Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
kümmern«, sagte Dalinar. »Kehrt mit mir zurück. Ich schwöre euch, dass ihr bei mir in Sicherheit seid. Ich verspreche es bei meiner Ehre.«
Der junge Brückenmann sah ihm in die Augen und schien nach etwas zu suchen. Für sein Alter war er ein sehr harter Mann.
»In Ordnung«, sagte der Speermann schließlich. »Wir kehren mit Euch um. Ich kann meine Männer nicht allein im Lager zurücklassen, und da wir nun so viele Verwundete haben, besitzen wir nicht mehr die nötigen Mittel, um ihnen zu helfen.«
Der junge Mann machte sich wieder an die Arbeit, und Dalinar ritt auf Galanter davon und wollte den Bericht über die Verluste hören. Er zwang sich, seine Wut auf Sadeas im Zaum zu halten. Aber das war schwierig. Nein, Dalinar durfte gewiss nicht zulassen, dass es zum Krieg kam – aber alles durfte auch nicht mehr so sein, wie es einmal gewesen war.
Sadeas hatte das Gleichgewicht gestört, und nun würde es nie wieder herzustellen sein. Zumindest nicht dadurch, dass Dalinar es ihm auf die gleiche Weise heimzahlte.
33
GERECHTIGKEIT
»Für mich ist alles verschlossen. Ich stehe vor dem, der mir das Leben gerettet hat. Ich beschütze denjenigen, der meine Versprechen getötet hat. Ich hebe die Hand. Der Sturm antwortet. «
Tanatanev 1173, achtzehn Sekunden vor dem Tod. Eine dunkeläugige Mutter von vier Kindern in ihrem zweiundsechzigsten Lebensjahr.
N avani drückte sich an den Wächtern vorbei und beachtete weder deren Proteste noch die Rufe ihres eigenen Damengefolges. Sie würde jetzt ruhig bleiben. Was sie gehört hatte, war nur ein Gerücht. Es konnte nur ein Gerücht sein.
Je älter sie wurde, desto schwerer fiel es ihr leider, die schickliche Ruhe einer Helldame zu bewahren. Nun schritt sie noch schneller durch Sadeas’ Kriegslager. Soldaten streckten die Arme nach ihr aus, als sie an ihnen vorbeiging, entweder um ihr zu helfen oder um ihr Einhalt zu gebieten. Beides beachtete sie nicht; sie hatten es noch nie gewagt, Navani anzurühren. Es brachte doch einige Privilegien mit sich, die Mutter des Königs zu sein.
Das Lager war unordentlich und schlecht angelegt. Händler, Huren und Handwerker hatten Hütten an die windabgewandten Seiten der Baracken gebaut und hausten nun darin. Säulen aus gehärtetem Krem hingen von fast allen Traufen auf der Leeseite; sie waren wie Wachsüberreste, die an der Seite eines Tisches herabhingen. Es war ein deutlicher Kontrast zu den sauberen und gepflegten Häuserreihen in Dalinars Kriegslager.
Es geht ihm gut, sagte sie sich. Es muss ihm gut gehen!
Es zeugte von ihrem zerrütteten Geisteszustand, dass sie kurz darüber nachdachte, für Sadeas ein neues Straßensystem zu entwerfen. Sie ging sofort zum Sammelplatz und fand dort eine Armee vor, die kaum so aussah, als ob sie in den Krieg gezogen sei. Die Soldaten hatten kein Blut an ihren Uniformen; die Männer lachten und schwatzten miteinander, Offiziere schritten die Reihen ab und entließen eine Einheit nach der anderen.
Sie hätte sich erleichtert fühlen sollen. Das sah nicht nach einer Streitmacht aus, die soeben eine katastrophale Niederlage erlitten hatte. Und doch wurde sie nur noch nervöser.
Sadeas trug nach wie vor seine makellose Splitterrüstung und sprach gerade mit einer Gruppe von Offizieren im Schatten eines Baldachins. Sie lief zu ihm hinüber, aber hier gelang es einer Gruppe von Wächtern, ihr den Weg zu versperren, indem sie sich Schulter an Schulter vor ihr aufstellten, während einer von ihnen Sadeas über Navanis Eintreffen in Kenntnis setzte.
Ungeduldig verschränkte sie die Arme vor der Brust. Vielleicht hätte sie sich in einer Sänfte hierhertragen lassen sollen, so wie es ihre Damen vorgeschlagen hatten. Einige von ihnen, die ziemlich angeschlagen wirkten, trafen nun auf dem Sammelplatz ein. Eine Sänfte sei am Ende schneller, hatten ihre Damen erklärt, denn dann könne man Boten vorausschicken, und Sadeas wäre in der Lage, sie sofort zu empfangen.
Früher hätte sie dem Anstand Genüge getan. Sie erinnerte sich daran, wie sie als junge Frau eine Meisterin dieser Spiele gewesen war und sich gefreut hatte, das System zu beeinf lussen. Aber was hatte ihr das eingebracht? Einen toten Gemahl, den sie nie geliebt hatte, und eine privilegierte Stellung am Hof, die nichts anderes bedeutete, als dass sie zur Ruhe gesetzt worden war.
Was würde Sadeas tun, wenn sie nun einfach loskreischte? Wenn die Mutter des Königs schrie wie eine Axthündin, der man die Antennen zerdrückt hatte?
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