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Der Piratenlord

Titel: Der Piratenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Martin
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kindlicher Offenheit.
    Sein Gewissen drückte ihn. „Warum bist du denn nicht bei ihm in England geblieben?“
    „Er und Mama haben gesagt, dass ich mit ihr mitgehen soll. Er hat gesagt, dass die Männer jenseits des Meeres ihr nichts tun würden, wenn sie sehen, dass ich bei ihr bin.“ Ihre Augen leuchteten auf. „Papa hat gesagt, dass er zu uns kommen wird, sobald er genug Geld hat.“ Dann verfinsterte sich ihr Gesicht wieder „Nur . . . nur Mama hat gesagt, dass er nicht zu uns kommen kann, weil wir jetzt auf dieser Insel wohnen. Mama sagt, dass ich jetzt einen neuen Papa haben muss.“
    Schuldgefühle schnürten ihm die Kehle ein. Er versuchte, sie zu ignorieren. Mollys Ehemann hätte es höchstwahrscheinlich ohnehin nicht bis nach New South Wales geschafft, und sie wäre sicherlich gezwungen worden, sich dort einen neuen Ehemann zu nehmen, wenn auch nur, um ihre Kinder versorgen zu können.
    Doch all das minderte nicht sein Schuldgefühl. Die kleine Jane verstand solche feinen Unterschiede nicht. Sie wusste nur, dass es Hoffnung gegeben hatte, ihren Vater wiederzubekommen, und nun gab es keine Hoffnung mehr.
    Zum ersten Mal verstand er, was Sara ihm klarzumachen versucht hatte. Nicht alle Frauen waren hier glücklich. Nicht jede war erfreut darüber, dass sie einen neuen Ehemann bekam, ohne mitreden zu können. Manche mussten sich mit der Tatsache abfinden, dass sie ihre Lieben in England für immer verloren hatten.
    Und die Schuld daran lag ganz allein bei ihm und seinen grandiosen Plänen für Utopia. Utopia? Als er Atlantis Sara gegenüber einmal Utopia genannt hatte, hatte sie erwidert: „Ein
    Utopia, in dem die Männer jede Wahl haben und die Frauen keine“. Genauso war es - er hatte es so geschaffen. Doch er erkannte sehr schnell, dass ein Utopia, in dem nur eine Hälfte der Menschen alle Vorteile genoss, kein großartiges Utopia war.
    „Mama sagt, ich muss ein großes Mädchen sein“, fuhr Jane fort. Tränen schimmerten in ihren schönen grünen Augen. „Sie sagt, ich muss lernen, den neuen Papa lieb zu haben.“ Sie sah zu ihm auf, und ihm krampfte sich das Herz zusammen. „Aber ich vermisse meinen eigenen Papa, und ich möchte keinen neuen Papa haben.“
    Schnell stellte er die Rumflasche auf den Schreibtisch und setzte sich neben Jane aufs Bett. Er legte den Arm um ihre schmalen Schultern und zog sie an sich. „Mach dir keine Sorgen, Schatz. Du musst keinen neuen Papa haben, wenn du keinen haben willst. Dafür werde ich sorgen.“
    Sie kuschelte sich leise schniefend an seine Schulter. „Ich hätte nicht zu viel dagegen, wenn du mein neuer Papa werden würdest. Aber du wirst ja Miss Sara heiraten, wenn sie zurückkommt, nicht wahr?“
    Sie sagte das mit so viel Überzeugung, dass es ihm fast das Herz brach. „Ja, wenn sie zurückkommt“, sagte er.
    Plötzlich stürmte Barnaby in die Kajüte herein. „Cap'n, kommen Sie schnell. Mollys Kind kommt zur Welt.“ Er sah Jane an und winkte Gideon zur Tür. Als Gideon zu ihm ging, flüsterte Barnaby leise: „Und es geht ihr nicht gut. Es sieht so aus, als würde sie es nicht schaffen. Sie hat nach dem Mädchen gefragt, also sollten Sie es ihr bringen.“
    In diesem Augenblick vergaß Gideon die Flasche mit Rum, derentwegen er gekommen war. Er vergaß Saras Verrat und seinen eigenen Kummer. Mit einem unguten Gefühl nahm er die kleine Jane auf den Arm und folgte Barnaby nach draußen.

25. KAPITEL
    Jordan hat Recht gehabt, dachte Sara, als sie sich in den überfüllten Räumen des luxuriösen Hauses der Merringtons umschaute. Lady Dryden in diesem Durcheinander zu finden war unmöglich. Sara hatte die letzten beiden Stunden mit der vergeblichen Suche nach dieser Frau verbracht. Da Lady Dryden selten an Gesellschaften teilnahm, war sie auch nur wenigen Menschen bekannt.
    Enttäuscht ging Sara zum Balkon, um einen Augenblick Ruhe zu haben. Leider folgte ihr wenig später eine Frau auf den Balkon. Sie grüßten sich mit höflichem Nicken und respektierten dadurch gegenseitig des anderen Privatsphäre, dass sie voneinander entfernt ruhig stehen blieben. Die andere Frau hatte sich gerade umgedreht, um in den Ballsaal zurückzukehren, als der Anhänger an ihrem Hals das Fackellicht einfing und Saras Aufmerksamkeit erregte.
    Er war ein Pferdekopf aus Onyx, der von einem Kreis Diamanten eingefasst war. Obwohl kleiner als Gideons, war er doch die genaue Nachbildung dessen, der sich an seiner Gürtelschnalle befand.
    Sara pochte das Blut in den Ohren.

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