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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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heimzukehren. Wisst Ihr nicht, dass der König hier ist?«
    »Ich sah ihn vor zwei Stunden in Portsmouth einziehen.«
    »Bitte sagt mir, dass sich in Hoyland nicht noch mehr schändliches zugetragen hat. Die Königin war außer sich, als sie vom Tode jener Dame erfuhr.«
    »Ein Freibauer aus dem Dorf wurde für den Mord verantwortlich gemacht und in Haft gesetzt. Ich halte ihn für unschuldig.«
    Er winkte ungehalten ab. »Die Königin kann sich jetzt nicht damit befassen.«
    »Und mir wurde dringend geraten, den Fall Curteys niederzulegen. Von keinem Geringeren als Sir Richard Rich.«
    Ich blickte Warner forschend an, gespannt auf seine Reaktion, doch er wirkte nur überrascht. »Was in aller Welt hat Rich mit Hoyland zu schaffen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber am Tag, als ich die Königin in Hampton Court aufsuchte, stand Rich im Toreingang zum Hof. Mit Sir Thomas Seymour. Die beiden nutzten die Gelegenheit, mich ein wenig zu peinigen, aber damals hielt ich die Begegnung für einen unglücklichen Zufall. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich vermag Euch nicht zu folgen.«
    Ich fuhr fort: »Ich hatte Euch gegenüber doch erwähnt, dass ich den Aufenthalt im Süden nutzen wollte, um noch einer zweiten Angelegenheit nachzugehen.«
    »Ich erinnere mich.« Er runzelte die Stirn. »Wenn sie mit dem Curteys-Fall verstrickt ist, hättet Ihr es der Königin mitteilen müssen.«
    »Ich habe erst unlängst entdeckt, dass es in der Tat einen Zusammenhang geben könnte. Und zwar über einen gewissen Sir Quintin Priddis.«
    »Matthew, die Königin kann sich jetzt nicht damit befassen«, sagte er in scharfem Ton. »Seine Majestät bedarf ihrer vollen Unterstützung. Ihr hättet heimkehren sollen.«
    Ich fiel ihm ins Wort: »Ich wollte ergründen, wie eine gewisse Ellen Fettiplace vor neunzehn Jahren ins Bedlam abgeschoben werden konnte, obwohl kein Dokument vorliegt, das ihre geistige Erkrankung attestiert. In die Sache war Sir Quintin Priddis involviert. Meine Nachforschungen führten mich in den Ort Rolfswood, unweit der Grenze zu Sussex, wo man unlängst den Leichnam ihres Vaters fand. Er fiel vermutlich einem Mord zum Opfer. Ich habe mich mit Ellens damaligem Verlobten unterhalten. Er ist jetzt zweiter Zahlmeister auf der
Mary Rose
. Sein Name lautet Philip West.«
    Ich forschte in Warners Gesicht, als ich diese Namen hervorbrachte, aber er sah noch immer nur verwirrt und gereizt drein. »Master West erzählte mir eine außergewöhnliche Geschichte«, fuhr ich fort. »Als junger Mann hatte er eine Stellung bei Hofe inne. Er stand in der Gunst des Königs und erhielt eines Tages von ihm den Auftrag, einen Brief von Petworth nach Hever Castle zu überbringen. Im selben Sommer des Jahres 1526 verschwand Ellens Vater, und sie wurde ins Bedlam verfrachtet. Der Brief des Königs wurde von Wests Begleiter gestohlen, einem jungen Rechtsanwalt im Dienste Katharinas von Aragon.«
    »Was hat dies alles mit –«
    Ich fuhr gnadenlos in meinem Bericht fort. »West glaubt nun, besagter Rechtsanwalt sei ein Spitzel der damaligen Königin gewesen und habe den Brief zu ihr gebracht. Auf diese Weise könnte sie schon früh von seinen Scheidungsplänen Kenntnis erhalten haben. West musste vor den König hintreten und gab vor, der Brief sei verloren, nicht gestohlen. Der Verräter, sagte er mir, sei ein gewisser Gregory Jackson gewesen und lange tot, aber ich frage mich, ob West mich möglicherweise belogen hat.«
    Warner starrte mich an, dann lief er rot an, und seine Züge wurden hart. »Was wollt Ihr damit sagen?« Ich antwortete nicht. »Ihr wisst genau, dass ich damals ein junger Rechtsanwalt im Dienste der Königin war.« Und er fügte leise hinzu: »Jetzt wollt Ihr andeuten, dass ich jener Verräter gewesen sein könnte.« Er holte tief Luft. »Nun gut.«
    Er wandte sich zum Gehen. »Wartet hier«, sagte er. Und ehe ich mich’s versah, war er aus dem Zimmer und hatte die Tür geschlossen. Ich hörte, wie er einem Wachsoldaten den Befehl gab, sie zu bewachen.
    * * *
    Eine halbe Stunde lang wartete ich schwitzend. Barak hatte recht, dachte ich, ich habe mich verrannt; wenn er mit mir hergekommen wäre, hätte ich uns beide in Gefahr gebracht. Als sich die Tür öffnete, fuhr ich unwillkürlich auf, das Herz auf der Zunge. Warner stand da, zwei Wachleute mit Hellebarden hinter ihm. »Kommt mit«, sagte er abrupt. Ich ging hinaus, gefolgt von den Wachleuten.
    Warner führte mich die Treppe hinunter. Unsere

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