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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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erklimmen.«
    »Nein. Der Zahlmeister hat recht getan, die Seeleute anzufeuern, denn an Deck braute sich etwas zusammen. Herrjesus, die Leute, die den Proviant beschaffen – gierige Geschäftemacher, bestechliche Beamte.«
    Wie Richard Rich, dachte ich.
    »Besser, die Franzosen kommen bald, damit das Warten ein Ende hat«, stieß Leacon leidenschaftlich aus. »Dann haben wir es hinter uns, so oder so.«
    Ich blickte in sein kummervolles Gesicht, erwiderte aber nichts. Wieder am Kai angelangt, gingen wir an Land, erleichtert, wieder festen Boden zu spüren. Eine Gruppe zerlumpter Männer wurde von Konstablern mit Stöcken die Oyster Street entlanggetrieben. Einer protestierte wütend: »Ich verdinge mich im Lagerhaus, als Tagelöhner!«
    »Ich habe dich neulich vor dem Kirchhof betteln sehen! Und heute Nacht müssen alle Bettler aus der Stadt!«
    Ich sah Leacon an. »Wie damals in York, wisst Ihr noch? Auch dort wurde das Bettelvolk aus der Stadt entfernt, bevor der König eintraf.«
    »O ja.« Er rief dem Mann zu, der das Sagen hatte. »Wisst Ihr, um welche Uhrzeit der König morgen hier ankommt?«
    »Um neun. Er reitet von Portchester her, über Portsea Island und durch das Stadttor. In Begleitung des Lordadmirals und der Mitglieder des Kronrats. Er wird zu den Schiffen gebracht und nächtigt anschließend im königlichen Zeltlager.«
    »Wird die Königin an seiner Seite sein?«, fragte ich.
    »Keine Frauen, hieß es. Mit Verlaub, Sir, aber ich muss zusehen, dass die Schurken die Stadt verlassen.« Leacon holte tief Luft und drückte mir die Hand. »Hier müssen wir uns trennen, Matthew.«
    »Danke, George. Danke für alles.« Nach einem Moment des Schweigens sagte ich: »Wenn alles vorüber ist, kommt nach London. Bleibt eine Weile bei mir.«
    »Das werde ich. Grüßt Jack von mir.«
    »Viel Glück, George.«
    »Euch ebenso.« Ich blickte in sein ausgezehrtes Gesicht. Er verneigte sich, drehte sich um und schritt eilig davon. Ich blieb traurig zurück. Auf dem Weg zur Herberge zwang ich meine Gedanken zu der Information zurück, die ich von West erhalten hatte, und fragte mich, was sie zu bedeuten hatte und wohin sie führte.
    * * *
    Barak lag auf dem Bett und las noch einmal seine Briefe von Tamasin. Ich zog mir die Stiefel aus und setzte mich auf meine Bettkante. Dabei fragte ich mich, wie ich ihm meinen Entschluss erklären sollte.
    »George Leacon lässt dich grüßen«, sagte ich. »Ich habe ihm Lebewohl gesagt. Der König wird morgen um neun in Portsmouth sein. Er inspiziert die Schiffe.«
    »Bis dahin müssen wir fort sein«, sagte Barak mit Nachdruck.
    »Unbedingt.«
    »Wart Ihr auf der Mary Rose?«
    »Ja.«
    »Und wie ist es dort?«
    »Außergewöhnlich. Schön und beängstigend.«
    »Habt Ihr mit West gesprochen?«
    »O ja.« Ich rieb mir den Hals. »Er geriet in Zorn und packte mich am Kragen.«
    »Ich habe Euch gewarnt«, erwiderte er unwirsch.
    »Es waren Leute in der Nähe. Der Zahlmeister unterbrach uns und wies mich vom Schiff, ehe ich das Rätsel lösen konnte.«
    »Habt Ihr den Namen des besagten Freundes herausgefunden?«
    »Ich fragte West geradeheraus, ob es Warner gewesen sei, aber er stritt es ab und nannte mir einen Namen, den ich noch nie gehört hatte. Vermutlich hat er ihn sich ausgedacht. Jack, West weiß, dass Ellen im Bedlam ist. Ich bin sicher.«
    »Wozu sollte er den Namen des Mannes noch immer für sich behalten, wenn die Geschichte von dem Brief stimmt?«
    »Vielleicht haben sie Ellen gemeinsam Gewalt angetan.«
    Er legte sich wieder hin. »Schon wieder Mutmaßungen.«
    »Hätte dieser Zahlmeister uns nicht unterbrochen –«
    »Ihr habt Euer Bestes getan. Kehren wir nach London zurück.«
    »Morgen reite ich zuerst nach Portchester Castle. Ich muss die Königin sprechen. Und Warner. Sie begleitet den König nicht, die Gelegenheit ist günstig. Ich will herausfinden, ob Warner an jenem Tag in Rolfswood war.«
    Er setzte sich auf. »Nein«, sagte er ruhig. »Ihr lasst es jetzt gut sein und kehrt mit mir nach London zurück.«
    »Und wenn Warner derjenige war, der mich an Rich verraten hat? Ein Spion Sir Richards im Gefolge der Königin?«
    »Und wenn es so wäre, Ihr wisst doch selbst, dass ein jeder bei Hofe einen jeden bespitzelt. Und wenn Ihr danebenliegt, verliert Ihr Warners Gönnerschaft.«
    »Ich schulde es der Königin. Wenn einer ihrer engsten Vertrauten heimlich von Sir Richard bezahlt wird –«
    »Ihr steht mitnichten in der Schuld der Königin«, versetzte er mit

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