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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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»Und wer sollte den besagten Beutel füllen, Sir Thomas?«, fragte er. »Hoffentlich die Klägerin selbst. Denn gäbe die Königin das Geld, käme dies dem Tatbestand der Begünstigung einer prozessführenden Partei gleich, und derlei wäre nicht rechtens.«
    »Die Königin wird schon dafür sorgen, dass alles seine Richtigkeit hat«, versetzte ich. »Sie weiß selbst, was recht und billig ist.« Die Antwort war kühn, doch es war an der Zeit, ihn daran zu erinnern, wer meine Gönnerin war.
    Rich neigte den Kopf. »Dies ist nicht das erste Mal, dass ihre Majestät Euch in juristischen Angelegenheiten zu Rate zieht. Die Sache dünkt mich doch ein wenig seltsam, zumal unser König in York keine sonderlich hohe Meinung von Euch hatte.« Er wandte sich mit einem Lächeln an Sir Thomas. »Master Shardlake erregte dort das Missfallen Seiner Majestät und erhielt dafür einen öffentlichen Rüffel.« Er drehte den Kopf, und ich sah, dass sein Haupthaar unter der Kappe allmählich ergraute.
    »Ich kenne die Geschichte«, sagte Seymour. »Die halbe Einwohnerschaft der Stadt York war zugegen. Wie nannte er Euch doch gleich, Shardlake? Einen krummbuckligen Kreuch, nicht wahr?« Wieder lachte er.
    Rich entließ mich mit einer angedeuteten Verbeugung. »Seid auf der Hut, Master Shardlake.«
    Bis ins Mark erschüttert, ging ich davon, spürte im Rücken ihre Blicke. Diesen zweien gemeinsam zu begegnen war verfluchtes Pech. Ich hatte geglaubt, Rich ein für alle Mal los zu sein. Der Gedanke, seinen übelwollenden Blick all die Jahre auf mir zu wissen, machte mir Angst; aber zweifellos belauerte er jeden unter sich in der Hoffnung, ihm ein Bein stellen zu können. Zum Glück wusste ich die Königin an meiner Seite. Ich wartete, bis ich den Torbogen durchschritten hatte und aus dem Blickfeld der beiden war, ehe ich mir den Schweiß von der Stirn wischte.
    * * *
    Ich kehrte unverzüglich nach Hause zurück; Tamasin hatte ihren Besuch angekündigt, und Barak würde sie begleiten. Zu meiner Überraschung fand ich den Flur meines Hauses voller Menschen vor. Tamasin saß auf der untersten Treppenstufe und hielt sich den gewölbten Leib. Ihr hübsches blasses Gesicht war schweißnass, das blonde Haar in Strähnen. Coldirons Tochter Josephine hatte ihr die Haube abgenommen und fächelte ihr mit weit ausholender Geste Luft zu. Barak stand daneben und kaute bang an den Lippen. Coldiron besah sich die Szene mit missbilligendem Blick, während die beiden Küchenjungen um die Ecke linsten.
    »Tamasin«, sagte ich besorgt. »Was ist dir, meine Liebe? Wo ist Guy?«
    »Es ist schon gut, Master Shardlake.« Zu meiner Erleichterung klang ihre Stimme belustigt. »Er wäscht sich die Hände. Mir wurde nur etwas mulmig, als ich aus der Sonne kam, und ich musste mich setzen.«
    »Sie kam zu Fuß hierher, mutterseelenallein«, sagte Barak entrüstet. »Ich sagte, ich würde hier auf sie warten, allerdings ging ich davon aus, dass Jane Marris sie begleiten würde. Stattdessen geht sie alleine los in dieser Hitze, und viel zu schnell, wie ich sie kenne. Und wenn du unterwegs umgefallen wärst, Tammy? Warum ist Jane nicht mitgekommen?«
    »Ich habe sie auf den Markt geschickt, einkaufen. Sie war noch nicht zurück, als ich aus dem Haus ging. Auf dem Markt herrscht derzeit ein entsetzliches Getriebe, alle sind aufgebracht wegen der neuen Münzen.«
    »Du hättest ihr sagen müssen, dass sie rechtzeitig zurückkommen soll, um dich zu begleiten. Bist du nicht ganz bei Trost, Frau?«
    »Ich war nicht besinnungslos, Jack«, versetzte Tamasin gereizt. »Ich musste mich nur ein wenig ausruhen – aua!« Josephine hatte etwas zu eifrig gefächelt und versehentlich ihre Wange gestreift. Coldiron riss der Tochter die Haube aus der Hand. »So pass doch auf, du Trampel! Ab in die Küche mit dir! Und dass du mir nicht noch mehr Geschirr zerschlägst!« Josephine errötete, zog den Kopf ein und trippelte hastig davon. Coldiron wandte sich mir zu. »Sie hat heute Morgen den großen Buttertopf zerbrochen. Der wird ihr vom Lohn abgezogen, hab ich zu ihr gesagt.«
    »Ach woher«, wehrte ich ab. »Ich kaufe einen neuen.«
    Coldiron holte tief Luft. »Wenn ich das sagen darf, Sir, damit schadet Ihr der Disziplin. Frauen sind wie Soldaten, sie müssen lernen, ihrem Herrn zu gehorchen.«
    »Hinaus mit Euch!«, sagte ich barsch. »Ich habe hier genug zu tun.«
    In Coldirons gesundes Auge trat ein Zornesfunkeln, dennoch machte er kehrt und trollte sich in die Küche. Die Jungen

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