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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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Mildrels Tochter sein. Beide dufteten so herrlich zart nach Lavendel.
    Wortlos biss er in seinen Apfel. Jetzt spürte er die Veränderung stärker. Sein erfahrener Kriegerinstinkt riet ihm, auf der Hut zu sein.
    »Bleibt, wo Ihr seid«, zischte er Viola plötzlich zu, während sein Blick dem Zug der Räte folgte, der gerade die Uferstraße verließ und den Platz überquerte. Vor einem großen Gebäude, dessen Freitreppe mit hohen, weißen Marmorsäulen geschmückt war, warteten vier Karossen auf die Ratsherrn. Die Menschenmenge brandete auf den Platz. Nur die Hellebardiere verhinderten, dass die begeisterten Anhänger ihren Volksvertretern zu nahe kamen. Azdeki, Azbourt und der Unbekannte schritten mit freundlichen, aber unbeteiligten Gesichtern voran, Enain-Cassart hingegen schien sich an der herzlichen Begrüßung durch das Volk wirklich zu erfreuen. Immer wieder blieb er stehen und schüttelte zahlreiche Hände. Ein strahlendes Lächeln erhellte sein zerfurchtes Gesicht, und seine gegen das Sonnenlicht blinzelnden Augen spiegelten ehrliche Freude wider.
    »General?«, flüsterte Viola verunsichert.
    Er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, und ließ sich von der Menschenmenge auf den großen Platz treiben. Dabei suchte er nach etwas Ungewöhnlichem. Er spürte ihn. Er roch ihn. Irgendwo wartete der Tod, bereit, im nächsten Augenblick zuzuschlagen. Doch wem würde dieser Schlag gelten? Wie würde es geschehen? All das wusste Dun nicht. Er spürte nur, dass es so war.
    Als er endlich die gebeugte Gestalt im geflickten Mantel entdeckte, dessen Kapuze sich wie Wellen im Wind bewegte, wusste er Bescheid. Sie sah aus wie ein hinkender Greis, der sich inmitten der Schaulustigen vorwärtsbewegte und seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Mar quis konzentrierte.
    Endlich erreichte Dun den Prunkzug. Der Beifall für die Ratsherrn quälte seinen noch benebelten Kopf. Ein letztes Mal biss er in den Apfel, ehe er ihn zu Boden fallen ließ. Sofort wurde das Kerngehäuse von der Menge zertrampelt. Die Gestalt drang weiter vor. Freudige Ausrufe, Lachen. Dann ein kleines Handgemenge. Ungeduldige Menschen warfen einander Flüche und Beleidigungen an den Kopf. Soldaten des Begleitschutzes verließen ihre Plätze, um Kameraden zu Hilfe zu eilen. Einer der Kontrahenten schlug zu. Es war nur eine kleine Keilerei, aber ausreichend, um kurz die Aufmerksamkeit abzulenken. Duns Sinne schlugen Alarm. Es war so weit.
    Die Gestalt im Mantel stieß mit einem Soldaten zusammen. Der Hellebardier drehte sich um und entschuldigte sich bei dem Greis, plötzlich jedoch erlosch sein Lächeln. Seine Beine gaben unter ihm nach.
    Gleich …
    Der Alte hielt den Soldaten eine Sekunde lang fest, ließ ihn schließlich geräuschlos zu Boden gleiten und schlängelte sich hinter den Marquis. Nur wenige Schritte entfernt bemühten sich einige Soldaten, drei Matrosen von einem wütenden Nâaga zu trennen.
    Jetzt.
    Die Gestalt des Alten richtete sich auf. Endlose Sekunden schienen zu verstreichen. Mit einer Schulterbewegung schob der Mann den geflickten Mantel zu Seite und enthüllte einen grünen Umhang mit einer dünnen Kapuze, die sein Gesicht verbarg. An seinem Gürtel hingen zwei Dolche und ein Schwert. Lederne Bänder zierten seine Handgelenke. Er bewegte sich gewandt und kaltblütig.
    Dun blieb stehen. Mit angehaltenem Atem beobachtete er den Mann. Er wusste, wie sich Assassinen anschlichen. Er selbst hatte den Kaiser geschützt, indem er sein Schatten geworden war und jede Bewegung bei Hofe beobachtet hatte. Als sich der Marquis langsam umdrehte, wusste er, dass es zu spät war.
    »Nun, junger Mann, Ihr …«
    Das hingerissene Lächeln des Ratsherrn erlosch, als die Klinge seinen Hals durchtrennte. Wortlos und ohne einen Schrei sank er in sich zusammen. Blutige Blasen drangen über seine Lippen und zerplatzten im Mundwinkel.
    Schnell. Penibel. Minutiös. Ohne Reue. Dun wusste, was der Mann empfand. Er hatte viele Jahre Erfahrung in diesem Geschäft. Um den Kaiser zu schützen, war es manchmal notwendig gewesen, als Erster zuzuschlagen.
    Enain-Cassart brach zusammen, ohne dass er sich seines Ablebens bewusst wurde. Die Leute klatschten nicht mehr. Für den Bruchteil einer Sekunde war es so still, dass man von Ferne das rauschende Geräusch der Wellen hörte, und dazu das Flattern des grünen Umhangs gegen die Stiefel des Assassinen. Unverhohlen musterte er den General.
    Töten. Unzählige Male hatte er selbst es auf genau diese Weise getan.
    Wart

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