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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Hölle durchwandern, dieselben Fehler begehen, dieselben Bekanntschaften machen und deiner Seele den Stempel aufdrücken, der dich zu jener Persönlichkeit reifen ließ, die du bis vor kurzem warst .
    Komm jetzt, ich nehme dich bei der Hand . Du mußt weiter . Noch einmal sechzehn Jahre zurück. In den kalten Winter des Jahres 1511. In die kleine Stadt in den französischen Pyrenäen, von der du manchmal sprachst .«
    Ich erinnere mich nicht, dachte sie. jedenfalls nicht an die Anfänge. Wie sollte ich mich an meine eigene Geburt erinnern?
    »Ich helfe dir dabei. Ich bin der Hüter vieler Wahrheiten, vieler Realitäten und Begebenheiten. Oder hast du auch das vergessen?«
    Laß mich, Chiyoda! Ich möchte nur schlafen. Ich bin so müde.
    »Wenn du sterben oder dem Wahnsinn verfallen willst .«
    NEIN!
    »Dann begib dich endlich in den Moment, da du plärrend in die Welt getreten bist! Ich werde auch dort sein. Auf der Türschwelle, wo man dich damals fand .«
    *
    Perpignan, 2. Februar 1511
    Als der Morgen mit der Farbe geschmolzenen Bleis am Horizont hinter dem Wald heraufzog und die Raben in ihren Schlafbäumen erwachten, kroch der Idiot durch die Küche seiner kleinen Behausung, wo er frierend neben der erloschenen Feuerstelle zu sich gekommen war.
    Er hatte wieder geträumt. Und auch wenn er sich, wie üblich, nicht mehr erinnern konnte, was genau ihn im Schlummer heimgesucht hatte, war er innerlich doch so aufgelöst, daß ihm die Tränen über die stoppelbärtigen Wangen rollten.
    Mühsam zog er sich an der Tischplatte nach oben und kam zum Stehen.
    Es roch noch nach dem faden Brei, den er sich am Vorabend gekocht hatte. Doch die Milch, die er vom Bauern für ein wenig Stall-arbeit bekommen hatte, mußte verdorben gewesen sein, denn Pierre fühlte sich schlechter als jemals zuvor. In seinem Bauch rumorte es, als hätte er etwas Lebendiges verspeist, das nun mit allen Mitteln zu entkommen suchte.
    Er steckte sich den Finger in Hals und würgte, aber außer ein wenig gallebitterer Magenflüssigkeit kam nichts dabei heraus.
    Benommen sah er sich im Zwielicht um. Er besaß keinen Spiegel, und in diesem Moment war er froh darüber. Die Leute verspotteten ihn auch sonst schon genug, aber wenn er sich jetzt selbst hätte sehen können, wäre ihm vielleicht klar geworden, warum sie ihn für einen Idioten hielten .
    Pierre taumelte zur Tür.
    Er war zwanzig.
    Oder dreißig.
    Seine Mutter war letzten Sommer gestorben und ohne Grabkreuz verscharrt worden. Niemand hätte es bezahlen können. Drei Jahre vorher war mit seinem Vater, der bei der Feldarbeit tot umgefallen war, ähnlich verfahren worden.
    Pierre war also allein, und im allgemeinen hatte er sich damit abgefunden. Nur mit sich selbst als Gesellschaft fühlte er sich sogar wohler als bei Leuten, die ihn doch nur herumscheuchten und tyrannisierten.
    Tu dies, Pierre, tu das, Pierre! Sei nicht so lahm, beim Essen bist du doch auch immer der erste .!
    Er hob den Fallriegel der Tür an und zog sie auf. Er wollte nach draußen, denn er brauchte Holz, um das Feuer wieder in Gang zu bringen. Die grimmige Kälte machte vor keiner Türe halt. An manchen Tagen, wenn das Feuer ausging, überzog sie das Wasser im Eimer neben der Küchenbank mit einer dünnen Eisschicht!
    Pierre hatte es gesehen. Mit eigenen Augen.
    Aber darüber konnte er mit keinem reden. Niemand interessierte sich für die unglaublichen Dinge, die er manchmal entdeckte.
    Die Leute waren ja so dumm .
    Fast wäre Pierre gestolpert. Im letzten Moment bremste er das Bein, das an das vor der Tür liegende Bündel stieß.
    Es sah aus wie ein Nest.
    Mehrere Wolldecken umschlangen etwas, das in diesem Moment aus seiner Starre erwachte und laut zu schreien begann.
    Ein Kind.
    Auf der Schwelle seiner Hütte lag ein Kind!
    Und wie klein es war . gerade erst geboren. Nicht älter als einen Tag. Die rosige Haut noch gar nicht richtig sauber, sondern mit einer käsigen Schmiere und mit getrockneten Blutresten bedeckt .
    Pierre stand da, als hätte ihn der Schlag getroffen. Von einem Moment auf den anderen war ihm überhaupt nicht mehr kalt .
    ... aber das winzige Menschenbündel mußte frieren!
    Ein Wunder, daß es nicht tot war, daß ihm das Blut nicht längst in den Adern geronnen und zu Eis erstarrt war .!
    Wer tat so etwas? Wer legte ein neugeborenes Kind vor eine fremde Tür und rannte dann davon?
    Es konnte niemand aus der Stadt gewesen sein. Jeder in Perpignan kannte Pierre, und wer ihn kannte .
    Auf-hö-ren! dachte

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