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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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von Hohn und Spott sein möchte. Lu-crezia schützt mich davor. Sie respektiert mich und nimmt mich ernst .«
    »Ich auch!«
    »Natürlich. Aber das ist etwas anderes .«
    Ich nickte, und dann sagte ich in meiner Bitterkeit etwas, das ungewollt alles nur noch schlimmer machte: »Manchmal glaube ich, sie hat dich verhext!«
    Er zuckte zusammen, als hätte ihn ein Schlag ins Gesicht getroffen. Dann stand er auf und redete den ganzen Weg zurück nicht mehr mit mir.
    Die nächsten Wochen wurden die Hölle. Ich sah ihn kaum. Und wenn, war sie bei ihm.
    Damals war es mir noch nicht bewußt, daß ihre immerwährende Freundlichkeit, mit der sie mir begegnete, kaltem Kalkül entsprang. So lähmte sie mich regelrecht.
    Eines Tages nahm sie mich beiseite, ohne daß Vater in der Nähe war, und sagte: »Ich weiß, was in dir vorgeht. Pierre hat mit mir darüber gesprochen. Es tut ihm weh, wie du dich seinem Glück versperrst. Er wäre der glücklichste Mensch, wenn auch du glücklich wärst .«
    Das Parfüm, mit dem sie sich umgab, war ein anderes als bei unserer ersten Begegnung - zumindest kam es mir so vor. Es erinnerte nicht mehr an eine Blumenwiese, sondern an die Dämpfe, die ich im Geschäft eines Tierpräparators roch. Etwas, womit er die ausgestopften Vögel und anderes Getier behandelt hatte, um sie zu konservieren .
    In diesem Augenblick spürte ich zum erstenmal, in welcher Gefahr ich schwebte.
    Es war wie ein eisiger Hauch, der mich streifte, und während mich fröstelte, während sich mein ganzer Körper vom Kopf bis zu den Zehen in einer Gänsehaut kräuselte, glaubte ich zu erkennen, daß von meiner Antwort und Reaktion jetzt mein ganzes künftiges Schicksal abhing.
    Ob ich weiterleben durfte oder nicht ...
    So verrückt es sich anhörte, so überzeugt war ich davon. Und mit einer Leichtigkeit, die mich selbst verblüffte, sagte ich: »Wenn es so ist, will ich ihm nicht im Wege stehen. Ich will nichts mehr, als daß er glücklich ist - dann bin ich es auch!«
    Das Lächeln um ihren Mund sah aus wie gemalt. Aber nicht wie ein Original, sondern wie eine Fälschung.
    »Schön. Das wird ihn freuen. Ich werde es ihm sagen - oder willst du es selbst tun?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Dann tue ich es«, rief sie. Und ließ mich auf dem Flur stehen.
    Das Stöhnen aus Chantalles Zimmer erschien mir plötzlich realer als alles, was ich um mich herum sehen oder anfassen konnte.
    *
    Die folgende Zeit wurde die schlimmste meines bisherigen Lebens. Ich fing an, Vater etwas vorzuspielen, und verstieg mich so sehr darin, daß ich an manchen Tagen selbst meinte, alles wäre in Ordnung. Das Erwachen aus diesem Trug war jedesmal um so niederschmetternder.
    Im Haus ging alles seinen gewohnten Lauf, und seit ich vorgab, mich mit Vaters Sinneswandel angefunden zu haben, nahm mich Lucrezia auch nie wieder beiseite.
    Während ich aber nach außen hin nun mit dem Erhalt eines falschen Idylls beschäftigt war, ging ich innerlich vor die Hunde.
    Ich verstand nicht, warum Vater mir das antat.
    Schlimmer: Ich traute auch ihm kaum noch über den Weg.
    Wann immer ich ihn traf, schien er mir im Geiste so unerreichbar, als hätte er das ferne Afrika bereits betreten und nur vergessen seinen Körper nachzuholen.
    Damals begann ich mich immer öfter draußen bei den Gassenkindern herumzutreiben. Es stimmte nicht, wie Vater über sie geurteilt hatte. Viele hatten einen guten Kern und waren durch pure Not auf die schiefe Bahn geraten. Sie lebten vom Stehlen, und einige prahlten auch damit, betrunkene Matrosen erst ausgeplündert und dann über den Kai ins Hafenbecken gestoßen zu haben.
    Was davon stimmte, wußte ich nicht.
    Ich schloß Freundschaft mit Aurel. Er war der Sohn eines italienischen Fischers, den es irgendwann hierher verschlagen hatte. Aurels Mutter war Französin gewesen, aber beide Eltern lebten nicht mehr. Ein Brand hatte ihre Hütte zerstört, und Aurel hatte nur überlebt, weil er die Nacht bei einem Freund verbracht hatte. Zu jener Zeit war er nur ein Jahr älter gewesen als ich heute, und jetzt war er acht.
    Anfangs sah es nicht aus, als könnten wir Freunde werden. Bei unserer ersten Begegnung wollte er mich verprügeln, aber als sich alle aus seiner Bande gegen mich wandten, nahm er mich plötzlich in Schutz gegen sie - er hat mir diesen jähen Sinneswandel nie erklärt.
    Aurel war hübsch (dasselbe behauptete er übrigens von mir). Seine lockigen Haare und die Augen waren von ein und demselben glänzenden Schwarz. Ich weiß,

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