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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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»Höchste Zeit, dass ein so feiner, kräftiger Knabe eine Jagd mitreiten kann.« Sie blickte trotzig in die Runde, gab ein ängstlich wieherndes Lachen von sich. Einer der Jagdhunde bellte scharf, und sie erschrak. Ich entsann mich des leisen Gesprächs, das ich erlauscht hatte, im Zuge dessen Abigail gesagt hatte, die Jagd zu veranstalten sei gefährlich.
    Barak kam herüber zu mir. »Seid Ihr auch sicher, dass Ihr das tun wollt?«, fragte er.
    »Es ist nicht meine erste Jagd«, entgegnete ich barsch.
    »Dann habt Ihr mir etwas voraus. Aber es heißt ja, man sollte alles einmal erleben, nur nicht Blutschande und Pest.«
    »Master Shardlake!« Hugh schritt auf uns zu. Er wirkte entspannt. »Seid Ihr bereit?«
    »Ja«, antwortete ich. »Was soll nun geschehen?«
    »Ich selbst und die übrigen drei Bogenschützen –« er wies auf David und die beiden jüngeren Gäste – »werden an unterschiedlichen Stellen entlang der Strecke auf der Lauer liegen. Fulstowe ebenso.«
    »Eine große Ehre für einen Steward.«
    »Master Hobbey meint, er sei ihrer würdig«, entgegnete er höflich.
    »Ich dachte, die jungen Männer würden lieber mit der Jagd reiten, anstatt im Wald auf der Lauer zu liegen.«
    »Schon, aber wir wollen unsere Treffsicherheit unter Beweis stellen. Master Stannard dort ist stellvertretender Kommandant der Bürgerwehr, zehn Meilen von hier. Hierher!« Er winkte, und David kam mit den beiden anderen und Dyrick herüber. Dyrick wirkte unbehaglich. Ich wurde Master Stannard und Master Belton vorgestellt, den Söhnen der beiden Männer, die mit Hobbey die Karte studiert hatten. Beide waren noch keine zwanzig; aber im Militär zählte der gesellschaftliche Rang. Ich dachte an Sir Franklin Giffard, der über das wehrfähige Alter hinaus war und dennoch als Obrist Leacons Kompanie vorstand.
    »Vorige Woche, auf dem Weg hierher, haben wir einige Bürgerwehren bei Drillübungen gesehen«, sagte ich.
    »Ich bringe sie auf Vordermann in meinem Bezirk«, sagte stolz Master Stannard. Er war ein hochgewachsener, gutgebauter Bursche mit einem runden Gesicht und schwadronierender Art. Master Belton war kleiner und hatte noch Pickel im Gesicht. »Das Problem ist die Ausrüstung«, fuhr Stannard fort. »Dem Gesetz nach sollte ein jeder im Besitz einer Waffe sein, aber viele verfügen nicht einmal über einen eigenen Bogen. Dennoch ist die Truppe kampfbereit, sobald die Leuchtfeuer brennen.«
    »Noch nie gab’s in England ein größeres Heer«, sagte David. Ich sah ihn an. Ich vermeinte in seiner Erregung etwas Gehetztes zu vernehmen. Unsere Blicke kreuzten sich, und er sah beiseite.
    Master Stannard nickte. »Wenn es sein muss, ringen wir sie einfach mit unserer Übermacht nieder. Und ich führe meine Bürgerwehr an. Die Jagd heute ist eine gute Übung, vielleicht erlege ich den Hirsch und gewinne das Herzkreuz.«
    Der junge Stannard wandte sich an Hugh. »Du hast das Herzkreuz vor zwei Jahren erhalten, bei der Jagd meines Vaters, nicht? Mit nur sechzehn Jahren.«
    »Stimmt«, antwortete Hugh mit Stolz.
    »Es kann viele Wunden heilen, heißt es.«
    »Normalerweise trage ich es um den Hals. Doch heute will ich es herzeigen.« Hugh zog die Handschuhe aus und griff in den Beutel an seinem Gürtel. Er holte einen winzigen Lederbehälter hervor, der mit einer Schnur zugezogen war, öffnete ihn und schüttelte einen kleinen, runden, weißlichen Gegenstand in seine Hand. Barak rümpfte angeekelt die Nase, aber die Jungen betrachteten ihn mit Interesse.
    »Selbst wenn ich ein zweites erringen sollte, werde ich dieses hier stets behalten«, sagte Hugh mit stillem Stolz. Die Jünglinge waren sichtlich beeindruckt.
    Dyrick trat zu mir. »Wie ich sehe, hat man Euch das Pferd gesattelt, das Euch bislang getragen hat. Ein zuverlässiges Tier.«
    »Das ist wahr.« Ich blickte Dyrick überrascht an. Zum ersten Mal sprach er freundlich mit mir.
    Hobbey rief in die Runde: »Wer in der Jagd reitet, der möge hier herüberkommen, wenn ich bitten darf!« Er winkte, woraufhin seine männlichen Gäste und die Männer aus Hoyland sich um ihn scharten. Dyrick hielt mich zurück.
    »Bruder Shardlake«, sagte er leise, »Lehnsrichter Priddis und sein Sohn werden heute Nachmittag hier eintreffen. Ihr sollt Gelegenheit haben, den jungen Priddis durch die Wälder zu geleiten. Doch anschließend bitte ich Euch, unserer morgigen Rückkehr zuzustimmen. Der Fall, mit dem Feaveryear sich befassen sollte, ist schwierig. Ich sollte ihm

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