Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
Vom Netzwerk:
und eine willkommene Wärme verbreitete, und als wir uns Kingston näherten, herrschte auf dem Fluss schon reger Verkehr. Bei der alten Steinwerft gingen wir an Land. Ich blickte über den Fluss auf die bewaldete Fläche des Hampton Court Park. Die Königin traf gewiss bereits Vorbereitungen für die bevorstehende Reise.
    Wir gingen eine kurze Gasse entlang zum Marktplatz. Dyrick hatte uns Nachricht gegeben, wir sollten ihn und Feaveryear dort in einem Wirtshaus treffen, dem Druid’s Head. Barak, der zwei der Packtaschen geschultert hatte, blieb stumm und nachdenklich. Ich sah ihn fragend an. »Danke, dass Ihr mir aus dem Schlamassel geholfen habt«, sagte er leise. »Jenes Boot vorhin, mit den vielen Soldaten darin – einer davon hätte ich sein können.«
    »Nun, jetzt bist du ja in Sicherheit.«
    Wir betraten den Hof des Wirtshauses. Das Tor zum großen Stall stand weit offen, so dass wir mehrere Pferde in ihren Verschlägen stehen sahen. Daneben befand sich eine Schmiede, wo neben der glühenden Esse der Schmied schwitzend Hufeisen auf einem Amboss zurechthämmerte. Wir betraten die Schenke. Die Stube war nahezu menschenleer, bis auf zwei Männer, die an einem der Tische ihr Morgenbrot zu sich nahmen, die Kappen und zwei Paar Sporen auf der Bank neben sich. Dyrick und Feaveryear. Wir traten vor sie hin und verneigten uns. Feaveryear erhob sich halb, Dyrick nickte nur.
    »Da seid Ihr ja endlich«, knurrte er. »Wir sollten aufbrechen.«
    »Wir haben London im ersten Morgenlicht verlassen«, versetzte ich spitz.
    »Ich kam schon gestern Abend her, um mir die Pferde zu besehen. Ein Mann, der etwas auf sich hält, will auch ein tüchtiges Ross.«
    »Wir haben vier gute Pferde ergattert und ein fünftes für die Packtaschen«, sagte Feaveryear selbstgefällig. Eine fettige Haarsträhne hing ihm wie üblich in die Stirn. Er sah müde aus; Dyrick dagegen gebärdete sich mit der gewohnten Forschheit. Er wischte sich mit einem Sacktuch über den Mund und erhob sich energisch.
    »Wir sollten aufbrechen. Wir müssen heute Abend Cobham erreichen, neun Meilen von hier entfernt, und die Straße nach Portsmouth wird angeblich auch von Soldaten und Fuhrwerken genutzt. Bring mir die Taschen, Sam.« Dyrick griff nach seiner Kappe und ging uns zum Stall voraus. Barak schüttelte grinsend den Kopf und erntete von Feaveryear prompt einen vorwurfsvollen Blick.
    Wir betraten den Stall. Dyrick warf einen Blick auf den Pferdeknecht. »Die anderen sind endlich gekommen«, sagte er. »Sind die Tiere gesattelt und gezäumt?«
    »Jawohl, Sir. Wir führen sie hinaus auf den Hof.«
    Wir traten ins Freie. Der Stallknecht und ein Junge folgten uns mit fünf Pferden. Es waren große, kräftige Tiere, Braune und Apfelschimmel. »Gut gemacht«, sagte ich zu Feaveryear.
    »Mein Herr trug mir auf, den Beutel nicht zu schonen. Die Tiere kosten fünf Pfund hin und zurück.«
    »Donnerwetter!«, stieß Barak aus.
    »Es gibt jetzt ein Aufgeld für Pferde«, erklärte der Stallknecht.
    »Ich schlage vor, Ihr bezahlt den Mann, Bruder Shardlake«, sagte Dyrick. »Ihr könnt das Geld von Eurer Mandantin zurückfordern, wenn sie verliert. Oder von deren Gönnerin.«
    »Ich zahle die Hälfte. Wie es das Gesetz vorschreibt. Ein jeder begleicht die eigenen Spesen, bis der Ausgang des Verfahrens feststeht.«
    Dyrick seufzte, langte dann aber in seinen Beutel.
    »Können wir Portsmouth in vier Tagen erreichen?«, fragte ich den Stallknecht.
    Er schüttelte den Kopf. »Dann hättet Ihr Glück, Sir. Ich würde sechs oder sieben Tage einplanen, die Straßen sind voll.«
    »Seht Ihr, Master Shardlake?«, sagte Dyrick. »Ich wusste, wie es kommen würde.«
    Wir saßen auf, Dyrick und ich vorneweg, Barak und Feaveryear hinter uns und zuletzt das Packpferd, welches Feaveryear mit einem Strick an sein Ross gebunden hatte. Als wir auf die Straße ritten, sprengte ein Reiter in den Hof, die Flanken seines Pferdes schweißnass. Er trug das Wappen des Königlichen Hofstaates: ein Vorbote, der die Wegstrecke prüfte, die der König in Bälde zurücklegen würde.
    * * *
    Wir ritten aus Kingston hinaus in die Landschaft von Surrey. Gemüsegärten und Getreidefelder säumten die Straße zu beiden Seiten, um die unersättliche Nachfrage der Stadt London zu stillen; dahinter lagen die eingezäunten Wälder von Hampton Court. Normalerweise brachten die Menschen um diese Jahreszeit das Heu ein, färbte das Getreide sich allmählich golden, doch nach den Unwettern stand es zum Teil

Weitere Kostenlose Bücher