Der Piratenfuerst
und seine Stimme hallte dröhnend von den Wänden wider: »Ich bin hier Gouverneur«, brüllte er Raymond an, »ich brauche Ihre Gängelei nicht, und auch nicht die Hilfe des Königs von Spanien, verstanden?«
Raymonds Mut welkte unter Conways Zorn dahin. Er sagte nichts mehr. Puigserver stand auf und schritt langsam zur Tür. Erleichtert und dankbar folgte ihm Hauptmann Vega.
Puigserver blieb einen Moment stehen und blickte sie alle an. Seine Augen waren sehr dunkel. »Ich würde Captain Bolitho natürlich gern begleiten.« Er lächelte flüchtig. »Ich hege große Bewunderung für seinen Mut und seine –«, er suchte nach dem richtigen Wort, »– seine Integrität. Aber ich habe viel zu tun. Es ist meine Aufgabe, die spanischen Soldaten und ihre Angehörigen mit der Bedford nach Hause zu schicken.« Er warf einen kurzen Blick auf Conway, und sein Lächeln schwand.
»Wie Sie heute früh sehr richtig bemerkten, hat Spanien hier keine Hoheitsrechte mehr.«
Bolitho sah ihm nach, als er hinausging. Sofort bei der Ankunft hatte er die Spannung gespürt. Es konnte für Conway nicht leicht gewesen sein. Er machte sich Sorgen, weil weder Nachrichten noch Verstärkungen noch Lebensmittel eintrafen.
Aber es war falsch von ihm, sich Puigserver zum Gegner zu machen. Wenn es hier schiefging, würde Conway alle Fürsprache brauchen, die er bekommen konnte, sogar von spanischer Seite.
Jardine sagte möglichst beiläufig: »Ich gehe dann am besten auch. Ich muß die Sepoys einweisen und die Seesoldaten ablösen lassen.« Für das, was Hauptmann Bellairs und seine Leute in so kurzer Zeit geschafft hatten, äußerte er kein Wort des Dankes oder der Anerkennung.
Wieder blickte Bolitho durchs Fenster. Urwald und Schlinggewächse, die den Stützpunkt bedrängt hatten, waren gelichtet und alle Toten beerdigt. Das als Lazarett benutzte Gebäude war gereinigt und frisch gestrichen worden; Whitmarsh war sogar des Lobes voll über die Leistungen der Männer gewesen.
Conway nickte. »Nach Sonnenuntergang kommen Sie bitte wieder hierher, Major.«
Bolitho wartete, bis die beiden Offiziere draußen waren, und sagte dann: »Bitte um Entschuldigung für meinen Ausbruch, Sir. Aber ich habe die Nase voll von dieser Sorte.«
»Mag sein«, knurrte Conway. »Doch in Zukunft werden Sie den Mund halten. Auch wenn Jardine nur eine Handvoll invalider Bettler unter seinem Kommando hätte, würde ich Ihnen dasselbe sagen. Ich brauche jeden Mann, den ich kriegen kann.«
Raymond stand gähnend auf. »Verdammte Hitze! Ich glaube, ich lege mich vor dem Dinner ein bißchen hin.« Auch er ging langsam hinaus, ohne einen Blick für Bolitho.
Gedämpft sagte Conway: »Ihre Bemerkung über das Waffentragen gefiel ihm nicht.« Er lachte leise. »Während Sie weg waren, hat seine Frau Loblieder auf Marineoffiziere im allgemeinen und auf Sie im besonderen gesungen.« Er runzelte die Stirn. »Ich habe anscheinend zu meinem Unheil dauernd mit Menschen zu tun, die einander absichtlich ruinieren.«
»Wie geht es ihr, Sir?« Bolitho traute sich nicht, Conway ins Gesicht zu blicken. »Ich habe sie seit meiner Rückkehr noch nicht gesehen.«
»Sie hat diesem Säufer von Schiffsarzt bei der Kranken- und Verwundetenpflege geholfen.« Conway zog die Brauen hoch.
»Überrascht Sie das? Bei Gott, Bolitho, über Frauen müssen Sie noch viel lernen. Aber alles zu seiner Zeit.«
Bolitho dachte daran, wie Viola sich gewe igert hatte, die Verwundeten an Bord der Undine zu versorgen, nachdem Puigserver mehr tot als lebendig an Bord gekommen war. Warum bloß? Er seufzte. Vielleicht hatten Puigserver und Conway beide recht: er mußte noch viel lernen.
»Ich gehe wieder an Bord, Sir«, antwortete er. »Da ist eine Menge zu erledigen.«
Conway sah ihn nachdenklich an. »Ja. Und denken Sie daran: Wenn Sie mit dem Kapitän der Argus zusammentreffen, dann behalten Sie Ihre persönlichen Gefühle für sich. Er tut seine Arbeit, so gut er kann. Sie würden dasselbe tun, wenn es Ihnen befohlen würde. Wenn Le Chaumareys nicht im Feuer Ihrer Geschütze umgekommen ist, wird ihm ebensoviel daran liegen, persönlich mit Ihnen zu sprechen. Er ist älter als Sie, aber ich glaube, Sie haben etwas gemeinsam.« Seine Falten vertieften sich, als er trocken schloß: »Keinen Respekt vor Ihren Vorgesetzten!«
Bolitho nahm seinen Hut. Bei Conway wußte man nie, wo die menschliche Wärme endete und die stählerne Härte begann.
»Bitte kommen Sie abends an Land und speisen Sie mit uns –
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