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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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eines Pferdes in Händen. Ich blieb sitzen, meine Gedanken in Aufruhr.

kapitel achtundzwanzig
    I ch ritt wieder durch Portsmouth, den Kopf voller düsterer Gedanken. Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass Ellen selbst das Feuer gelegt haben könnte. Trafen Wests Andeutungen etwa zu? Ich mochte ihn nicht leiden, er hatte etwas Barsches, Bitteres an sich, doch was in Rolfswood geschehen war, hatte ihn zweifellos sehr belastet. Mir wurde noch schwerer ums Herz, als ich mich an Ellens Worte erinnerte:
Er hat gebrannt! Der Ärmste, er brannte lichterloh – Ich sah seine Haut schmelzen, sah sie schwarz werden und bersten!
Es mochte ein Indiz dafür sein, dass tatsächlich sie den Brand verursacht hatte. Allerdings taugte es nicht zum Beweis. Dann hatte sie noch gerufen:
Ich konnte mich nicht bewegen! Der Himmel über mir – er war so weit – so weit, dass er mich hätte verschlingen können!
Ich entsann mich, dass Reverend Seckford gesagt hatte, ihr Kleid sei zerrissen gewesen, mit Grasflecken beschmutzt.
    Ärgerliches Geschrei auf der Gasse vor mir holte mich zurück in die Gegenwart. Ein Dutzend Männer, vermutlich Seeleute, standen barfüßig im Staub der Gasse und brüllten vier Ausländern auf der anderen Straßenseite Beleidigungen zu. Auch sie waren barfuß und trugen abgetragene Hemden und geflickte Wämser. Ein Fuhrwerk hinter mir wich zur Seite aus, um die Engländer nicht zu rammen.
    »Verfluchte spanische Hunde!«, brüllte einer. »Hat euer vertrottelter Kaiser Karl nicht einmal anständige Kleider für euch?«
    »Was haben wir mit euch dreckigen Papisten zu schaffen? Ihr gehört doch zu dem Pack, das letzten Winter in Devon gekentert ist und jetzt unserem König dient, oder? Nicht einmal ordentlich segeln konntet ihr!«
    Die vier Spanier waren stehen geblieben. Sie starrten wütend auf ihre Peiniger, und einer von ihnen trat in die Gasse und stellte sich den Engländern entgegen.
»Cabrón!«,
rief er zornig aus. »Glaubt ihr, wir gehen gern auf eure Schiffe? Wir gehorchen nur unseren
capitánes

    »Cappytanis! Was soll das sein, verflucht?«
    »Ich kämpfen mit Cortés in der Neuen Welt!«, rief der Spanier, »Gegen die Mexica! Heidnische Hunde wie ihr!«
    Beide Gruppen griffen jetzt zu den Messern. Da tauchte ein halbes Dutzend Soldaten im Halbharnisch auf, die Wachsoldaten, und stellte sich, Schwerter gezückt, zwischen die beiden Gruppen.
    »Schluss jetzt! Ihr blockiert die Straße des Königs!«
    Während sie einander mit wilden Blicken beäugten, gingen die Streithähne ihrer Wege. Die Soldaten winkten die Passanten weiter.
    Ich war nun fast auf gleicher Höhe der Guildhall. Zwei Männer standen davor und unterhielten sich angeregt. Beide trugen Anwaltstracht, der Ältere stützte sich auf einen Stock. Sir Quintin und Edward Priddis. Ich war nicht nah genug, um zu hören, was sie sagten, aber Edward blickte ängstlich drein, bei weitem nicht mehr so kalt überlegen wie während unseres Gesprächs. Sein Vater schien Mühe zu haben, ihn zu beschwichtigen. Edward sah mich und verstummte augenblicklich. Ich verneigte mich im Sattel. Sie erwiderten meinen Gruß kalt und förmlich.
    * * *
    Ich ritt zum Stadttor hinaus, auf das Soldatenlager zu. Der Gestank nach Urin und Unrat erschien mir stärker denn je. Männer standen vor dem Zelt eines Barbiers Schlange; jene, die herauskamen, trugen die Bärte gestutzt und die Haare kurzgeschoren. In der Nähe bildete sich eine Menschentraube um zwei Soldaten, die mit freiem Oberkörper einen Ringkampf ausfochten. Ich bemerkte Barak unter den Schaulustigen. Er stand neben Carswell. Beide hatten sich die Bärte stutzen lassen, und Carswells Haar war nur noch ein kurzer Flaum wie bei Hugh und David. Ich saß ab und führte das Pferd zu ihnen hinüber.
    »Was hatte dieser West zu berichten?«, fragte Barak kurz angebunden. Daran erkannte ich, dass er mir noch immer gram war.
    »Etwas, das mich aufrüttelte. Ich erzähle es dir später.« Ich wandte mich an Carswell. »Wir sollten nach Hoyland zurückkehren. Ich würde mich gern von Hauptmann Leacon verabschieden. Wisst Ihr, wo er ist?«
    »In seinem Zelt; er spricht gerade mit Sir Franklin. Es wird nicht lange dauern.«
    Ich betrachtete noch einen Moment die beiden Ringkämpfer, als ich sah, dass Leacon aus dem Zelt gekommen war, in Begleitung von Sir Franklin und Snodin. Sie standen da und redeten.
    »Komm, Jack«, sagte ich, »der Nachmittag geht vorüber. Wir müssen uns von Leacon verabschieden und nach

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