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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Schritte hallten von den Steinen wider, und ich dachte mit Entsetzen, dass ich mich in einer Burg befand, mit Verliesen. Doch er blieb im Erdgeschoss stehen, führte mich einen Korridor entlang und öffnete sodann eine Tür, die zu meiner Überraschung in einen kleinen abgeschiedenen Garten führte, inmitten von Bäumen. Weinreben hingen von Spalieren, und Blumen standen in kleinen Beeten entlang der Mauern. Dort saß, im Schatten eines Spaliers, die Königin, auf den Knien den Spaniel Rig, hinter ihr zwei Zofen. Sie trug ein hochrotes Gewand, ihre Lieblingsfarbe, dazu eine blütenbestickte Haube, die Blumenkelche waren mit Diamantsplittern besetzt. Sie blickte zu mir auf, und da bemerkte ich den angestrengten Ausdruck auf ihrem Gesicht, die dunklen Ringe unter den Augen. Ihre Haltung war angespannt, steif, die Miene zornig. Ich verneigte mich tief.
    »Matthew!« Die Stimme der Königin klang gekränkt. »Ihr beschuldigt Master Warner, bei jenem Schurken Richard Rich im Sold zu stehen?«
    Ich drehte mich zu Warner um, der meinem Blick standhielt. »Ich habe niemanden beschuldigt, Eure Majestät. Jedoch hegte ich die Befürchtung –«
    »Master Warner hat mir alles erzählt. Ein recht fadenscheiniger Grund, wie mich dünkt, um hierherzukommen und ihn anzuklagen. Und das ausgerechnet jetzt.«
    »Euer Majestät, meine Sorge galt der Integrität Eures Hofstaates.«
    Die Königin schloss die Augen. »O Matthew, Matthew«, seufzte sie und blickte mich erneut an, doch dieses Mal ruhig. »Habt Ihr die Geschichte noch jemandem erzählt?«
    »Nur Barak.«
    »Nun, eines zumindest ist wahr, dieser West hat Euch in der Tat belogen.« Die Königin gab ihrem Anwalt müde ein Handzeichen. »Sagt es ihm, Robert.«
    Warner sagte kühl: »Es gab sehr wohl einen jungen Rechtsanwalt im Dienste Katharinas von Aragon mit Namen Gregory Jackson. Und er stand auch in meinen Diensten. Aber er starb bereits 1525, ein Jahr, bevor West angeblich jenen Brief verlor. An der Schwitzpest. Ich weiß es genau, denn ich war auf seinem Begräbnis. Der Mann, von dem West sprach, kann also nicht Jackson gewesen sein. Aber ich war es auch nicht. Königin Katharina von Aragon hatte natürlich ihre Spione, die so viel zu erschnüffeln trachteten über die Mätressen des Königs wie irgend möglich. Aber die meisten gehörten dem Hofstaat des Königs an. Und ich brauchte mich nie als Spitzel zu betätigen, mein Wort darauf, ich war damals schon Rechtsanwalt, genau wie heute. Und ich habe keinerlei Verbindungen zu Richard Rich, pflege keinen Umgang mit diesem Mann, so es sich vermeiden lässt. Ich hielt es für das Beste, Eure – Unterstellung – der Königin persönlich vorzutragen.«
    »Und ich habe Vertrauen zu Robert.« Die Stimme der Königin wurde laut. »Haltet Ihr mich für töricht, Matthew? Glaubt Ihr, ich wäre nicht im Bilde, wem in meinen Diensten ich vertrauen kann, zumal ich doch weiß, was einer Königin in diesem Lande widerfahren kann?«
    Ich blickte von ihr zu Warner, bemerkte den Groll in ihren Gesichtern. Und sah ein, dass ich einem Irrtum aufgesessen war. »Ich muss mich in aller Demut entschuldigen, Euer Majestät. Auch bei Euch, Master Warner.«
    Die Königin wandte sich an Warner. »Ich frage mich, ob ein solcher Brief überhaupt existierte.«
    »Ich weiß es nicht, Euer Majestät. Mir kam nichts dergleichen zu Ohren, aber ich genoss auch nicht im besonderen Maße Katharinas Vertrauen. Sie wusste oder ahnte zumindest, dass ich mich für reformerische Ideen erwärmte.«
    Ich sagte: »Wie dem auch sei, West hat gelogen, was diesen Jackson anbelangt.«
    Er nickte steif. Ich wandte mich wieder an die Königin. »Es bleibt zu fragen, inwiefern Rich etwas mit dem Fall Curteys zu tun hat. Es gibt ein Bindeglied zwischen dem Curteys-Fall und der Angelegenheit in Sussex – der Lehnsrichter Sir Quintin Priddis war früher Coroner in Sussex. Er ist ein alter Freund von Sir Richard.«
    Die Königin überlegte. »Die arme Mistress Hobbey – Ihr habt Robert erzählt, ein Mann sei für ihren Tod verantwortlich gemacht worden?«
    »Ein Freibauer aus dem Dorf. Er hatte den Bemühungen Master Hobbeys getrotzt, das Gemeindeland von Hoyland einzuzäunen.«
    »Ihr haltet ihn für unschuldig?«
    »Jawohl. Es gibt keinerlei Beweise gegen ihn.«
    »Und gegen andere?«
    Ich zögerte. »Nein.«
    »Dann muss er sich vor Gericht verantworten.«
    »Man hat ihn ins Gefängnis gesperrt. Ich habe mich erboten, den Fall der Dorfleute vor dem Court of Requests

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