Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
darin, nicht nur die ganze Feuerei, sondern gleich ganz Alethkar gegen euch aufzubringen? Ist dir eigentlich klar, was mein Bruder getan hätte, wenn er davon erfahren hätte?«
Schallan sah weg. Sie schämte sich und kam sich gleichzeitig ungeheuer dumm vor.
Jasnah seufzte. »Manchmal vergesse ich, wie jung du bist. Ich kann verstehen, warum dieser Diebstahl verführerisch für dich war. Aber er ist trotzdem dumm gewesen. Ich habe für deine Rückreise nach Jah Keved gesorgt. Morgen früh wirst du aufbrechen.«
»Ich …« Das war wesentlich mehr, als sie verdient hatte. »Danke.«
»Dein Freund, der Feuerer, ist tot.«
Entsetzt schaute Schallan auf. »Was ist passiert?«
»Das Brot war vergiftet. Rückenbrecher-Pulver. Man streut es über das Brot, sodass es wie Mehl aussieht. Es ist absolut tödlich. Ich vermute, das Brot war jedes Mal, wenn er uns besucht hat, auf diese Weise behandelt worden. Er wollte, dass ich ein Stück davon esse.«
»Aber ich habe doch eine Menge von diesem Brot gegessen!«
»In der Marmelade befand sich ein Gegenmittel«, erklärte Jasnah. »Wir haben es in mehreren leeren Gläsern gefunden, die er benutzt hatte.«
»Das ist unmöglich!«
»Ich habe Nachforschungen angestellt«, sagte Jasnah. »Ich hätte es sofort tun sollen. Keiner kann sich genau daran erinnern, woher dieser Kabsal eigentlich gekommen ist. Obwohl er dir und mir gegenüber sehr vertraut über die anderen Feuerer gesprochen hat, kennen sie ihn nur oberflächlich.«
»Dann war er …«
»Er hat mit dir gespielt, mein Kind. Die ganze Zeit über hat er dich benutzt, um an mich heranzukommen, mich auszuspionieren und, wenn möglich, mich umzubringen.« Sie sagte
all das so gelassen, so ruhig. »Ich glaube, bei seinem letzten Versuch hat er dann eine viel höhere Dosis benutzt. Das allerdings war sein Schicksal, denn es wirkte vermutlich schneller, als er vorhergesehen hatte.«
Jemand hatte versucht, sie zu töten. Nicht irgendjemand, sondern Kabsal . Kein Wunder, dass er sie immer so bedrängt hatte, unbedingt die Marmelade zu probieren!
»Ich bin sehr enttäuscht von dir, Schallan«, sagte Jasnah. »Jetzt verstehe ich, warum du dir das Leben nehmen wolltest. Du bist mit deiner Schuld nicht fertig geworden.«
Sie hatte sich aber gar nicht umbringen wollen! Doch was nützte es jetzt noch, darauf zu beharren? Jasnah hatte Mitleid mit ihr; es würde jetzt das Beste sein, dieses Gefühl in ihr nicht zu zerstören. Aber was war mit den seltsamen Dingen, die Schallan gesehen und erlebt hatte? Ob Jasnah eine Erklärung dafür hätte?
Als sie Jasnah anblickte und die versteckte Wut hinter ihrem kalten Äußeren erkannte, fragte sie aus Angst lieber nicht nach den Symbolhäuptern und dem seltsamen Ort, den sie besucht hatte. Plötzlich fragte sich Schallan, wie sie je zu dem Schluss hatte kommen könne, sie sei mutig. Sie war überhaupt nicht mutig. Sie war ein Dummkopf. Sie zog sich in sich selbst zurück und erinnerte sich an die Zeiten, als die Wut und der Zorn ihres Vaters durch das ganze Haus gehallt waren. Diese Erinnerungen ängstigten sie, und etwas davon erblickte sie nun auch in Jasnah.
»Du wirst lernen müssen, mit deiner Schuld zu leben«, sagte Jasnah. »Du bist zwar nicht mit meinem Fabrial entkommen, aber du hast eine vielversprechende Laufbahn beendet. Diese Tat wird für viele Jahre einen dunklen Fleck auf dein Leben werfen. Keine Frau wird dich jetzt mehr als Mündel aufnehmen. Du hast deine Zukunft weggeworfen .« Angewidert schüttelte sie den Kopf. »Ich hasse es, mich geirrt zu haben.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging.
Schallan hob die Hand. Ich muss mich entschuldigen. Ich muss irgendetwas sagen. »Jasnah?«
Die Prinzessin sah jedoch nicht zurück, und der Wächter kehrte nicht wieder.
Dann war es Schallan gleich. Sie rollte sich unter dem Laken zusammen. Ihr Magen hatte sich zu einem Knoten zusammengezogen, und sie fühlte sich so elend, dass sie einen Augenblick lang wünschte, sie hätte mit der Glasscherbe etwas tiefer geschnitten, oder Jasnah wäre mit dem Seelengießer nicht schnell genug gewesen.
Sie hatte alles verloren. Sie besaß kein Fabrial mehr, mit dem sie ihre Familie retten konnte, und sie war auch kein Mündel mehr und konnte ihre Studien nicht fortsetzen. Und Kabsal war nicht mehr da. Aber er war ja offenbar nie auf ihrer Seite gewesen.
Ihre Tränen nässten das Laken, während das Sonnenlicht langsam verdämmerte und schließlich ganz verschwand. Niemand
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