Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Barrett hingegen schulterte ohne zu Zögern erst seinen und dann Ulfs Sack und drängte zum Aufbruch.
„Wohin gehen wir eigentlich?“
Die einzige Antwort auf Thomas Frage war Schweigen. Ohne ein Wort zu sprechen, setzten sie ihren Weg fort. Wohin auch immer er führen würde.
XXXVII
Das Lager vor ihnen war nicht das erste, aber mit Abstand das größte Taisin-Lager, auf das sie bisher gestoßen waren. Barrett schätzte, dass die Häuser und Zelte Platz für mindestens dreihundert Krieger boten. Aber er gab selbst zu, dass er es nicht wirklich schätzen konnte. Keiner von ihnen hatte eine Vorstellung davon, wie viele Menschen in einem dieser Häuser lebten. Es waren eher Zelte, die auf Terrassen errichtet worden waren, ein Meter oder mehr über dem Boden als tatsächliche Häuser und die Dächer bestanden aus kunstvoll geschwungenen Zeltbahnen, die teilweise auch die Straßen überspannten und selbst die Wände schienen nur aus festem Stoff zu sein. In den Zelten brannten Feuer, so dass man Leute erkennen konnte, aber ihre genaue Zahl zu schätzen war unmöglich. Sonderlich wachsam waren sie nicht. Gerade mal eine Handvoll Wachposten waren zu sehen und keiner hatte sich mehr als ein halbes Dutzend Schritte vom Rand des Lagers entfernt.
„Mit hundert guten Söldnern könnte man ihnen ohne weiteres ein Ende bereiten. Arrogante Bastarde!“, flüsterte Barrett neben ihm.
Ulf drehte seinen Kopf in Richtung des Söldners.
„Nun, sie haben allen Grund dazu. Schließlich haben sie uns vernichtend geschlagen und wir haben es ihnen wirklich nicht leicht gemacht!“
Erst in den letzten Tagen, als sie durch dutzende zerstörte Dörfer hatten ziehen müssen, war Thomas wirklich klar geworden, was dieses Volk hatte durchmachen müssen. Es erklärte vieles. Ihre Besessenheit mit Krieg, mit Schlachtgesängen, mit Waffen und Zerstörung, ihr Vorgehen in seiner Heimat. Langsam meinte er, sie verstehen zu können.
„Ich denke wir verschwinden lieber, bevor uns doch jemand sieht!“, sagte Knut leise.
„Hm, ich glaube, das müssen wir nicht fürchten, aber du hast Recht, wir brauchen immer noch einen Ort zum Schlafen und es wird bald völlig dunkel sein.“
„Warum sie wohl ihre Frauen nicht hierher bringen?“, fragte Thomas geistesabwesend, ohne die Frage an jemand bestimmten zu richten.
„Ich würde meine Frau, wenn ich denn eine hätte, auch nicht hierher bringen.“, murmelte der Söldner als Antwort. „Bisschen kalt und die Unterbringung ist zwar preisgünstig, aber doch eher rustikal.“
Sie mussten alle grinsen. Selbst Ulf, der seitdem er im Kampf zu Boden gegangen war, alles andere als gesprächig war. Nicht, dass er vorher viel geredet hätte. Der Tod Alvas schien ihm jedweden Willen zu leben geraubt zu haben, das war auch für Thomas offensichtlich, der ihn vorher nicht gekannt hatte. Immerhin hatte er sich von dem Schlag gegen den Kopf ganz gut erholt.
Sie liefen alle für sich allein, jeder etwa ein Dutzend Schritt vom nächsten entfernt. Zum einen erschwerte das einen Hinterhalt und zum anderen war wohl auch keinem von ihnen nach reden zumute. Selbst Arvid schwieg und redete auch beim Abendessen, wenn man denn den getrockneten Fisch und etwas Wasser als solches bezeichnen wollte, kaum. Thomas beschäftige sich einzig und allein damit, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Selbst seine Füße taten inzwischen unerträglich weh, von seinen Knien oder gar seiner linken Schulter ganz zu schweigen. Bei jedem Schritt bewegte sich der Packsack, das Seil rieb seine Schulter immer weiter auf und auch sein Rücken fühlte sich an wie mit einem Schmiedehammer bearbeitet. Endlich hatte er die Hügelkuppe erreicht. Erschöpft ließ er erst den Packsack und dann sich selbst zu Boden fallen. Von Knut war nichts zu sehen. Vermutlich war er schon vorausgeeilt, um den weiteren Weg zu erkunden. Was an sich regelrecht absurd war, denn sie hatten kein Ziel und hätten genauso gut hier bleiben können. Aber Knut führte sie einfach immer tiefer ins Landesinnere und niemand widersprach. Es gab ja auch keinen Grund dazu.
Der Söldner ließ sich neben ihm nieder. Auch er atmete deutlich schneller. Thomas konnte sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Immerhin zeigte auch der Söldner Schwäche. Wobei er auch am schwersten zu tragen hatte. Zwar trug Ulf einen Großteil seines Gepäcks jetzt selbst, aber Barrett trug immer noch mindestens zwei Mal so viel wie Thomas. Arvid und Ulf setzten sich etwas entfernt von
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