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Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Titel: Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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»Ich habe nichts verraten«, sagte sie. »Ich habe nichts … von Ihnen erzählt. Was wollen Sie?«
    Er antwortete nicht, sondern kräuselte nur die Lippen. Am Fuß ihres Betts blieb er stehen. Er behielt Jessica im Auge, während er ihr mit der linken Hand die Decke wegzog.
    Sie hielt still.
    Die Decke und das Laken glitten über ihren Schoß und ihre Beine und blieben schließlich am Ende der Matratze liegen. Im Schlaf hatte sich ihr kurzes Nachthemd verdreht und in Falten gelegt, so dass sie von der Taille abwärts nackt war.
    »Schön«, sagte Kramer. »Jetzt lehn dich zurück und entspann dich.«
    Jessica schüttelte den Kopf. Sie legte den Gipsarm auf ihre Hüfte und versperrte ihrem Lehrer mit der Hand den Blick.
    »Was ist denn das für ein Benehmen? Das gibt Abzüge bei der Benotung der Teamfähigkeit.« Er hob die Klinge dicht vor sein Gesicht und machte eine tadelnde Geste damit.
    Jessica nahm den Arm zur Seite. Sie legte sich hin.
    Die Matratze wackelte, als Kramer hinaufkroch. Er kniete sich zwischen ihre Beine. Dann hob er ihr Nachthemd an und schlitzte es in der Mitte bis zu ihren Brüsten auf. Mit der Spitze der Klinge schob er den Stoff zur Seite.
    »Schneiden Sie mich nicht«, wimmerte Jessica. »Bitte nicht.«
    »Ich bin nicht zufrieden mit dir, Jessica.«
    »Ich hab nichts verraten.«
    »Ich weiß.«
    Sie winselte, als der kalte Stahl über ihren Bauch nach unten glitt. Dann hob sie den Kopf und sah, dass es die stumpfe Seite der Klinge war.
    »Aber du könntest mich verraten.«
    »Das würde ich nicht tun. Niemals.«
    »Ich habe mitbekommen, wie du Lane heute Nachmittag angesehen hast. Du hast darüber nachgedacht, stimmt’s?«
    »Nein.«
    »Du hast überlegt, ob du sie warnen sollst.«
    »Nein. Warum sollte es mich kümmern, was Sie mit ihr machen? Ich kann die Schlampe nicht mal leiden.«
    Er drehte die Klinge und schnitt sie. Ein kurzer, gebogener Schnitt. Es tat nicht sehr weh, aber sie zuckte zusammen und zog den Bauch ein. Ein rotes S erschien über ihrem Nabel. Die geschwungene Linie schwoll an. Bluttropfen verteilten sich über ihren Bauch wie Ranken. Sie wackelten und verschwammen, als Jessicas Augen sich mit Tränen füllten und sie zu schluchzen begann.
    »Bitte!«, keuchte sie.
    »Du hättest Lane nicht Schlampe nennen sollen.«
    »Es tut mir leid .«
    Kramer beugte sich vor. Auf die Ellenbogen gestützt, leckte er das Blut ab. Mit der Zungenspitze erforschte er die flache Schnittwunde. Jessica erschauderte, als seine Zunge die offene Haut spreizte.
    Sie schmetterte ihren Gips seitlich gegen seinen Schädel. Schmerz durchzuckte ihren Arm, und sie schrie auf.
    Der Schlag warf seinen Kopf zur Seite.
    Sie wand sich und rammte ein Knie zwischen seine Beine. Er kippte zur Seite über die Kante des Betts, verschwand aus ihrem Sichtfeld und schlug auf dem Boden auf.
    Jessica zog sich an dem Rand der Matratze auf die Seite und blickte zu ihm hinab. Er lag flach auf dem Rücken, ein Knie lehnte an der Matratze, das andere Bein war ausgestreckt, ein Arm lag dicht am Körper, der andere schlaff auf dem Teppich ausgebreitet, die Hand geöffnet, das Rasiermesser ein paar Zentimeter von seinen Fingerspitzen entfernt. Sein Unterkiefer hing herab. Seine offenen Augen waren nach oben verdreht, als würde er etwas unter seinen Augenlidern anstarren.
    Er ist k.o., dachte sie.
    Sie wusste, wie es aussah, wenn jemand das Bewusstsein verlor; sie hatte mit Riley genug Boxkämpfe gesehen.
    Zitternd schwang sie die Beine aus dem Bett. Sie rang um Atem, und ihr war übel. Trotzdem stand sie auf und stellte sich über ihn. Mit einem Fuß presste sie sein rechtes Handgelenk auf den Teppich. Sie bückte sich und hob das Rasiermesser auf. Als sie sich mit dem Messer in der Hand wieder aufrichtete, bohrte sich ihre Ferse in sein Handgelenk.
    Er stöhnte.
    Er kommt zu sich! Jessicas Herz setzte einen Schlag aus. Ihr Magen verkrampfte sich zu einem Eisklumpen.
    Sie nahm ihren Fuß von seinem Handgelenk und blickte auf ihn herab. Er hatte seine Augen zugedrückt und die Zähne gefletscht.
    Sie musste sofort etwas unternehmen!
    Sie holte Luft, um laut »DAD!« zu rufen. Aber dann überlegte sie es sich anders.
    Kramer würde reden. Wenn er lebte, würde er alles erzählen. Jeder würde erfahren, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Jeder. Ihre Familie, die Mitschüler, Riley.
    Das kann ich nicht zulassen.
    Ein Frösteln durchlief ihren Körper. Sie bekam von Kopf bis Fuß Gänsehaut.
    Niemand wird mir die Schuld geben.

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