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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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von dem Ihr sogleich wüsstet, dass er aus Bosheit und Häme gegen seinen Widersacher handelte und nichts anderes im Sinn hätte, als diesen in die dornenreichen Arme des Gesetzes zu treiben, würdet Ihr seinen Fall übernehmen, wenn er Euch entsprechend entlohnte?«
    »Master Shardlake hilft in erster Linie den Bedürftigen, Elizabeth«, gab die Königin sanft zu bedenken. »Am Court of Requests, dem Gericht für die Armenklagen.«
    »Aber Mutter, kann denn ein Armer nicht ebenso niedere Beweggründe haben wie ein Reicher?«
    »Das Gesetz ist vertrackt, das ist schon wahr«, räumte ich ein, »vermutlich komplizierter, als es dem Menschen guttut. Es ist auch wahr, dass manche Anwälte Gierhälse sind und nur das Geld im Sinn haben. Nichtsdestoweniger ist es die Pflicht eines Anwalts, herauszufinden, was am Fall eines Mandanten gerecht ist und vernünftig, und es deutlich herauszustellen. Er wird sein Gewissen zu Rate ziehen und abwägen. Die Entscheidung, was gerecht ist, obliegt den Richtern. Und die Gerechtigkeit ist etwas sehr Schönes.«
    Elizabeth schenkte mir jäh ein gewinnendes Lächeln. »Ich danke Euch für die Auskunft, Sir, ich werde gut darüber nachdenken. Ich fragte nur, weil ich lernen möchte.« Sie überlegte kurz. »Und doch bin ich der Meinung, dass die Gerechtigkeit nicht leicht zu finden ist.«
    »Da stimme ich Euch zu, Mylady.«
    Die Königin berührte ihren Arm. »Und jetzt musst du gehen, Kind, sonst macht Master Timothy sich Sorgen. Sergeant Shardlake und ich haben etwas zu besprechen. Jane, würdest du sie begleiten?«
    Elizabeth nickte und lächelte der Königin zu, wobei sie einen Augenblick aussah wie ein gewöhnliches kleines Mädchen. Ich verneigte mich erneut tief. Eine der Damen kam herüber und führte die Kleine zur Tür. Elizabeth ging langsamen, gemessenen Schrittes. Das Hündchen machte Anstalten, ihr zu folgen, aber die Königin rief es zurück. Die Kammerzofe klopfte gegen die Tür, sie wurde geöffnet, und die beiden schlüpften hinaus.
    Die Königin wandte sich mir zu und bot mir die schlanke, beringte Rechte zum Kuss. »Ihr habt Euch trefflich geschlagen«, sagte sie. »Aber vielleicht habt Ihr Euren Amtsbrüdern allzu viel Entscheidungsspielraum gewährt.«
    »Das ist wahr. Eigentlich bin ich ein wenig spöttisch. Doch Elizabeth ist ja noch ein Kind, wenn auch ein recht bemerkenswertes. Sie weiß sich gewandter auszudrücken als viele Erwachsene.«
    Die Königin lachte, dass ihre weißen, ebenmäßigen Zähne blitzten. »Sie flucht wie ein Soldat, wenn sie zornig ist; ich glaube, dass Master Timothy sie dazu ermutigt. Aber Ihr habt recht, sie ist in der Tat ein außergewöhnliches Kind. Master Grindal, der Hauslehrer des Prinzen, der auch sie unterrichtet, meinte unlängst, sie sei das klügste Kind, das ihm jemals untergekommen sei. Und sie ist nicht minder geschickt, was die Ertüchtigung des Leibes anbelangt. Sie reitet mit den Männern auf die Jagd und liest Master Aschams unlängst erschienene Abhandlung über das Bogenschießen. Und doch ist sie oftmals betrübt. Bisweilen sogar verzagt.« Die Königin blickte nachdenklich auf die geschlossene Türe, und für kurze Zeit sah ich in ihr wieder die Catherine Parr, die ich kennengelernt hatte: angespannt, besorgt und verzweifelt darauf bedacht, das Richtige zu tun.
    Ich sagte: »Diese Welt ist ein gefährlicher, ungewisser Ort, Euer Majestät. Man kann nicht umsichtig genug sein.«
    »O ja.« Ein wissendes Lächeln. »Und nun befürchtet Ihr, ich könne Euch wieder der größten Unbill aussetzen. Ich sehe es Euch an. Aber ich halte meine Versprechen, mein guter Matthew. Der Fall, mit dem ich Euch betrauen möchte, hat nichts mit Politik zu tun.«
    Ich neigte den Kopf. »Ihr habt mich durchschaut. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Dann sagt am besten nichts. Geht es Euch gut?«
    »Ganz passabel.«
    »Findet Ihr noch ein wenig Zeit für die Malerei?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Im vorigen Jahr durchaus, aber im Augenblick –« Ich zögerte – »Ich habe viele Pflichten.«
    »Ich sehe Sorgenfalten in Eurem Gesicht.« Der Blick aus den nussbraunen Augen der Königin war ebenso eindringlich wie derjenige ihrer Stieftochter.
    »Das sind nur die Runzeln, die mit dem Alter kommen. Aber Ihr seid davon verschont, Euer Gnaden.«
    »Wenn Ihr Verdruss habt, so will ich Euch helfen, so gut ich es vermag.«
    »Nur eine kleine persönliche Angelegenheit.«
    »Eine Angelegenheit des Herzens?« Die Königin sprach laut,

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