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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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andere Offizier, ein Hauptmann Strype, war sein Stellvertreter und vollkommenes Gegenteil: lang und dünn wie ein Stock, lispelnd unter seinem schwarzen Schnurrbart, und wenn er lachte, klang das wie ein kurzes Bellen. Er kam Bolitho ziemlich dumm vor, hatte jedoch offenbar großen Respekt vor seinem Vorgesetzten.
    Eben sagte Conway scharf: »Natürlich bin ich höchst betroffen zu hören, daß die Argus Sie angegriffen hat, Captain Bolitho.«
    »Ein unrechtmäßiger Angriff obendrein«, warf Raymond dazwischen.
    Conway wandte sich um. In der Abendsonne bekam sein graues Haar einen strohgelben Schimmer.
    »Aber nicht unerwartet, Raymond. Ich jedenfalls habe damit gerechnet. Es war von Anfang an klar, daß die Franzosen die Hände im Spiel haben. Wir hatten Glück, daß das Erscheinen der Bedford ihre Absicht, Captain Bolithos Schiff zu kapern, vereitelt hat. Das hätten sie doch geschafft, wie?« fragte er schneidend.
    Bolitho spürte aller Augen auf sich. »Ich glaube ja, Sir.«
    Conway nickte lebhaft. »Gut. Gut, Bolitho. Ich wollte die Wahrheit hören, und ich weiß, was es Sie kostet, sie auszusprechen.«
    Raymond versuchte nochmals, seinen Standpunkt zu vertreten. »Ich glaube, Sir, wir sollten unverzüglich die Brigg mit Depeschen nach Madras schicken. Möglicherweise wird Sir Montagu Strang zu der Überzeugung kommen, daß weitere Operationen hier nicht ratsam sind.« Conway richtete sich starr auf, aber Raymond redete weiter: »Später können neue Pläne gemacht werden. Bis dahin müssen wir diesen Angriff als Warnung betrachten.«
    »Warnung?« knurrte Conway. »Bilden Sie sich ein, daß ich mich von einem verdammten Piraten auch nur eine Minute ins Bockshorn jagen lasse und damit die ganze Aufgabe in Frage stelle, die ich eben erst übernommen habe?« Er trat dicht an Raymond heran. »Nun? Bilden Sie sich das tatsächlich ein?«
    Raymond wurde blaß, aber er erwiderte stur: »Ich bin im Auftrag der Regierung hier, Sir. Als Ratgeber. Die Franzosen müssen doch begriffen haben, daß Sie ausmanövriert sind, ehe Sie überhaupt angefangen haben. Wenn dieser Muljadi in den hiesigen Gewässern ungehindert rauben und morden kann, dann ist es unmöglich, aus Pendang Bay eine neue, blühende Handelsniederlassung zu machen. Keine Gesellschaft würde sich darauf einlassen.« Er wandte sich an den Kapitän der Brigg. »Ist dem nicht so?«
    Düster nickte der Mann. »Wir brauchen mehr Schutz, Sir.« Triumphierend fuhr Raymond fort: »Genau! Und das wollen die Franzosen bezwecken. Wenn wir noch mehr Kriegsschiffe für den Patrouillendienst in diesen Gewässern anfordern, dann haben sie einen Grund, außer der Argus weitere Schiffe zu schicken, um das Kräftegleichgewicht zu halten.«
    Conway starrte ihn wütend an. »Dann sollen sie doch!«
    »Nein, Sir. Das würde Krieg bedeuten. Die Argus ist durch ihren Kaperbrief gedeckt. Muljadi hat eine eigene Flotte und wird außerdem von seinen französischen Freunden unterstützt. In Indien gibt es tausend Muljadis, Manche sind echte Herrscher, und manche haben weniger Untertanen, als Captain Bolitho zur Zeit Matrosen hat. Wir alle wollen Frieden und unseren Handel bis nach China ausdehnen, wenn es geht, und noch weiter. Dort gibt es Reichtümer, von denen wir nur träumen können, Länder, deren Bewohner noch nie von König George oder König Louis gehört haben.«
    Gelassen warf Bolitho ein: »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Sir, sind Sie der Meinung, daß sich der Gouverneur zurückziehen sollte?«
    Raymond lächelte kühl. »So wie Sie sich zurückgezogen haben, nicht wahr?«
    Bolitho trat zum Fenster und blickte auf sein Schiff hinunter.
    Damit gewann er Zeit, die aufsteigende Wut, die ihm den Blick trübte, abklingen zu lassen. In der unteren Einfriedung saß Midshipman Keen mit einem Schiffsjungen von der Nervion, der ihm als Pfleger zugeteilt war und aufpassen sollte, daß Keen nicht zu viel herumlief. Es war noch nicht ganz sicher, ob er sich von seiner Verwundung erholen würde. War das tatsächlich erst vorgestern gewesen? Der Qualm, der Kanonendonner, die Erschöpfung nach den anstrengenden Reparaturarbeiten. Dann die Bestattungen auf See – jeder Leichnam mußte gut beschwert sein, ehe man ihn über Bord warf, damit die streunenden Haie keine Zeit hatten, zuzupacken.
    »Soviel ich weiß, Mr. Raymond«, entgegnete Bolitho, »haben Sie niemals Ihrem Vaterland mit der Waffe gedient?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Hätten Sie jemals des Königs Rock

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