Der Pfeil der Rache
angenehmer Ritt«, sagte ich zu Barak.
»Nein. Ich habe Euer Gespräch mit Master Dyrick gehört.«
»Er würde mit den Vögeln auf den Bäumen streiten, wenn keine Menschen in der Nähe wären. Gegen wen richtete sich Feaveryears Groll?«
Barak lachte. »Vor einer Weile kamen wir an ein paar Männern vorüber, die ein Wegkreuz ausgruben. Wisst Ihr noch?«
»O ja. Es sind ohnehin nur noch wenige Kreuze übrig.«
»Was für eine Plackerei an diesem heißen Tag, stellte ich fest, nur um etwas zu sagen, woraufhin Feaveryear gleich gegen die Kreuze zu Felde zieht, sie als papistische Idole bezeichnet und anfängt, gegen den Papst zu wettern, ihn den Antichrist zu schelten.«
Ich stöhnte. »Ein geifernder Radikaler. Das hat uns gerade noch gefehlt.«
* * *
Einige Meilen vor Esher war es vorbei mit unserem schnellen Vorankommen. Wir erreichten das Ende einer langen Schlange aus Fuhrwerken, die nicht weiterkamen, weil vor ihnen die Straße ausgebessert wurde. Männer und Frauen in grauen Kitteln, wahrscheinlich aus dem nahe gelegenen Dorf, waren dabei, ein Stück des Wegs zu ebnen, in das sich tiefe, schlammige Furchen gegraben hatten. Wir mussten über eine Stunde lang warten, ehe man uns weiterreiten ließ. Hinter uns fanden sich weitere Wagen ein, und Dyrick saß schäumend vor Wut im Sattel wegen der Verzögerung. Der Verkehr war dichter geworden, und für den Rest des Vormittags mussten wir uns langsam zwischen Wagen und Reitern hindurchschlängeln.
Endlich langten wir im Städtchen Esher an, wo wir zum Mittagsmahl in einer Schenke einkehrten. Dyrick war noch immer unleidlich und geiferte gegen Feaveryear, als dieser ein wenig Gemüsebrei auf dem Tisch vergoss. Der Schreiber errötete und entschuldigte sich. Ich staunte, wie viel er sich von seinem Dienstherrn gefallen ließ.
* * *
Der Nachmittag zog sich weiter in die Länge. Immer mehr Wagen waren gen Süden unterwegs, einige hatten Fässer mit Nahrung und Bier, andere Utensilien für das Zimmererhandwerk, wieder andere Tuchballen und Waffen geladen – auf einem der Wagen fanden sich beispielsweise viele tausend Pfeile in Leinenköchern. Einmal mussten wir an den Rand der Straße ausweichen, um ein großes, mit schweren Rädern versehenes Fuhrwerk passieren zu lassen, welches auf beiden Seiten, gut sichtbar, ein weißes Kreuz aufwies; es hatte Fässer geladen, die fest mit Seilen verzurrt waren. Schießpulver, nahm ich an. Später mussten wir einen Trupp ausländischer Soldaten vorbeilassen, kräftige Kerle in grellbunter Tracht, die gelben Ärmel und Beinkleider geschlitzt, dass das rote Tuch darunter hervorspitzte. Sie marschierten schwungvoll an uns vorbei und redeten deutsch miteinander.
Mitten am Nachmittag verdunkelte sich der Himmel. Ein heftiger Regenguss durchnässte uns und verwandelte die Straße in Schlamm. Der Weg stieg leicht an, als wir das Themsetal verließen und die Kalkhügel der Surrey Downs hinaufritten. Als wir in Cobham anlangten, einem Dorf mit einer langgezogenen Hauptstraße, an einem Flüsschen gelegen, war ich erschöpft, Schenkel und Kehrseite sattelwund, die Flanken der Pferde schweißglänzend. Auch Barak und Dyrick sahen müde aus, und Feaveryears dürre Gestalt hing schlaff über dem Sattelknauf.
Im Ort herrschte rege Betriebsamkeit, allenthalben standen Fuhrwerke entlang der Straße, die meisten wurden von Dorfjungen bewacht. Abseits der Straße, auf einer großen Wiese, eilten Männer hin und her, die weiße Zeltkegel errichteten. Sie waren allesamt junge, kräftige Burschen, überdurchschnittlich groß, mit breiten Schultern und kurzgeschorenem Haupthaar. Sie trugen ärmellose Wämser, zumeist aus Wolle und in den Brauntönen und hellen Farben der ärmeren Klassen, einige allerdings auch aus Leder. Sechs große Karren wurden am hinteren Ende des Feldes herangezogen, und ein Dutzend stämmige Rösser wurden zum Fluss hinuntergeführt, während andere Männer Lagerfeuer bauten und Latrinen aushoben. Ein älterer, graubärtiger Mann in einem vornehmen Wams und einem Schwert an der Hüfte ritt langsam auf einem schlanken Jagdpferd um die Gruppe herum.
»Das sieht nach einem Trupp Soldaten aus«, sagte ich. Es waren insgesamt vielleicht an die hundert Mann.
»Wo sind ihre weißen Waffenröcke?«, fragte Dyrick. Soldaten, die für den Krieg ausgehoben wurden, erhielten normalerweise weiße Waffenröcke mit einem roten Kreuz darauf, wie jene in der Barkasse.
Mitten auf dem Feld gewahrte ich einen untersetzten
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