Der Pfeil der Rache
nahmen grinsend Reißaus. Ich wandte mich Tamasin zu. »Geht es wieder?«
»Aber ja. Er brauchte sie nicht so zu schelten, die Ärmste.«
Guy stieg bedächtig die Treppe herunter, wobei er sich die Hände an einem Handtuch trocknete. »Geht es dir besser, Tamasin?«, fragte er.
»Aber ja.« Sie rappelte sich auf; und Barak eilte ihr zu Hilfe.
»Sagt es ihr, Doktor Malton«, flehte Barak ihn an. »Sagt ihr, wie töricht es war, ohne Begleitung aus dem Haus zu gehen.«
Guy beugte sich zu ihr hinunter und befühlte ihre Stirn. »Du bist überhitzt, Tamasin. Das ist nicht gut in deinem Zustand.«
»Also schön, ich werd’s nicht wieder tun«, sagte sie, und an Barak gewandt, fügte sie hinzu: »Versprochen.«
»Darf ich Tamasin in deinem Studierzimmer untersuchen, Matthew?«, fragte Guy.
»Selbstverständlich. Jack, könnte ich dich kurz sprechen?«, fragte ich rasch, als er Anstalten machte, Guy und seiner Frau zu folgen. Tamasin dankte es mir mit einem Lächeln. Widerstrebend folgte Barak mir in die Wohnstube.
Ich schloss die Tür, hieß ihn sich setzen und rückte mir einen Schemel ihm gegenüber zurecht.
»Wir haben dringende Pflichten«, sagte ich.
»Die Königin?«
»Ja.«
Seine Augen leuchteten interessiert auf, als ich ihm meine Unterredung mit der Königin und Bess schilderte. »Ich habe mit Lady Elizabeth gesprochen«, fügte ich hinzu.
»Wie ist sie?«
»Erstaunlich klug. Die Königin und sie sind einander zugetan wie Mutter und Tochter.« Ich lächelte und fuhr dann stirnrunzelnd fort: »Danach begegnete ich zwei alten Bekannten. Rich und Thomas Seymour. Sie wussten offenbar, dass ich die Königin besucht hatte, denn sie schienen nur darauf zu warten, dass ich herauskäme, damit sie mich ärgern konnten.«
»Verfluchtes Pech! Sie sprachen vermutlich über Kriegsangelegenheiten, als Ihr aufgetaucht seid. Wer vor einen Misthaufen tritt, der entdeckt wohl oder übel ein paar Maden.«
»Du hast recht. Aber Rich verfolgt meinen Werdegang.«
»Es ist kein Geheimnis, dass die Königin Euch zuweilen mit Fällen betraut. Vermutlich ist ihm zu Ohren gekommen, dass Ihr den Palast aufsuchen würdet, also hat er beschlossen, Euch ein wenig einzuheizen.«
»So wird es sein. So bedeutend bin ich nicht, dass er sich ernsthaft für mich interessieren müsste.«
»Rich ist angeblich ein wenig in Ungnade gefallen.«
»Das habe ich auch gehört. Aber er sitzt nach wie vor im Kronrat. Der König schätzt seine Talente«, fügte ich bitter hinzu.
»Die Politik ist wie ein Würfelspiel; je besser der Spieler, desto schlechter der Mensch.«
»Jack, wir müssen uns sputen. Am Montag findet die Anhörung statt.«
»Wir hatten noch nie mit dem Court of Wards zu tun.«
»Viele seiner Funktionen haben nichts mit einem Gerichtshof gemein. Kennst du das Prinzip der Vormundschaft?«
Er zitierte stockend eine Passage aus einem Gesetzestext, an die er sich erinnerte. »Verfügt ein Mann über ein Ritterlehen und hinterlässt bei seinem Tode minderjährige Erben, geht der Besitz zu treuen Händen an den König, bis das Mündel großjährig wird oder heiratet.«
»Das ist richtig.«
»Und der König hat das Recht, das Land zu verwalten und sein Mündel zu verheiraten. In Wirklichkeit verschachert er die Vormundschaft an den Höchstbietenden. Und zwar über das Vormundschaftsgericht, den Court of Wards.«
»Trefflich gelernt. Ein Ritterlehen ist eine alte Besitzform, die schon im Aussterben begriffen war, ehe unser gegenwärtiger König den Thron bestieg. Dann aber wurden die Klöster aufgelöst. Und alle beschlagnahmten Klosterländereien, die veräußert wurden, kamen in den Stand von Ritterlehen. Man erzeugte so viele Vormundschaften, dass man die Behörde, die früher dafür zuständig gewesen war, das Office of Wards, durch den gleichnamigen Gerichtshof ersetzte. Seine Hauptaufgabe besteht nun in der Verwaltung der Vermögen. Sobald die Lehensrichter vor Ort den Wert der Ländereien geschätzt haben, welche zum Lehen gehören, wird mit den einzelnen Anwärtern auf die Vormundschaft für die minderjährigen Erben verhandelt.«
»Einige Vormundschaften fallen auch den nächsten Verwandten der Kinder zu, nicht wahr?«
»In der Tat. Zumeist jedoch, besonders wenn es keine nahen Verwandten gibt, werden sie dem Höchstbietenden zugesprochen. Im Falle der Curteys-Kinder war dies offenbar Nicholas Hobbey.«
»Ich begreife allmählich seine Beweggründe.« Baraks Interesse war geweckt. »Hätte er Emma mit seinem
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