Der Pfeil der Rache
niedergedrückt und noch immer grün auf den Feldern. Jene, die die Feldarbeit verrichteten, beteten gewiss um schönes Wetter. Als die Sonne höher stieg, wurde es heiß, und ich war froh um meine ausladende Reitkappe. Wir kamen schneller voran, als Dyrick befürchtet hatte; die breite Straße war aufgeweicht, und die Räder der schweren Fuhrwerke hatten tiefe Furchen gegraben; die schlimmsten Schäden jedoch waren ausgebessert worden; die Erde flachgewalzt, Schlaglöcher mit Steinen aufgefüllt und unwegsame Stellen mit mehreren Schichten Flechtwerk gangbar gemacht. Unsere Pferde schienen allesamt kräftig und fügsam zu sein.
»Wir sollten heute bis nach Cobham kommen«, sagte ich zu Dyrick.
»Hoffentlich.«
»Wie sieht unsere Route aus? Ich bin noch nie in Hampshire gewesen.«
»Heute bis Cobham, morgen nach Godalming, wenn wir Glück haben. Tags darauf dann über die Grenze nach Hampshire und weiter über Petersfield und Horndean.«
»Hoyland liegt, wenn ich mich recht entsinne, sieben oder acht Meilen nördlich von Portsmouth.«
»Ja, am Rande des alten Waldes von Bere.«
»Ich nehme an, Ihr habt Master Hobbey schon bei früherer Gelegenheit einen Besuch abgestattet.«
»Ja. Obwohl er für gewöhnlich mich konsultiert, wenn er geschäftlich in London weilt.«
»Er ist immer noch im Tuchhandel tätig?«
Dyrick blickte mich scharf an. »Nein.«
»Ihr habt vor Gericht erwähnt, dass er kürzlich Holz aus Master Curteys’ Waldland verkauft hat?«
Dyrick drehte sich im Sattel zu mir um. »Wollt Ihr schon jetzt die Integrität meines Mandanten anfechten, Bruder Shardlake?« Seine Stimme nahm wieder die typische Rauheit an.
»Die Art und Weise, wie Hugh Curteys’ Land verwaltet wird, geht auch mich etwas an.«
»Wie bereits erwähnt, wird in der Tat ein geringer Bestandteil des Holzes geschlagen. Es wäre ja auch töricht, bei der derzeitigen Marktlage nicht die Gunst der Stunde zu nutzen. Doch dies alles wird vom zuständigen Lehnsrichter ordentlich vermerkt.«
»Dessen Kontenbücher ich nicht einsehen darf.«
»Weil es sowohl Sir Quintin Priddis’ Integrität wie auch jener meines unglücklichen Mandanten schaden würde.« Schon wieder dieser gereizte Unterton. »Ihr werdet die Möglichkeit erhalten, mit Sir Quintin zu sprechen, dies sollte jedem vernünftigen Manne genügen.«
Eine Weile ritten wir schweigend weiter. Dann sagte ich, leutselig: »Bruder Dyrick, wir werden noch mindestens eine Woche miteinander auskommen müssen. Dürfte ich daher vorschlagen – um uns das Leben ein wenig leichter zu machen –, dass wir eine gewisse Höflichkeit wahren? Das ist so Usus unter Anwälten.«
Er senkte den Kopf, dachte nach. »Nun ja, Bruder, es ist schon wahr, diese Reise kommt mir gar nicht zupass. Ich wollte eigentlich meinen Sohn in der Kunst des Bogenschießens unterweisen. Nichtsdestoweniger könnte der Besuch auch von Nutzen sein. Mit dem Klosterland erwarb Master Hobbey auch die herrschaftlichen Rechte über Hoyland, das dazugehörige Dorf. Wir haben uns über sein Vorhaben ausgetauscht, das Gemeindeland an sich zu bringen, ein Waldstück. Die Dorfleute werden natürlich entschädigt«, fügte er hinzu.
»Ohne ihr Gemeindeland können die meisten Dörfer nicht überleben.«
»In dieser Weise habt Ihr bereits vor Gericht argumentiert. Doch jetzt gebt mir Euer Ehrenwort, nicht mit den Dorfleuten zu paktieren.« Er lächelte. »Was sagt Ihr? Schließlich sind wir doch Amtsbrüder.«
Ich starrte ihn nieder. »Ihr habt kein Recht, dergleichen zu verlangen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Nun, Sir, wenn Ihr unter den Dorfleuten nach Mandanten jagt, könnt Ihr nicht erwarten, Euch mit Master Hobbey ins Einvernehmen zu setzen.«
»Ich habe keineswegs die Absicht, auf Mandantenjagd zu gehen. Aber ich schulde Euch auch keine Gegenleistung für Eure Höflichkeit. Entweder Ihr gewährt sie mir, als Amtsbruder, oder Ihr lasst es bleiben.«
Dyrick wandte sich ab, ein höhnisches Grinsen im Gesicht. Ich sah mich nach Barak um. Er unternahm gerade den Versuch, mit Feaveryear ins Gespräch zu kommen, und ich hörte, wie dieser in scharfem Ton ausstieß: »Dieser Antichrist!« Barak blickte mich an, verdrehte angewidert die Augen und schüttelte den Kopf.
Wir kamen auch weiterhin gut voran und machten schließlich Rast an einem Fluss, um die Pferde zu tränken. Meine Schenkel waren schon ganz steif. Dyrick und Feaveryear traten ein wenig beiseite und unterhielten sich leise.
»Dies wird kein
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