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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Angst. Er ist ein wahrer Freund. Berichte ihm, was du mir berichtet hast.« Bess lehnte sich zurück und sah mich schüchtern an.
    »Ich bin Witwe, Sir.« Ihre Stimme war leise. »Ich hatte einen Sohn, Michael, ein gottesfürchtiger, sanfter Junge.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, aber sie blinzelte sie entschlossen fort. »Er war ein kluges Kind, und Lady Latimer – verzeiht, ich meinte die Königin –, sie sorgte dafür, dass er in Cambridge ein Studium begann.« Stolz schwang in ihrer Stimme. »Nachdem er es erfolgreich abgeschlossen hatte, kehrte er nach London zurück, um bei einer Kaufmannsfamilie namens Curteys eine Stellung als Hauslehrer anzutreten. Es war ein vornehmes Haus, nicht weit von Moorgate entfernt.«
    »Ihr wart gewiss sehr stolz auf ihn«, sagte ich.
    »O ja, Sir.«
    »Wann war das?«
    »Vor sieben Jahren. Michael hatte großes Glück, Master Curteys und seine Frau waren brave Leute. Tuchhändler. Abgesehen von ihrem Haus in London, hatten sie einen bewaldeten Landstrich gekauft, der zum Besitz eines kleinen Nonnenklosters unten in Hampshire gehört hatte, in der Gegend nördlich von Portsmouth. Damals wurden ja sämtliche Klöster aufgelöst.«
    »Ich erinnere mich gut daran.«
    »Michael erzählte mir, die Nonnen hätten von den Einkünften aus dem Holzhandel gelebt wie die Maden im Speck.« Sie schüttelte missbilligend den Kopf. »Diese Klosterleute waren schlechte Menschen, die Königin weiß es wohl.« Auch Bess Calfhill hing also der Reform an.
    »Erzähle Master Shardlake von den Kindern«, meinte die Königin.
    »Das Ehepaar Curteys hatte zwei Kinder. Hugh und Emma. Emma war damals zwölf, wenn ich mich recht entsinne, Hugh ein Jahr jünger. Michael hat mir die beiden vorgestellt.« Sie lächelte liebevoll. »Wie hübsch sie waren! Beide großgewachsen, mit hellbraunem Haar, sanftmütige, stille Kinder. Ihr Vater war ein wackerer Verfechter der Reform, ein sehr fortschrittlich denkender Mann. Emma und Hugh durften Latein und Griechisch lernen und sich auch körperlich ertüchtigen. Da Michael ein begeisterter Bogenschütze war, unterwies er auch die Kinder darin.«
    »Euer Sohn mochte die beiden?«
    »Als wären sie sein eigen Fleisch und Blut. Ihr wisst ja, wie verwöhnte Kinder aus reichem Hause ihren Lehrern das Leben sauer machen können, aber Hugh und Emma hatten Freude am Lernen. Michael hegte allenfalls die Sorge, sie könnten ein zu ernstes Wesen entwickeln, doch ihre Eltern bestärkten sie darin, sie sollten gottesfürchtige Menschen werden. Michael fand, dass Master Curteys und seine Frau die Kinder zu sehr an sich banden. Dabei liebten sie sie aufrichtig. Und dann, dann –« Bess hielt inne und senkte den Blick.
    »Was ist geschehen?«, fragte ich sanft.
    Als sie wieder aufblickte, waren ihre Augen trostlos und leer. »Es war Michaels zweiter Sommer im Hause Curteys, als in London die Pest Einzug hielt. Die Familie beschloss, ihr Land in Hampshire in Augenschein zu nehmen, dort nach dem Rechten zu sehen. Sie reisten in Begleitung eines befreundeten Ehepaares, welches das ehemalige Kloster und das restliche Land erstanden hatte.« Nach kurzer Verschnaufpause fuhr Bess in ihrer Erzählung fort: »Das Ehepaar Hobbey.« Sie spie den Namen förmlich aus.
    »Was waren das für Leute?«, fragte ich.
    »Nicholas Hobbey war ebenfalls Tuchhändler. Er hatte die Klostergebäude in ein Wohnhaus umbauen lassen, und Master Curteys’ Familie sollte bei ihnen wohnen. Michael sollte ebenfalls nach Hampshire ziehen. Sie waren schon im Begriff zu packen, als Master Curteys die Beulen in den Achselhöhlen spürte. Man hatte ihn kaum zu Bett gebracht, als auch seine Frau zusammenbrach. Sie starben beide an einem einzigen Tag. Gemeinsam mit ihrem braven Steward.« Sie seufzte schwer. »Ihr wisst, wie es geht.«
    »O ja.« Die fauligen Dämpfe in London brachten allerhand tödliche Seuchen hervor, nicht nur die Pest. Ich dachte an Joan.
    »Michael und die Kinder kamen mit dem Leben davon. Hugh und Emma waren untröstlich, klammerten sich weinend aneinander. Michael wusste nicht, was aus ihnen werden sollte. Sie hatten keine nahen Verwandten.« Sie presste die Lippen aufeinander. »Da kam Nicholas Hobbey. Ohne ihn wäre mein Sohn noch am Leben.« Sie starrte mich an, ihre Augen plötzlich voller Wut.
    »Seid Ihr Master Hobbey denn jemals begegnet?«
    »Nein. Ich weiß nur, was Michael mir erzählte. Er sagte, Master Curteys habe selbst erwogen, das Nonnenkloster mitsamt den Ländereien

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