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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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nicht.« Er will Michael beschützen, dachte ich. Sagt er die Wahrheit?
    »Ihr wart aufgeregt«, sagte Dyrick. »Vielleicht habt Ihr es überhört.« Er lächelte ermutigend. Hugh maß ihn mit kalter Ablehnung, was sogar Dyrick kurz aus dem Konzept warf, ehe er leichthin fragte: »Master Hobbey hat uns erzählt, Ihr würdet Euch gern als Soldat verdingen?«
    »Das will ich in der Tat.« Hugh starrte ihn an, und in seiner Stimme schwang Bewegtheit. »Kaum zehn Meilen von hier halten sich unsere Männer bereit für den Kampf. Welcher Engländer möchte in dieser Stunde nicht seinem Vaterland dienen? Ich bin jung, aber ich weiß den Bogen ebenso gut zu handhaben wie jeder andere. Wäre mein Vormund nicht strikt dagegen, würde ich in den Krieg ziehen.«
    »Ihr vergesst, Master Hugh, dass Ihr einen großen Besitz erben werdet. Ihr seid ein Gentleman mit Verantwortung.«
    »Verantwortung?« Hugh lachte bitter. »Wofür? Wälder, Dachse und Füchse? An alledem liegt mir nichts, Sir. David hat eine Familie, auf die er Rücksicht nehmen muss. Ich habe keine.«
    »Was redet Ihr denn da«, sagte Dyrick vorwurfsvoll, »Ihr seid ein Teil der Familie Hobbey.«
    Hugh sah mich an. »Die Familie, die ich liebte, lebt nicht mehr. Und die Hobbeys« – er zögerte – »können sie mir niemals ersetzen.«
    »Aber Ihr seid jung«, sagte Dyrick. »Und vermögend dazu. Bald werdet Ihr heiraten und selbst eine Familie gründen.«
    Hugh sah mich noch immer an. »Ich würde lieber mein Land verteidigen.«
    Dyrick neigte den Kopf zur Seite. »Dann sage ich ›Dem Herrn sei Dank für den Court of Wards und Master Hobbeys Autorität über Euch‹. Nicht wahr, Bruder Shardlake?«
    »Eure heldenhaften Absichten in Ehren, Master Hugh«, sagte ich ruhig, »doch im Krieg geht es um Leben und Tod.«
    »Meint Ihr, das wüsste ich nicht?«, antwortete er verächtlich.
    Einen Moment lang war alles still. Dann sagte Dyrick: »Noch Fragen?«
    Ich wiederholte meine Formel: »Vorerst nicht.« Hugh stand auf, verneigte sich und ging hinaus. Dyrick blickte mich triumphierend an. Hugh hatte Michael zwar entlastet, doch hatte er auch den Hobbeys nichts vorgeworfen, nicht das mindeste.
    * * *
    Hinterher bat ich Barak in mein Zimmer, um mit ihm zu sprechen. »Nun«, fing er an. »So viel zu unserem Hauptzeugen.«
    Ich schritt mit gerunzelter Stirn im Zimmer auf und ab. »Ich begreife das nicht. Hobbey und Fulstowe hatten ihren Text gelernt, aber Hugh –«
    »Es sah fast so aus, als sei es ihm gleichgültig.«
    »Und doch hat er nicht bestätigt, was Hobbey über Michael gesagt hatte. Weder dass Michael sich ungehörig verhielt, als er noch ein Knabe war, noch dass er ihm in diesem Frühjahr seine Liebe gestand.«
    »Er sagte auch nichts gegen die Hobbeys. Dass er David für einen Einfaltspinsel hält, ist nicht zu übersehen, doch wer täte das nicht?«
    »Er verbirgt uns etwas. Warum ist sein Besitz ihm gleichgültig?«
    Barak blickte mich mit ernster Miene an. »Vielleicht ist er einfach nie über den Tod seiner Eltern und seiner Schwester hinweggekommen?«
    »Nach so langer Zeit? Und wenn er David verachtet, warum verbringt er dann so viel Zeit mit ihm?«
    »Sonst ist hier doch niemand weit und breit in seinem Alter. Wir suchen uns die Familien nicht aus, auch nicht den Vormund.«
    »Das allein ist es nicht«, sagte ich mit Nachdruck. »Er musste seine Gefühle im Zaum halten, als ich Michael erwähnte.«
    »Vielleicht versucht er, sein Andenken zu schützen. Mistress Calfhill zuliebe.«
    »Er kannte sie doch kaum.« Ich blickte ihn an. »Er verbirgt etwas, mein Wort darauf. Sie alle. Es ist nur ein Gefühl, aber ein mächtiges.«
    Barak nickte bedächtig. »Ich kann es auch fühlen. Doch wenn Hugh keine Anklage erhebt, lässt sich nichts unternehmen.«
    »Ich muss nachdenken. Lass uns nach dem Nachtmahl einen Spaziergang machen. Ich hole dich ab.«
    »In der Zwischenzeit wird Feaveryear wieder um jeden Punkt und jedes Komma der Zeugenaussagen mit mir streiten.«
    Er zog sich in sein Quartier zurück, und ich legte mich nieder, um ein wenig auszuruhen. Jedoch war ich innerlich viel zu aufgewühlt, um Schlaf zu finden. Nach einer Weile beschloss ich nachzusehen, ob das Essen schon fertig war. Auf dem Flur stand eine Zimmertür offen. Es war dunkel im Innern, vermutlich waren die Läden geschlossen. Ich hörte verhaltene Stimmen, Nicholas und Abigail.
    »Er ist doch bald wieder aus dem Haus«, sagte Nicholas unwirsch.
    »Ich kann seinen buckligen Anblick

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