Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake
dem gebatikten Jeansstoff keine Flecken zu erkennen. Wahrscheinlich weil die Bluse so weit war. Der meiste Schweiß lief einfach nur an ihren Seiten hinab.
»Lane!«, rief ihre Mutter. »Mr. Kramer ist hier.«
»Ich komme sofort!«
Schnell öffnete sie die oberen Druckknöpfe. Sie zupfte ein paar Kleenex aus einer Schachtel auf der Kommode, griff in die Bluse, trocknete ihre Achselhöhlen und trug frisches Deo auf. Dann drückte sie die Knöpfe wieder zu und eilte aus dem Zimmer.
Ich bin tatsächlich zu leger angezogen, dachte sie, als sie Mr. Kramer in der Diele sah. Er trug ein weißes Hemd mit Krawatte, einen blauen Blazer und eine graue Hose.
»Guten Abend, Lane«, sagte er. Dann wandte er sich ihrem Vater zu und winkte mit dem Exemplar von Nachtwächter . »Danke nochmal für das Autogramm, Larry.«
»Danke, dass Sie das Buch gekauft haben«, sagte ihr Vater. »Ich bin froh, dass Sie eines bekommen haben.« Sein Gesicht war ein wenig röter als sonst, seine Stimme ein bisschen lauter. Aber zumindest nuschelte er nicht. Er hatte schon vor dem Abendessen eine Menge getrunken. Lane hoffte, Mr. Kramer würde nicht bemerken, dass er besoffen war.
»Und ich kann am einunddreißigsten Oktober mit Ihnen rechnen?«
»Ich werde kommen.«
»Das ist großartig. Die Schüler werden großen Spaß haben, wenn Sie an Halloween einen Vortrag halten.«
»Ich lese ihnen etwas wirklich Gruseliges aus meinen Büchern vor.«
»Sie werden bestimmt begeistert sein.« Mr. Kramer nickte Lane zu. »Ich glaube, wir machen uns jetzt besser auf den Weg. Bist du so weit?«
»Bin ich richtig angezogen?«, fragte sie. »Ich könnte auch etwas mehr …«
»Nein, nein. Das ist perfekt.«
Ihre Mutter lächelte und nickte zustimmend. »Du siehst richtig gut aus, Süße.«
»Stimmt, Kleines«, sagte ihr Vater im Südstaatenslang. »Wenn du draußen in der Prärie John Wayne begegnest, sag ihm ›Howdy‹ von mir.«
»Mann, Daaad.«
Mr. Kramer lachte. »Es war schön, Sie mal kennenzulernen, Larry.« Er reichte ihm die Hand.
Ihr Vater schüttelte sie. »Hat mich auch gefreut. Und wir sehen uns an Halloween.«
Mr. Kramer gab auch ihrer Mutter die Hand. »War mir wirklich ein Vergnügen, Jean. Jetzt weiß ich, woher Lane ihr Aussehen hat.«
Sie errötete. »Danke.«
Als er die Tür öffnete, küsste Lane ihre Eltern. »Bis später«, sagte sie, und sie wünschten ihr einen schönen Abend. Dann war sie mit Mr. Kramer draußen. Sein Kombi parkte am Straßenrand und schien leer zu sein.
Er ist zuerst zu mir gekommen!
Lane hoffte, dass er das nicht nur getan hatte, weil es der günstigste Weg war, sondern dass er sie vor den anderen abgeholt hatte, damit sie eine Weile allein sein konnten.
»Ist dir warm genug in den Sachen?«
Hatte er bemerkt, dass sie zitterte? »Ja, alles bestens«, sagte sie. Ihr Schaudern hatte wenig mit der kühlen Nachtluft zu tun. »Ich bin nur aufgeregt.«
Er lächelte ihr zu. »Es ist toll, dass es noch Schülerinnen gibt, die aufgeregt sind, weil sie eine Theateraufführung besuchen.«
Das ist wohl kaum der Grund, dachte Lane, als er ihr die Beifahrertür öffnete. Sie stieg in den Wagen. Er schloss die Tür, ging um das Auto herum und setzte sich hinter das Steuer.
»Entschuldige«, murmelte er. Er beugte sich über Lanes Beine, um das Handschuhfach zu öffnen. »Ich möchte nicht, dass das Buch beschädigt wird.« Als er das Buch in das Fach legte, berührte seine Schulter für einen kurzen Moment ihren Oberarm. »So«, sagte er, »sicher verstaut.« Er richtete sich auf und ließ den Wagen an.
»Haben Sie es gelesen?«
»Nein, leider nicht.« Er fuhr los. »Aber nächste Woche sollte ich eigentlich dazu kommen.«
»Wenn Sie es gelesen haben, werden Sie vielleicht noch einmal überlegen, ob mein Vater wirklich einen Vortrag vor der Klasse halten soll.« Sie grinste. »Könnte sein, dass Sie ihn nicht einmal in der Nähe von Highschool-Schülern sehen wollen.«
»So schlimm?«
»Es ist wirklich scheußlich.«
»Er scheint ein sehr netter Mann zu sein«, sagte Mr. Kramer.
»Ja, ist er auch. Man könnte meinen, dass er ein Monster ist, wenn man das Zeug liest, aber er ist wahnsinnig nett. Aber heute hatte er einen schlechten Tag. Deshalb kam er Ihnen vielleicht ein bisschen … merkwürdig vor. Er war nämlich draußen in der Wüste schießen. Mit unserem Nachbarn Pete.« Ich plappere vor mich hin wie ein Kind, dachte sie. Das interessiert ihn doch alles nicht. »Jedenfalls hatte Pete einen
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