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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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Allerwertester oft unliebsame Bekanntschaft mit dem Boden machte. Deutlich mehr Interesse als dem Schwertkampf brachte er den gemeinsamen Stunden mit der Tochter des Schmieds entgegen und entfloh der einengenden Überwachung seines Waffenmeisters, wann immer er konnte.
    Schließlich stellte Madog ihn zur Rede. Beim ersten Mal rügte er den Jungen noch nicht dafür, dass er das Dorf verlassen und sein Leben in Gefahr gebracht hatte. Dabei kam die Bedrohung nicht einmal von Azdekis Leuten, denn sämtliche Patrouillen befanden sich mindestens zwei Tagereisen entfernt. Viel gefährlicher waren die Rouargs, die in der Gegend ihr Unwesen trieben. Als Laerte zum zweiten Mal verschwand, begriff Madog, dass nichts den Jungen aufhalten würde, es sei denn, man bände ihn irgendwo fest. Der Waffenmeister machte gute Miene zum bösen Spiel und schimpfte nicht, sondern verehrte ihm ein besonderes Geschenk.
    »Das hier ist eine Pfeife.«
    »Eine Pfeife?«, wunderte sich Laerte.
    Sie saßen auf einer Bank vor einem der langen Häuser. Der Junge betrachtete das geschnitzte und geglättete Holz.
    »Eine Rouargpfeife«, erklärte Madog. »Wenn du mir ständig davonläufst, kann ich dich nicht beschützen. Falls die kaiserlichen Truppen dich entdecken, gehe ich davon aus, dass deine Beine schnell genug sind. Einem Rouarg allerdings kannst du nicht so einfach entfliehen.«
    Er zeigte auf die Pfeife.
    »Diese Pfeife klingt wie das Fauchen eines männlichen Rouargs. Bei den Rouargs jagen die Weibchen und nur ganz selten die Männchen. Wenn sich ein Männchen nähert, flüchten die Weibchen aus Angst vor …«
    Ein schadenfrohes Grinsen verzog sein vernarbtes Gesicht.
    »… einer fürchterlichen Abreibung. Solltest du also von einem Rouarg verfolgt werden, benutze die Pfeife.«
    Glücklicherweise bekam Laerte während der folgenden Monate keine Veranlassung, die Pfeife auszuprobieren. Während Madog Stunden damit verbrachte, ihn im ganzen Dorf zu suchen, machte er sich in angenehmer Gesellschaft in die Moore davon. Bei Esyld konnte er vergessen, wo er sich befand, und fürchtete sich vor nichts.
    Esyld interessierte sich ganz besonders für Frösche. Eines Tages im Frühjahr entdeckte sie einen Erain-Frosch. Er war mattgrün mit goldenen Streifen und hopste fröhlich im hohen Gras umher. Sie folgten dem Tier. Die Gefahr, kaiserlichen Soldaten zu begegnen, empfanden sie als angenehmen Nervenkitzel, und die brenzlige Lage stachelte sie geradezu an.
    Mit klopfendem Herzen beobachteten sie, wie sich der Frosch einem umgekippten Karren näherte. Offenbar hatten sich Flüchtlinge gezwungen gesehen, ihr Gefährt mitten im Moor zurückzulassen.
    »Pst«, machte Esyld. »Du darfst ihm keine Angst machen. Sieh nur.«
    Sie hob die Röcke bis zu ihren glatten Knien, ließ sich auf dem feuchten Boden auf alle viere nieder und machte Laerte ein Zeichen, es ihr nachzutun.
    »Er jagt. Da unten ist ein Hornissennest. Siehst du, wie er die Farbe wechselt? Und wie die Haut unter den Augen flattert wie Insektenflügel? Er tut so, als wäre er ein ganzer Haufen Hornissen. Die Insekten erkennen keinen Unterschied und halten den Frosch für ihre Familie.«
    Der Frosch saß auf einem Stein und wurde immer dunkler, während sich die goldfarbenen Streifen in lebhaftes Gelb verwandelten. Ein tiefes, fast hypnotisches Summen drang aus seiner Kehle. Wie gebannt beobachteten sie die Metamorphose.
    In einer Ecke des Karrens hing ein Hornissennest, und rings um das bräunliche Oval summten eifrige Arbeiterinnen, ohne sich um den Frosch zu kümmern.
    »Meine Großmutter sagt, dass der Frosch tagelang so warten kann«, flüsterte Esyld mit einem bewundernden Lächeln. »Manchmal setzen sich die Hornissen sogar auf ihn, aber er bewegt sich nicht. Und wenn der richtige Au genblick kommt, greift er an. Die Hornissen begreifen nicht einmal, wie ihnen geschieht. Ist er nicht wunderschön?«
    Aber Laerte beobachtete den Frosch schon längst nicht mehr. Er betrachtete seidige Locken, die sich über einen zierlichen Hals ringelten, die von dem staubigen Kleid kaum bedeckten Schultern, die langen, schlanken Finger. Sein Herz pochte heftig.
    »Was ist?«, fragte sie, als sie spürte, dass er sie unverwandt ansah.
    »Ich finde ihn nicht schön. Im Gegensatz zu dir …«
    Er senkte die Lider. Esyld legte ihre Hand auf seine. Sie blieben lange stumm.
    Noch am Abend spürte er die süße Wärme ihrer Hand auf seiner Haut. Er wünschte sich, dass das Leben immer so weiterginge und dass

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