur nächsten Brücke – Brücke Zehn – bahnte, auf der Sadeas die Kluft überquerte. Vielleicht wollte er die Gewissheit haben, dass Sadeas tatsächlich nicht verletzt worden war. Vielleicht war er auch einfach noch benommen. Das war ein Verrat von allergrößtem Ausmaß – ein so schrecklicher, dass Amarams Verrat an Kaladin dagegen fast lächerlich erschien.
Sadeas ritt auf seinem Pferd über die Brücke; das Holz knirschte. Er war in Begleitung zweier helläugiger Männer in gewöhnlichen Rüstungen, und alle drei hatten den Helm unter den Arm genommen, als ritten sie auf einer Parade.
Die Ehrengarde hielt Kaladin an; sie wirkte äußerst feindselig. Er war so nahe an Sadeas herangekommen, dass er sich von der Unversehrtheit des Großprinzen überzeugen konnte. Er war auch nahe genug, um Sadeas’ stolzes Gesicht zu sehen, als dieser sein Pferd wendete und auf den Turm zurückschaute. Die zweite Parschendi-Armee stürmte nun auf Kholins Truppen zu und kesselte sie ein. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte sich Kholin nicht zurückziehen können. Er hatte keine Brücken mehr.
»Ich habe es dir doch gesagt, alter Freund«, meinte Sadeas, dessen leise, aber deutlich hörbare Stimme die fernen Schreie
überlagerte. »Ich habe dir gesagt, dass dich dein Ehrgefühl eines Tages noch umbringen wird.«
Dann drehte er sein Pferd wieder und verließ das Schlachtfeld.
Dalinar metzelte ein Parschendi-Kriegspaar nieder. Doch es gab immer eines, das das gefallene ersetzte. Er biss die Zähne zusammen, nahm die defensive Windhaltung ein und verteidigte seine kleine Erhebung auf dem Hang. Er war wie ein Fels, über den die herankommenden Parschendi erst einmal hinwegsetzen mussten.
Sadeas hatte seinen Rückzug sorgfältig geplant. Seine Männer hatten keine Schwierigkeiten gehabt; ihnen war offenbar befohlen worden, so zu kämpfen, dass sie jederzeit fliehen konnten. Und er hatte ganze vierzig Brücken gehabt, die seine Soldaten gleichzeitig benutzen konnten. Das ermöglichte ihm, Dalinar relativ schnell im Stich zu lassen. Obwohl Dalinar seinen Männern sofort befohlen hatte, Sadeas hinterherzueilen, weil er gehofft hatte, die Brücken noch zu erreichen, waren sie doch nicht annähernd schnell genug gewesen. Sadeas hatte seine Brücken sofort einholen lassen,
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