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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Freund, Ihr habt ihn nie kennengelernt.«
    »Ich würde ihm gerne helfen, wenn ich es kann. Allerdings müsste mich jemand begleiten. Mein Gehilfe ist unabkömmlich und mein Steward – ungeeignet.«
    Sie nickte. »Ein tüchtiger Schreiber, dazu ein kräftiger Bursche, der Euch zur Seite steht. Warner, würdet Ihr das in die Wege leiten?«
    »Ich will mein Möglichstes tun.«
    Sie lächelte ihm zu. »Ich weiß, Ihr sorgt Euch um mich, mein Lieber. Aber ich möchte, dass man der Sache auf den Grund geht. Zum einen liegt sie mir am Herzen, zum anderen ist es nur recht und billig.« Sie wandte sich wieder mir zu. »Ich danke Euch, Matthew. Und nun muss ich gehen. Der König erwartet mich zum Mittagsmahl. Matthew –« Sie bot mir die Hand zum Kuss – »haltet mich auf dem Laufenden über das Ergebnis der Anhörung.«
    Meine Lippen streiften eine zarte Hand, ein Hauch von Moschus wehte mich an, und Königin Catherine war entschwebt. Die Kammerzofe folgte ihr und schloss die Tür. Warner setzte sich wieder und sah mich fragend an.
    »Die Würfel sind also gefallen, Matthew.«
    »Ja.«
    »Sobald die Anhörung vorüber ist, lasst mich das Urteil hören. Und wenn Ihr reisen müsst, will ich Euch tüchtige Begleiter an die Seite stellen.«
    »Ich danke Euch.«
    Nach kurzem Zögern fragte Warner: »Habt Ihr Euch nicht schon einmal für ein Kind eingesetzt, dem Unrecht geschah?«
    Ich lächelte. »Sagte nicht unser Herr Jesus, wir sollten uns der Kinder erbarmen?«
    Warner sah mich sinnend an. Offensichtlich fragte er sich, warum ich dergleichen tat. Ich war mir selbst nicht ganz schlüssig, wusste nur, dass gefährdete Kinder und Justizirrtümer zwei Themen waren, die mich zutiefst berührten. Genau wie die Wünsche der Königin, für die ich mehr empfand als nur Freundschaft. Obwohl es völlig sinnlos war, sich näher mit diesem Gedanken zu befassen. Als ich auf die Straße hinaustrat, verspürte ich eine ungewohnte Entschlossenheit in mir aufwogen, was Barak zuweilen als meine Sturheit bezeichnete.
    * * *
    Einige Stunden später überquerte ich wieder den Hof des Bedlam. Nebel war aufgezogen und dämpfte den Lärm der Stadt.
    Ich hatte heute Morgen beschlossen, Ellen einen Besuch abzustatten. Der Gedanke, dass sie nicht einmal über den Schutz einer Urkunde verfügte, die ihre Unzurechnungsfähigkeit amtlich bestätigte, hatte mein Verantwortungsgefühl für sie noch bestärkt. Zwei Menschen mussten die Wahrheit kennen: Aufseher Metwys und der Schließer Edwin Shawms. Sir Metwys war ich begegnet, als ich vor zwei Jahren den Fall eines im Bedlam eingekerkerten Mandanten übernommen hatte; er war ein typischer Höfling, der kein Hehl aus der Tatsache machte, dass das Amt des Aufsehers für ihn nur eine gewinnträchtige Pflicht war. Die Summe, die ein Mann seines Standes fordern würde, um Geheimnisse preiszugeben, überstieg meine Möglichkeiten. Und Schließer Shawms war Metwys’ williges Werkzeug. Also hatte ich beschlossen, vielleicht ein wenig überstürzt, Ellen aufzusuchen und einmal mehr mit Fragen zu behelligen.
    Ich klopfte an der Tür. Sie wurde mir von einem der jüngeren Schließer aufgetan, einem untersetzten, maulfaulen Burschen namens Palin. Er nickte mir dumpf zu. »Ich möchte Ellen Fettiplace besuchen«, sagte ich.
    »Soso.« Er nickte. Da wurde er beiseitegeschoben, und Hob stand in der Tür. »Master Shardlake«, begrüßte er mich in gespielter Freude. »Ich hatte nicht erwartet, Euch schon so bald wiederzusehen.«
    »Ich muss vielleicht verreisen und wollte Ellen Bescheid sagen.«
    Er trat beiseite, um mich einzulassen. Die Tür der Amtsstube stand offen, und ich sah Shawms am Schreibtisch sitzen. Er war ein beleibter Mann mittleren Alters und schien stets dasselbe schmierige schwarze Wams zu tragen. Er blickte auf, als ich auftauchte, die Miene versteinert. Wir waren alte Gegner.
    »Ihr kommt, um nach Ellen zu sehen, Master Shardlake?«, fragte er mit knurriger Stimme.
    »So ist es, Sir.«
    »Da wollte Euch wohl jemand an die Gurgel«, sagte er. »Einer der Beklagten vielleicht, der es satthatte, durch die Gerichtssäle geschleift zu werden?«
    »Nein, nur ein paar Spitzbuben, die es auf mein Geld abgesehen hatten. Danke für die herzliche Begrüßung, Master Shawms. Man fühlt sich stets willkommen im Bedlam.«
    »Wer sich hier abrackern muss, für den ist es Arbeit, hab ich recht, Hob?« Er maß Gebons mit prüfendem Blick.
    »So ist es, Sir.«
    »Sie sitzt in der Stube. Sagt ihr doch, sie soll

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