Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake
ruhten. Mit einer Hand hielt er sich an der Seitenwand der Kiste fest und bückte sich tiefer. Er griff in die Dunkelheit.
Seine Finger glitten durch weiches, trockenes Haar, und er hatte das Gefühl, tausend Spinnen krabbelten seinen Rücken hinauf.
Er berührte die ausgedörrte, harte Gesichtshaut der Vampirin. Als seine Fingerkuppen die Spitzen der Zähne berührten, keuchte er auf und zuckte zurück.
»Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln«, flüsterte er und zwang sich, die Leiche noch einmal anzufassen. Er ertastete ihren Hals. Ihr Schlüsselbein. »Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.«
Er berührte die Rundung des Holzpfahls.
Er legte die Finger darum.
Der Pfahl steckte noch immer in ihrer Brust, so wie es sein sollte.
Da wusste Uriah, dass der Coyote gelogen hatte. Seine Stimme war nicht die des Herrn gewesen. Satan hatte aus ihm gesprochen, um ihn in die Irre zu führen.
Uriah sprang aus dem Loch und hastete durch die Dunkelheit. Er stolperte die Kellertreppe hinauf und lief hinaus zur Straße.
Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die beiden Männer den Sarg aus dem Hotel trugen.
Wütend und voller Angst und Schuldgefühle beobachtete er, wie sie den Sarg in den Lieferwagen schoben. Die Männer stiegen ein. Ohne Licht raste das Auto über die mondbeschienene Straße. Einen verrückten Moment lang erwog Uriah, auf die Straße zu stürzen und zu versuchen, den Wagen aufzuhalten.
Aber der Herr hielt ihn zurück.
Warte, bis deine Zeit kommt , schien Er zu sagen. Ich werde dich nicht enttäuschen.
Also duckte er sich in der Tür des Ladens, bis der Wagen vorbeigefahren war.
Und seine Zeit war gekommen.
Heute hatte der Herr die beiden Männer zurück nach Sagebrush Flat geführt. Sie waren gekommen, um ihn zu töten. Dessen war er sich sicher. Sie hatten den Vampir befreit und waren zu dessen untoten Geschwistern geworden. Sie waren gekommen, um den einzigen Mann zu vernichten, der würdig war, sie alle zur letzten Ruhe zu betten.
Aber sie waren gescheitert.
Uriah berührte mit der Zunge das offene Fleisch an seiner Wange und zuckte zusammen.
Sie sind gescheitert, dachte er, aber ich bin nicht gescheitert.
Nein, er hatte noch nicht dafür gesorgt, dass sie in Frieden ruhten. Aber das würde er noch tun.
Er würde sich sie und den Vampir, der seine Familie abgeschlachtet hatte, schnappen. Alle zusammen.
Als er grinste, brannten seine Wagen wie Feuer, und Tränen traten in seine Augen.
Er zog einen zusammengefalteten Zettel zwischen seinem Gürtel und der Haut seines Bauchs hervor.
Ehe er auf die Hupe gedrückt hatte, hatte er das Handschuhfach durchsucht. Und er hatte gefunden, was dort sein musste.
Den Fahrzeugschein.
Er faltete das Papier auseinander, blinzelte sich die Tränen aus den Augen und blickte auf das Dokument.
Das Auto war zugelassen auf Lawrence Dunbar, 345 Palm Avenue, Mulehead Bend, Kalifornien.
Mulehead Bend.
Uriah kannte die Stadt sehr gut.
Es war der Ort, aus dem die Vampire gekommen waren – damals, in der Nacht, als sie Elizabeth und Martha ermordet hatten. Dort sammelten sie sich wieder und vermehrten sich.
Ungefähr achtzig Kilometer entfernt.
Für den Weg werde ich ein paar Tage brauchen, dachte er. Ich sollte besser losgehen.
Er schob den Fahrzeugschein wieder unter seinen Gürtel und begann, die Wand der Schlucht zu erklimmen.
37
Lanes Hand zitterte, als sie Eyeliner auftrug. Das ist kein Date, sagte sie sich. Nur eine Schulveranstaltung. Nicht mehr als eine bessere Exkursion, wirklich.
Sie hatte sich das schon den ganzen Tag eingeredet, aber es schien nicht zu helfen.
Wahrscheinlich habe ich noch nicht einmal Gelegenheit, mit ihm allein zu sein.
Es klingelte an der Tür, und ihr Magen verkrampfte sich.
Er ist da.
Lane atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. Dann tuschte sie sich die Wimpern. Sie legte das Make-up zur Seite, nahm ihre Handtasche von der Kommode und trat vor den Spiegel am Wandschrank.
In den Klamotten kann ich unmöglich gehen, dachte sie plötzlich, und sah, wie ihr Gesicht rot anlief. Nein, das ist schon okay. Er will nicht, dass wir Abendkleider tragen. Er hat gesagt, es ist nicht der Abschlussball.
Außerdem war sie mit dem Outfit schon ein paarmal zur Messe gegangen. Wenn es für die Messe gut genug ist, ist es auch gut genug für Hamlet .
Und ich sehe gut darin aus. Es passt zu mir!
Lane hob die Arme. Obwohl ihre Achselhöhlen sich feucht anfühlten, waren auf
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